8 Fahrerinnen, 8 Meinungen: So denken die Ski-Asse über Gut-Behrami
«Lara schenkte mir für meine Operation 1000 Franken»

Lara Gut-Behrami (32) ist auch in Crans-Montana in aller Munde. Sie fährt bärenstark, die Fans feiern sie. Aber wie denken eigentlich die Fahrerinnen im Ski-Zirkus über sie?
Publiziert: 17.02.2024 um 20:10 Uhr
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Aktualisiert: 18.02.2024 um 09:06 Uhr
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Mathias GermannReporter Sport

Ester Ledecka (28, Tsch): «Ich fiel fast in Ohnmacht»

«Als ich Lara zum ersten Mal begegnet bin, fiel ich fast in Ohnmacht. Das war in Garmisch 2016. Ich war schon sehr gut im Snowboarden, aber erstmals im Ski-Weltcup unterwegs. Mein Problem war: Ich hatte immer nur die Rennen im TV geschaut, wusste aber nicht, wie Lara ohne Helm aussah. Prompt stand sie am Start neben mir und ich dachte: Ist sie das? Ist sie das wirklich? Jemand hat es mir dann bestätigt. Das war peinlich, aber auch lustig. Für mich war es vorher fast nicht vorstellbar, einen Wettkampf mit ihr zu bestreiten – das war völlig surreal.

Heute ist das normal, dass wir zusammen im Ski-Tross sind. Allerdings rede ich nur ganz selten mit ihr oder den anderen Athletinnen. Ich bin sehr schüchtern. Dennoch schaue ich mir Laras Trainings und Rennen in der Videoanalyse immer an, sie hat einfach eine wunderschöne Technik. Sie war mein Idol und ich hoffe, dass sie den Gesamtweltcup gewinnt. Es gibt nichts, das sie aufhalten kann.»

Kajsa Vickhoff Lie (25, No): «Sie lächelt jede Fahrerin an»

«Als Lara erstmals im Weltcup aufs Podest fuhr, war ich zwölf Jahre alt. Sie war immer mein Idol. Diese Dynamik, diese Kurven, einfach wunderbar. Ich wollte immer so fahren wie Lara. Vor vier Jahren kam ich in den Weltcup – damals hatte ich mit ihr noch nicht viel zu tun. In dieser Saison fällt mir aber speziell auf, wie offen sie ist. Lara lächelt jede Fahrerin an, redet mit jeder – und das nicht nur übers Skifahren. Das gefällt mir sehr.»

Ilka Stuhec (l.) und Lara Gut-Behrami verbindet viel. Blick fragt acht Fahrerinnen nach ihren Erinnerungen an Lara.
Foto: keystone-sda.ch
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Ilka Stuhec (33, Sln): «Lara half, als ich Geld brauchte»

«Es gibt nicht mehr viele Fahrerinnen im Ski-Zirkus, die älter sind als Lara. Ich schon (lacht). Wie lange ich weiterfahren werde, weiss ich noch nicht. Derzeit sind wir in Crans-Montana und ich fühle mich immer besser. Aber als mich jemand gefragt hat, ob ich hier bei der WM 2027 noch dabei sein werde, musste ich schmunzeln. In drei Jahren bin ich wohl eher irgendwo am Strand, mit einem Cocktail in der Hand.

Ich kenne Lara seit vielen Jahren, wir haben einiges erlebt. Ich erinnere mich an 2010, damals war ich 19 Jahre alt und meine Karriere stand auf der Kippe. Ich hatte mich schwer am Knie verletzt und brauchte eine Riesen-Operation. Aber ich hatte das Geld nicht dafür – die Unterstützung in Slowenien ist halt ganz anders als in der Schweiz oder Österreich. Ich begann, überall Geld zu sammeln und weiss noch, wie mir Lara 1000 Franken geschenkt hat. Letztlich hat die Operation, die ich in Basel bei Dr. Friederich vorgenommen habe, meine Karriere gerettet. Ich werde nie vergessen, was Lara damals für mich getan hat – das Geld war das eine, die moralische Unterstützung das andere.

Skifahren wird immer mehr zum Geschäft. Wenn es gut läuft, hast du viele Schulterklopfer. Als ich 2017 und 2019 Weltmeisterin wurde in der Abfahrt, konnte ich mich über mangelnde Sponsoren nicht beklagen. Vorher hatten aber nicht viele an mich geglaubt – Lara schon.»

Michelle Gisin (30): «Die Magie geht etwas verloren»

«Ich bin mir ziemlich sicher, dass Lara den Gesamtweltcup gewinnen wird. Dass sie dies mit fast 33 Jahren schafft, ist inspirierend. Früher war es so, dass man nach Verletzungen irgendwann einfach nicht mehr richtig fahren konnte. Aber unser Sport ist viel professioneller geworden – die Reha und das Kondi-Training sind ganz anders als früher. Dadurch können wir länger fahren.

Schon im letzten Winter hatte ich das Gefühl, dass Lara eine grosse Ruhe, Zufriedenheit und Freude bei den Rennen hatte. Selbstverständlich ist dies nach so vielen Jahren im Ski-Zirkus nicht. Ich liebe zwar diesen Sport, aber irgendwann geht die Magie etwas verloren – vieles ist gleich, man kennt die Weltcuporte, reist ins Training, muss sich im Sommer quälen. Es ist schön, zu sehen, dass Lara immer noch mit so viel Elan dabei ist.»

Federica Brignone (33, It): «Ich schätze Lara heute viel mehr»

«Lara hat keine Angst vor Kritik. Wenn sie etwas sagt, dann meint sie es auch so – es geht nie darum, sich beliebt zu machen. An ihr Image denkt sie nicht. Ich ticke auch so – wenn ich etwas idiotisch finde, sage ich: Das ist idiotisch! Lara und ich sind die zwei Frauen, die am längsten gemeinsam im Ski-Zirkus unterwegs sind. Wir fahren auch die gleichen Disziplinen: Riesenslalom, Super-G und Abfahrt. Taktisch sind wir beide sehr gut und es ist nach wie vor schwierig, uns zu schlagen.

Ich erinnere mich an ein Europacup-Rennen 2007 in St. Moritz. Wir waren die Jüngsten. Für Lara war es ihre erste Abfahrt auf dieser Rennstufe, sie war erst 16 Jahre alt, wir starteten beide weit hinten. Ich landete auf dem 34. Rang und war sehr glücklich – schliesslich hatte ich kaum Erfahrung auf dieser Rennstufe. Und Lara? Sie wurde Vierte, meinte dazu aber nur: «Ach…» Mehr musste sie nicht sagen. In diesem Moment habe ich gemerkt: Sie ist ein Champion. Ihr Ehrgeiz war riesig und sie war enorm kompetitiv.

Es ist schön, dass Lara und ich nach so vielen Jahren immer um Siege kämpfen. Wir hatten es nicht immer gut, aber das ist normal. Heute schätze ich sie viel mehr. Lara hat sich nicht nur nach Verletzungen wieder nach oben gearbeitet, sondern dem Druck von aussen standgehalten – man darf nicht vergessen, dass sie von vielen öffentlich zerstört worden war. Lara ist grossartig.»

Kira Weidle (27, De): «Sie schaut nicht nach links oder rechts»

«‹Das ist übrigens Bambino!› So wurde ich Lara einst vorgestellt. Und zwar durch meine ehemalige Teamkollegin Viktoria Rebensburg – sie nannte mich so, weil ich die Kleine war. Seither ist viel passiert. Was geblieben ist: Ich bewundere Lara. Sie ist zuletzt offener, einfach lockerer geworden. Aber sie macht nach wie vor ihr Ding, schaut nicht gross nach links oder rechts. Das ist für mich sehr inspirierend, weil ich im deutschen Team im Speed-Bereich seit längerem nicht viel um mich herum habe.

Ich war in den letzten Jahren fast immer eine Einzelkämpferin. Zwar habe ich dadurch, dass nur wenige deutsche Medien bei den Rennen sind, nicht so viel zu tun wie Lara.

Auf der anderen Seite liegt der Fokus immer auf mir – das ist schon ein Druck, den ich spüre. Lara dagegen hatte, als es ihr nicht lief, mit Corinne, Jasmine und Michelle Teamkolleginnen, die auch mal für die Schweiz in die Bresche sprangen.»

Cornelia Hütter (31, Ö): «Enorme Last auf den Schultern»

«Natürlich sind auch mir die Video-Bilder, wie Lara mit 17 Jahren über die Ziellinie von St. Moritz stürzte und Dritte wurde, noch im Kopf. Damals habe ich gedacht: Die fährt richtig gut Ski. Bei ihr schaut durch ihre Hebel – sie ist ja nicht die Grösste – alles irrsinnig leicht aus. Es ist unglaublich, wie Lara die Radien in den Kurven kurz halten kann.

Lara hatte es in der Schweizer Öffentlichkeit nicht leicht. Doch sie zog immer ihr Ding durch und sagt auch heute noch, was sie denkt. Das traue ich mich nicht immer, denn ich würde sonst anecken – und dann müsste ich alles ausbaden. Klar, Lara flog einige Male in ihrer Karriere auf die Nase. Da hat sie dann vielleicht gemerkt, dass sie überpowert hat. Aber man muss verstehen, dass sie immer ein Privatteam hatte – vor allem in jungen Jahren war dies wohl eine enorme Last auf ihren Schultern. Wie sie alles gemeistert hat, spricht für sie.»

Stephanie Venier (30, Ö): «Die Freude ihrer Mama ist mir geblieben»

«Ich würde es ihr von Herzen gönnen, sollte Lara den Gesamtweltcup gewinnen – es schaut ja sehr gut aus. Ich hatte mit Lara nie wirklich viel zu tun. Man liest viel von ihr, manchmal wirkt sie vielleicht ein wenig unsympathisch, in sich gekehrt. Dieses Bild hatte ich auch, bis ich mit ihr das erste Mal gesprochen habe. Ich bin ein ziemlich direkter Mensch und habe ihr nach einiger Zeit gesagt: ‹Du Lara, du bist voll eine Nette. Das habe ich nicht gewusst.› (lacht) Sie hat sich bedankt.

Ein Bild, das mir geblieben ist, ist, wie sich ihre Mama in Cortina riesig über den Sieg von Lara gefreut hat. Und das, obwohl ihre Tochter schon so viel gewonnen hat. Ich denke, dass Lara solche Momente extrem schätzt.»

«Musste erfahren, man kann aus Müdigkeit erbrechen»
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Lara Gut-Behrami nach 3. Rang:«Musste erfahren, man kann aus Müdigkeit erbrechen»
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