Olympia-Held Feuz tritt zurück
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Nach beeindruckender Karriere:Olympia-Held Feuz tritt zurück

Abfahrts-Coach Widauer träumte von Feuz-Rücktritt
«Als Trainer konnte mir nichts Besseres passieren als Beat»

Auch die engsten Vertrauten wussten nichts von den Rücktritts-Plänen von Beat Feuz. Doch einer seiner Coaches hatte in der Nacht vor der Ankündigung einen ganz besonderen Traum.
Publiziert: 22.12.2022 um 00:23 Uhr
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Aktualisiert: 26.12.2022 um 17:27 Uhr
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Marcel W. PerrenSki-Reporter

Der wichtigste Ansprechpartner von Beat Feuz im Schweizer Abfahrts-Team ist seit Jahren ein Österreicher. Der Mann heisst Manfred Widauer. Der in Ellmau bei Kitzbühel wohnhafte Tiroler betreut den «Kugelblitz» seit 2014 als Co-Trainer von Speed-Chef Reto Nydegger – nicht nur auf der Skipiste. Im sommerlichen Aufbautraining hat Feuz mit dem Rennrad bereits unzählige Kilometer an Widauers Hinterrad abgespult.

In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch hatte der 50-Jährige, der 1992 bei der Junioren-WM in der Abfahrt einst den vierten Rang belegte, einen aussergewöhnlichen Traum: «Obwohl ich nichts von seinem realen Plan wusste, habe ich geträumt, dass Beat seinen Rücktritt erklärt.» Nach dem Erwachen misst «Manni» diesem Traum kaum Bedeutung zu und setzt sich für ein paar Stunden aufs Fahrrad.

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Doch danach geht auf seinem Handy eine Nachricht ein, die Widauers nächtlichen Albtraum wahr werden lässt. «Beat hat mir geschrieben, dass er nach der Abfahrt in Kitzbühel seine Karriere beendet.» Der sonst so coole Top-Trainer vergiesst hemmungslos ein paar Tränen. «Als Coach konnte mir nichts Besseres passieren als Beat», schluchzt der Familienvater. «Als ich 2014 mit ihm das erste Mal trainiert habe, wusste er aufgrund der Nachwehen seiner schweren Knie-Infektion nicht, ob er noch einmal den Sprung an die Weltspitze schaffen würde. Doch nun hat Beat vier Abfahrtskugeln, WM- und Olympia-Gold und viele weitere Rennen gewonnen, obwohl er auch danach immer wieder durch Verletzungen zurückgeworfen wurde. Einmalig!»

Er kennt Beat Feuz wie kaum jemand sonst: Trainer Manfred Widauer.
Foto: Sven Thomann
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An der einmaligen Rennfahrer-Biografie von Beat Feuz hat auch der Vorarlberger Rainer Salzgeber (55, Riesenslalom Vize-Weltmeister 1993) kräftig mitgeschrieben. Als Rennchef der Skifirma Head hat er den Emmentaler seit 2012 ausgerüstet. Auch Salzgeber hat erst kurz bevor die Öffentlichkeit mit einem Communiqué informiert wurde, offiziell von Beats Rücktritt erfahren. Ganz überraschend sei für ihn diese Nachricht dennoch nicht gekommen. «Bei der Abfahrt in Gröden ist Beat am letzten Samstag zwar technisch richtig gut Ski gefahren. Aber in gewissen Passagen hat man gesehen, dass die allerletzte Risikobereitschaft fehlt. Und das ist oft ein Zeichen dafür, dass irgendetwas im Tun ist.»

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Feuz gibt Salzgeber recht: «Grenzen auszureizen und Risiko zu nehmen, waren jahrelang meine Leidenschaft im Skirennsport. Mein Gefühl war oft der Schlüssel zum Erfolg. Nun sagt mir mein Gefühl aber, dass die körperlichen Grenzen erreicht sind.»

Diesen Eindruck hatte im Grödnertal auch Österreichs Abfahrts-Chef Sepp Brunner, der Feuz von 2006 bis 2017 gecoacht hat. «Feuz hat mir zwar mit keiner Silbe von seinem Rücktrittsplan erzählt, aber ich hatte irgendwie das Gefühl, dass er nicht mehr mit demselben Feuer bei der Sache ist. Als ich ihm angeboten habe, in der ersten Januarwoche mit uns auf der WM-Piste von 2025 in Saalbach zu trainieren, ist er nicht wirklich darauf eingegangen.»

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«In Argentinien war Beat Feuz öfter beim Zocken im Casino als im Kraftraum»
Sepp Brunner
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Brunner muss lachen, wenn er an seine Anfangszeit mit Feuz zurückdenkt. «Beat hat in seinen ersten Jahren im Weltcup wirklich nicht professionell gearbeitet, er war ein schlampiges Genie. Im Trainingscamp in Argentinien war er öfter beim Zocken im Casino als im Kraftraum anzutreffen. Und als er bei einem Training zur Lauberhorn-Abfahrt sieben Sekunden verlor, habe ich ihm gesagt, dass er besser bei den Frauen an den Start gehen würde.»

Doch dann hat sich Feuz bekanntlich zu einem der erfolgreichsten Speed-Fahrer der Schweizer Ski-Geschichte entwickelt. Einzig der Franzose Jean-Claude Killy und der Österreicher Franz Klammer können bezüglich Abfahrts-Grand-Slam-Titeln mit dem Schangnauer (16 Einzelsiege im Weltcup) mithalten. Nun freut sich Feuz, dass er ab Februar sehr viel mehr Zeit für seine Lebensgefährtin Katrin und für die beiden Töchter Clea und Luisa haben wird. Aber bis dahin will der bald 36-Jährige im Weltcup doch noch ein paar Mal kräftig Gas geben. Nächste Woche in Bormio und bei seinen Lieblingsrennen in Wengen und Kitzbühel.

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