Viertklässler interviewen Christian Stucki
«Ich schaue nicht so auf die Ernährung»

Kinder löchern unsere Sportstars. Eine Weihnachts-Serie von BLICK. Die Interviewer: Viertklässler aus Lyss. Der Interviewte: Schwinger Christian Stucki. Die Themen: Wie «Chrigu» als Schüler war und was mit den Siegermunis passiert.
Publiziert: 25.12.2017 um 15:17 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 17:48 Uhr
Michael Wegmann (aufgezeichnet)

Die neun Viertklässlerinnen und Viertklässler winken vor der Primarschule Herrengasse in Lyss BE Christian Stucki zu. Als der Spitzenschwinger dann vor ihnen steht, verschlägt es den Kindern fast die Sprache. Der Zwei-Meter-Mann macht Eindruck. Gemeinsam führen sie ihren prominenten Interviewpartner, den berühmtesten Einwohner der Gemeinde, ins Schulhaus, zeigen ihm die selbst gebastelte Weihnachtsdekoration.

Obwohl er den Weihnachtsbaum im Klassenzimmer um Längen überragt, ist der Schwinger alles andere als abgehoben. Stucki ist interessiert, fragt nach, klopft Sprüche. Sympathisch, direkt, unverkrampft. Eine Riese zum Anfassen.

«Uf Bärndütsch, gäued! Mir si im Kanton Bärn», sagt er und setzt sich auf einen Kinderstuhl. Nun ist er auf Augenhöhe mit den zehnjährigen Journalistinnen und Journalisten. Lio hakt nach: «Sie, was heisst ‹wiegen› auf Bärndütsch?»

Stucki lacht und sagt: «Wie schwär bisch du? Ihr chönet mi duze, müesset mi nid siize.» Spätestens jetzt ist die Anspannung und Nervosität bei den Kids verflogen. Die Zurückhaltung auch. Alle haben ihre Fragen vorbereitet, alle wollen beginnen. Jamiro darf.

Jamiro: Hast du ein Haustier?
Christian Stucki: Nein, ein Haustier haben wir noch nicht. Vielleicht wollen später einmal unsere Buben Xavier (4, Anm. der Red.) oder Elia (2) eines. Ein Meerschweinchen oder so.

Wie viele Brüche hattest du schon?
Beim Sport habe ich mir zum Glück noch keinen Bruch zugezogen. Aber als 6-jähriger Bub habe ich mir den rechten Arm gebrochen.

Jamiro schaut auf sein Blatt. Meint ein wenig enttäuscht: «Das isch scho aues gsi.» Der Spitzenschwinger lacht und sagt: «Der Nägscht.» Livio: «Es git es Problemli!» Stucki: «Werum? Hesch di glichli Frag ufgschriebe?» Livio nickt. Stucki: «Isch doch egau! Steusch sä eifach no einisch oder lasch sä wäg.» Livio lässt sie weg.

Livio: Wie feierst du deine Siege?
Nachdem ich den Muni abgeholt habe, gehe ich noch in die Fest-hütte, trinke ein, zwei Bierchen oder ein Glas Roten und esse was. Und dann bin ich auch mal froh, wenn ich zu Hause «d’Scheiche cha strecke»!

Wie viele Kilo kannst du heben?
Viel! Ich glaube, das meiste, was ich an einer Hantelstange gelupft habe, waren 260 Kilo ...

Wie lange möchtest du noch schwingen?
Das weiss ich selber noch nicht. Eigentlich gehöre ich mit meinen 32 Jahren ja schon zum alten Eisen. Aber bis zum Eidgenössischen 2019 in Zug schwinge ich sicher weiter. Dann schauen wir Jahr für Jahr weiter. Ich denke aber, ich werde noch länger als zwei Jahre schwingen.

Was darf man als Schwinger vor einem wichtigen Fest essen?
Alles! Zumindest ich. Ich schaue nicht so auf die Ernährung. Ein Fondue oder ein Raclette esse ich aber nicht vor einem Wettkampf. Am häufigsten gibts ein Stück Fleisch und Teigwaren.

Kiara: Bist du mit deiner Familie zufrieden?
Mit meiner Familie? Ja sicher! Manchmal nicht ganz so mit den Buben, wenn sie nicht folgen. Aber das kennt ihr wahrscheinlich auch. Oder folgt ihr immer?

Alle neun im Chor: Neiiii!
Eben. Ich glaube, da geht es allen Eltern ähnlich. Aber ich bin natürlich sehr glücklich mit meiner Familie. Wir haben es gut.

Warum hast du als Forstwart aufgehört?
Ich habe in der Rekrutenschule eine Infektion aufgelesen, deswegen hatte ich während 16 Monaten ein offenes Bein. Es sah nicht wirklich schön aus. Danach war es mir zu gefährlich, sofort zurück in den Wald zu gehen. Ich habe deshalb mit Lastwagenfahren begonnen und bin dabei geblieben.

Was ist deine Lieblingsfarbe?
Bei den Farben bin ich anpassungsfähig. Blau, Grün, Braun. Ich habe viele Farben gern. Nur auf Pink stehe ich nicht so!

Das ist meine Lieblingsfarbe.
Das habe ich mir gedacht!

Noémi: Zu welchem Bauer bringst du deine Siegermunis?
Der Bauer, der den Muni vorführt, darf diesen nach der Siegerehrung sofort wieder mitnehmen. Denn als Sieger darf man meistens wählen, ob man das Tier oder das Geld will. Ich nehme eigentlich immer das Geld, wir haben daheim ja keinen Bauernhof.

Jonas: Was ist dein nächstes Ziel?
Mein grosses Saisonziel für nächstes Jahr ist das Schwägalp-Schwinget. Das konnte ich noch nie gewinnen.

Bist du gerne in die Schule gegangen?
Ich sage mal jein! Es gab Fächer, die hatte ich lieber. Und andere, die hatte ich weniger gern. Ich kann sicher nicht behaupten, dass ich jeden Tag sehr gerne in die Schule gegangen bin. Das ist bei euch wohl auch so. Oder geht ihr immer gern?

Wieder alle neun im Chor: Neiiiii!
Aber die Schule gehört dazu! Wie wollt ihr später mal Geld verdienen, wenn ihr nicht lesen oder schreiben könnt?

Kiara: Mit Singen auf der Strasse. Livio: Du verdienst ja auch Geld fürs Schwingen!
Das ist aber nicht ganz dasselbe.

Jamiro: Bei jedem Sport verdient man viel Geld, wenn man gut ist!
Hmmmm. In jedem Sport kann man schon nicht viel Geld verdienen. Eigentlich ist das in den wenigsten Sportarten so. Und dass man richtig gut wird, braucht es extrem viel.

Jonas: Was war dein Lieblingsfach?
Sport und Werken.

Kiara: Bei mir Sport, Musik und Französisch.
Französisch? Das war jetzt nicht gerade ein Lieblingsfach!

Leandro: Was wünschst du dir zu Weihnachten?
Ich habe gerne Geschenke. Aber im Moment habe ich keinen Wunsch. Gesundheit ist sicher das Wichtigste.

Iza: Wann hast du mit Schwingen angefangen?
Als Siebenjähriger. Mein Vater war ebenfalls Schwinger. Er hat mich damals in den Schwingkeller mitgenommen. Seither bin ich dabei.

Lio: Ist es ein Vorteil, schwerer zu sein als die anderen?
Einerseits schon, andererseits nicht. Du musst ja dein Gewicht auch immer bewegen können, und deshalb brauchen schwerere Schwinger eine bessere Kondition. Es ist nicht immer ein Vorteil, aber auch nicht immer ein Nachteil.

Joel: Ist es schwierig, nicht auf den Boden gelegt zu werden?
Manchmal ist stehen zu bleiben nicht so einfach, wie es aussieht. Aber es ist auch nicht so schlimm, wenn man mal auf dem Rücken liegt. Verlieren gehört dazu, in jeder Sportart.

Die Kinder sind mit ihren vorbereiteten Fragen durch, und Stucki hat sich mit Bravour geschlagen. Beim Autogramm-Verteilen kommen die harten Brocken. Ein Bub fragt: «Vo wo kennsch du d’Frau Schindler eigentli?» Stucki: «I bi scho drüü mau mitere idä Feriä gsii ...» Stucki schmunzelt und schiebt schnell nach: «Also ned numä mit ihre. Mit der ganzä Familie. Ihre Maa isch der Götti vom Elia.» Ein anderer will wissen, wie viel Stucki verdiene. Stucki lacht und meint: «I fragä di ja ou nid, wie viu Sackgäld du überchunsch!» Nun entsteht ein wildes Durcheinander. Alle rufen. «I vier Franke pro Wuche!» – «I zäh!» – «I füüf!» – «I ä Franke pro Wuche!» Stucki cool: «Du, du muesch mal mit dinere Mueter redä, die überchömä aui viu meh Sackgeld wie du!»

Christian Stucki

Der Seeländer gehört mit 118 Kränzen und 38 Kranzfestsiegen zu den erfolgreichsten Schwingern der letzten Jahre. 2008 gewann er den Kilchberg-Schwinget, 2017 triumphierte er beim Unspunnen-Schwinget. Nur Schwingerkönig wurde er noch nie. 2013 unterlag er im Schlussgang seinem Berner Kollegen Matthias Sempach.

Keystone

Der Seeländer gehört mit 118 Kränzen und 38 Kranzfestsiegen zu den erfolgreichsten Schwingern der letzten Jahre. 2008 gewann er den Kilchberg-Schwinget, 2017 triumphierte er beim Unspunnen-Schwinget. Nur Schwingerkönig wurde er noch nie. 2013 unterlag er im Schlussgang seinem Berner Kollegen Matthias Sempach.

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