Familie, frische Liebe und Arbeit
Das neue Leben der Schwingerkönige

Jahrelang begeisterten sie uns im Sägemehl, doch auch nach dem Karriereende lassen es die Schwingerkönige nicht ruhig angehen.
Publiziert: 08.09.2024 um 14:58 Uhr
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Aktualisiert: 09.09.2024 um 09:09 Uhr
Irene Lustenberger, GlücksPost
Glückspost

Jörg Abderhalden (45)

Mit drei Schwingerkönigstiteln (1998, 2004 und 2007) und je einem Sieg beim Unspunnen (1999) und beim Kilchberger (2002) ist der Toggenburger der erfolgreichste Schwinger aller Zeiten. 2010 ist er als erst 31-Jähriger zurückgetreten. Der eidg. dipl. Schreinermeister ist Mitinhaber der AAK Holzmanufaktur in Ulisbach SG. Heute ist er als SRF-Experte fürs Schwingen sowie als «Samschtig-Jass»-Schiedsrichter tätig und hält Referate. Zudem ist er Präsident des Ostschweizer Skiverbandes.

Auch seine Frau Andrea (46), mit der er seit 2003 verheiratet ist, ist vielseitig aktiv. Sie ist unter anderem FDP-Kantonsrätin, Gemeinderätin von Nesslau, Vorstandsmitglied einer Kita, Verwaltungsrätin einer Bank und OK-Präsidentin des Schwägalp-Schwingets. Die Abderhaldens haben drei Kinder: Lynn (20), Terry (18) und Jill (15). Sohn Terry ist Mitglied im Juniorenkader des Ostschweizer Skiverbandes.

Der dreifache Schwingerkönig und eidg. dipl. Schreinermeister Jörg Abderhalden ist Mitinhaber der AAk Holzmanufaktur.
Foto: Sven Thomann

Christian Stucki (39)

Christian Stucki (39) hat eine beeindruckende Karriere hinter sich: 134 Kränze und 44 Kranzfestsiege. Im Juni 2023 bestritt er sein letztes Schwingfest und ging als Sieger vom Platz. Auch nach seinem Rücktritt ist Stucki noch immer ein gefragter Mann. «Das Erkennungspotenzial ist relativ gross, und viele wollen ein Foto mit mir. Aber ich bin mit diesem Sport gross geworden, und deshalb gehört das dazu und stört mich nicht», erklärt der Publikumsliebling.

Den eigenen Rücktritt hat Stucki keine Sekunde bereut. «Ich habe nicht das Gefühl, dass mir etwas fehlt.» Dafür ist er als Trainer im Schwingclub seines Sohnes Elia (8) aktiv. «Ich zeige ab und zu etwas vor und mache einen Gang. So lohnt es sich nach dem Training wenigstens, die Waschmaschine anzulassen», sagt er lachend.

Seit seinem Rücktritt geniesst Stucki das Leben, nimmt Termine mit Sponsoren wahr und arbeitet in einem 20-Prozent-Mandat beim Sackmesserhersteller Swiza. «Ich bin 15 Jahre immer ‹gsecklet› und kann jetzt mal zu Hause bleiben, Hausmann sein und die Giele geniessen.»

Auch optisch hat sich der ehemalige Schwinger-Hüne verändert: «Ich habe zwischen 25 und 30 Kilo abgenommen», verrät er. Stucki achtet nun mehr auf seine Ernährung und trainiert einmal pro Woche mit seinem langjährigen Athletiktrainer Tommy Herzog (47). «Und zusammen mit meiner Frau absolviere ich zweimal pro Woche ein Online-Training.» Seinen 40. Geburtstag will er im Januar gebührend feiern. Sein grösster Wunsch? «Dass wir gesund bleiben und alles so bleibt, wie es ist. Wir haben alles, was wir brauchen und sind glücklich.»

Christian Stucki hat nicht das Gefühl, dass ihm etwas fehlt nach seinem Rücktritt. Der 39-Jährige geniesst die freie Zeit und arbeitet in einem 20-Prozent-Mandat bei Swiza.
Foto: BENJAMIN SOLAND

Arnold Forrer (45)

Der Schwingerkönig von 2001 ist mit 151 Kränzen der erfolgreichste Kranzschwinger in der Geschichte des Eidgenössischen Schwingerverbandes. Nachdem er die letzten Jahre mit einem künstlichen Hüftgelenk geschwungen hatte, gab der selbständige Käsermeister, der sogar einen Königschäs entwickelt hat, im August 2022 seinen Rücktritt bekannt. Seit vergangener Woche läuft der Dokumentarfilm «Nöldi Forrer – Ein Wille aus Titan» in den Schweizer Kinos. Sechs Jahre lang wurde Forrer mit der Kamera begleitet. Der Film gewährt einen Einblick in die Höhen und Tiefen von Nöldis langer Karriere und beschäftigt sich mit der Frage, wie weit er zu gehen gewillt ist, um in seinem zunehmenden Alter und trotz der hartnäckigen Verletzungen immer noch Spitzensport zu betreiben.

Praktisch zeitgleich gab der Schwingerkönig aus Stein SG bekannt, dass es eine neue Frau an seiner Seite gibt: die Winterthurerin Seraina (32). Die beiden lernten sich im vergangenen Jahr am Oktoberfest in Winterthur kennen. Forrer machte als Ersatz von alt Bundesrat Ueli Maurer (73) den Fassanstich – und erblickte seine neue Liebe. Der Toggenburger kam mit Seraina ins Gespräch und änderte seinen ursprünglichen Plan – ein Fondue-Abend an der Olma in St. Gallen – ab. Wie der sechsfache Eidgenosse gegenüber dem Blick betont, sei es aber bei einem «sehr guten Gespräch» geblieben. «Als ich nach Hause gefahren bin, hatte ich nicht einmal die Telefonnummer von Seraina», so Forrer weiter. Er habe aber gewusst, dass sie an der Olma an einer Gin-Bar aushelfen würde – und Nöldi, der eigentlich lieber Bier trinkt, avancierte zum Gin-Trinker. Der Käsermeister und die Geschäftsfrau lernten sich näher kennen und sind heute ein glückliches Paar. Auch wenn ihre sportlichen Interessen ziemlich unterschiedlich sind. Seraina hatte keine Ahnung von Schwingen, sitzt dafür im Beirat des FC Winterthur. «Weil ich deutlich gespürt habe, dass Nöldi kein grosser Fussballfan ist, hegte ich anfänglich die Befürchtung, dass meine Stadionbesuche in einer Beziehung mit ihm zu kurz kommen könnten.» Doch der Ex-Schwinger begleitet seine Liebste regelmässig an die Spiele des FC Winterthur.

Ende Juli reisten Nöldi Forrer und Seraina in die Ferien nach Spanien. Mit dabei waren auch Maila, die elfjährige Tochter aus der Beziehung mit Ex-Frau Rosie (52), sowie Hündin Nala. Doch bei aller Liebe hat Forrer ein «Problem». «Wenn Seraina kocht oder grilliert, hat sie überhaupt kein Mass. Sie tischt für vier Personen so viel auf, wie normalerweise zehn Leute essen.» Und weil ihre Speisen so gut schmecken, könne er nichts stehen lassen. «Das hat dazu geführt, dass mir nach den Ferien die Käser-Hosen zu eng waren», so Forrer. Dies beweist, dass die Liebe bei den beiden definitiv durch den Magen geht! 

Foto: Sven Thomann

Kilian Wenger (34)

Wegen anhaltender Rückenschmerzen gab der Schwingerkönig von 2010 Anfang August seinen Rücktritt bekannt. In seiner Karriere gewann er insgesamt 110 Kränze und 23 Kranzfeste. Der gelernte Metzger, der später als Zimmermann und LKW-Fahrer arbeitete, schloss vor kurzem seine Weiterbildung zum Technischen Kaufmann ab. Was danach kommt, ist noch nicht bekannt. Der Diemtigtaler kann sich aber durchaus vorstellen, künftig Schwing-Trainings zu leiten, er will aber auch die frei gewordene Zeit mit seiner Familie geniessen. Mit seiner Frau Kathy (35) ist er seit elf Jahren liiert und seit 2022 verheiratet. Kennengelernt haben sie sich im «Schlagertempel» in Kirchberg BE. Die beiden haben die Kinder Mena Léanne (5) und Remo-Darian (3).

Kilian Wenger hat ers seine Weiterbildung zum. Technischen Kaufmann abgeschlossen.
Foto: BENJAMIN SOLAND

Matthias Glarner (38)

Der Schwingerkönig von 2016 war weniger in der Öffentlichkeit präsent als seine Kollegen. Aufmerksamkeit erregte er jedoch, als er im Juni 2017 bei einem Fotoshooting vom Dach einer Seilbahngondel zwölf Meter in die Tiefe stürzte. Er zieht sich eine Beckenringsprengung sowie eine schwere Sprunggelenkverletzung im linken Fuss zu. Die Folgen dieses Unfalls zwingen ihn 2019, seine Karriere zu beenden. Zusammen mit der Journalistin Anja Knabenhans veröffentlicht der Berner Oberländer das Buch «Dream Big», in dem er auf sein Leben als Spitzensportler zurückblickt und seine ganz persönliche Geschichte erzählt.

Nach seinem Rücktritt übernimmt der gelernte Polymechaniker und studierte Sportwissenschaftler ein Mandat als Trainer Spitzensport beim Eidgenössischen Schwingerverband und ist mittlerweile Mitinhaber der Firma «S4Sports Pro». Spitzenschwinger wie Fabian Staudenmann, Adrian Walther und Curdin Orlik, aber auch zahlreiche andere Sportler trainieren bei ihm. Zudem ist er OK-Präsident des Eidgenössischen Schwingfestes 2028 in Thun.

Matthias Glarner und seine Lebenspartnerin Claudia Hediger (39), stellvertretende Geschäftsführerin des Lauberhornrennens, sind seit 16 Jahren ein Paar. Kennengelernt haben sie sich 2008 beim Berner Kantonalen. Glarner holte einen Kranz und wollte unbedingt, dass Ehrendame Claudia ihm diesen überreicht. Deshalb tauschte er vor der Ehrung mit einem anderen Schwinger den Platz. Das Paar wohnt in Bönigen BE.

Matthias Glarner ist Mitinhaber der Firma «S4Sports Pro», die unter anderem Spitzenschwinger trainiert.
Foto: BENJAMIN SOLAND

Matthias Sempach (38)

Wegen eines schweren Bandscheibenvorfalls im Halswirbelbereich hängte der Schwingerkönig von 2013 die Zwilchhosen bereits mit 32 an den Nagel. Ein Jahr nach seinem Triumph am Heimfest in Burgdorf BE siegte er auch am Kilchberger Schwinget. Nach seinem Rücktritt 2018 übernahm der ausgebildete Metzger und Landwirt in Entlebuch LU, der Heimat seiner langjährigen Partnerin Heidy Jenni (42), einen Bauernhof. «Als Kind hatte ich zwei Träume – ich wollte Schwingerkönig werden und einmal einen Landwirtschaftsbetrieb führen», schreibt er auf seiner Homepage. Der Hof Vorderbrunnen liegt auf 918 Metern Höhe und umfasst rund 15 Hektaren Land.

Die Familie Sempach, zu der auch Sohn Henry (9) und Tochter Paula (7) gehören, betreibt Milchwirtschaft mit eigener Aufzucht. Sempach ist Markenbotschafter diverser Firmen, steht regelmässig als Experte für SRF im Einsatz und leitet ab und zu Trainings des Schwingklubs Entlebuch, wo auch Sohn Henry schwingt.

Matthias Sempach übernahm mit seiner Partnerin einen Bauernhof.
Foto: Sven Thomann
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