Das hält Noldi Ehrensberger von seinen Schwingerkollegen
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«Mein grösstes Vorbild»:Das hält Noldi Ehrensberger von seinen Schwingerkollegen

Nach Geldgeilheits-Vorwurf im Sobli-Interview
Drei Könige setzen Ehrensberger matt!

Schwingerkönig Noldi Ehrensberger unterstellt im Interview mit Sonntagsblick den heutigen Top-Schwingern «Geldgeilheit». Die Reaktionen fallen deutlich aus.
Publiziert: 17.04.2023 um 17:15 Uhr
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Aktualisiert: 29.04.2023 um 13:43 Uhr
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Marcel W. PerrenReporter Sport

Knapp 46 Jahre nach seinem königlichen Triumph am Eidgenössischen in Basel, wirbelt Noldi Ehrensberger noch einmal ordentlich Sägemehlstaub auf. Im Interview mit Sonntagsblick attackiert der mittlerweile 69-Jährige seine Thronfolger. Ehrensberger beginnt bei seiner schonungslosen Analyse mit den technischen Defiziten. «Die Spitzenschwinger verdienen zwar heute viel mehr Geld als früher, technisch sind sie aber kein Schritt weiter. Manche Schwinger haben bloss einen Schwung drauf!» Für den 20-fachen Kranzfestsieger steht deshalb fest, «dass ich mit meiner Technik und der Kondition von damals auch heute noch an der Spitze mitschwingen würde.»

Sempach: «Das wäre heute nicht mehr möglich!»

Was Ehrensberger offensichtlich vergessen hat: Matthias Sempach hat 2013 beim Eidgenössischen in Burgdorf seine acht Gänge mit acht verschiedenen Schwüngen gewonnen. Wie reagiert der Berner auf die Kritik von Ehrensberger? «Noldi war unbestritten ein grosser Schwinger», lobt Sempach, fügt dann jedoch ein «aber» an: «Zu Ehrensbergers Aktivzeiten hat es Männer gegeben, die bei Kranzfesten triumphiert haben, obwohl sie erst mit 18 Jahren oder noch später angefangen haben, den Schwingsport auszuüben. So etwas ist heute definitiv nicht mehr möglich.»

Für Ehrensberger steht dennoch fest, dass die heutigen «Bösen» komplett überbezahlt sind: «Schwingerkönige verdienen mittlerweile bis zu 700'000 Franken im Jahr. Das ist einfach zu viel. Ich würde eine Limite einführen.» König Noldi setzt noch einen obendrauf: «Der Spitze geht es nur noch ums Geld und um die Werbeverträge. Deshalb schwingen sie bis ins hohe Alter weiter, weil sie weiterhin viel Geld verdienen wollen.»

Zu den Aktivzeiten von Noldi Ehrensberger wurde nicht um das grosse Geld, sondern um Glocken und Lebendpreise geschwungen.
Foto: BENJAMIN SOLAND
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Die Reaktionen von Stucki und Forrer

Ehrensberger zielt mit dieser Aussage vor allem auf Nöldi Forrer und Christian Stucki. Forrer hat seine Karriere im letzten Sommer im Alter von 43 beendet, Stucki wird im kommenden Sommer mit 38 seinen letzten Wettkampf bestreiten. Der Gigant aus dem Berner Seeland wehrt sich aber gegen den Vorwurf, dass er seine sportliche Laufbahn nicht des Geldes wegen in die Länge gezogen hat: «Nachdem ich 2019 in Zug König geworden bin, wollte ich logischerweise auch ein paar Ernstkämpfe als König bestreiten. Aber dann ist die Saison 2020 wegen Corona komplett ausgefallen. Und in den letzten beiden Jahren konnte ich aufgrund von Verletzungen lediglich fünf Kranzfeste bestreiten. Nun will ich mich im Juni am Seelandischen in meinem Wohnort Lyss in würdiger Manier verabschieden.»

«Habe in meiner Karriere nicht mehr verdient, als...»

Auch Nöldi Forrer lässt die Geldgeilheit-Unterstellung nicht auf sich sitzen. «Ehrensberger muss wissen, dass ich in meinen letzten drei Jahren als Schwinger ohne Kopfsponsor bestritten habe.» Der Toggenburger, der im Vorjahr als erster Schwinger die Marke von 150 Kränzen geknackt hat, macht auch klar, dass er selbst in seiner sportlichen Blütezeit nie das ganz grosse Geld verdient habe. «Als ich 2001 König wurde, habe ich vom Hauptsponsor 3000 Franken erhalten. Ich habe in meiner ganzen Karriere sehr wahrscheinlich nicht mehr verdient, wie ein Top-Schwinger in der heutigen Zeit pro Jahr verdient.»

Und deshalb wird Forrer regelmässig um 04.00 vom Wecker aus dem Tiefschlaf gerissen. «Als Betreiber von drei Käsereien beginnt mein Tagwerk in aller Herrgottsfrühe. Wenn ich so viel Geld verdient hätte, wie Noldi Ehrensberger vermutet, würde ich mir das ganz sicher nicht antun ...»

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