Das Geständnis von Niels Hintermann
«Nach dem Lauberhornsieg bin ich abgehoben»

Niels Hintermann (23) kehrt nach zwei von Verletzungen und Geldsorgen geprägten Jahren an den Ort seines grössten Triumphs zurück.
Publiziert: 18.01.2019 um 02:06 Uhr
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Aktualisiert: 19.01.2019 um 15:32 Uhr
2017 fährt Niels Hintermann sensationell zum Sieg in der Super-Kombi am Lauberhorn.
Foto: Keystone
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Marcel W. PerrenReporter Sport

Wengen, 13. Januar 2017: Niels Hintermann schreibt an diesem Freitag in der Super-Kombi eines der verrücktesten Lauberhorn-Kapitel. Nach dem Slalom liegt der Nachwuchsmann, dessen bestes Weltcupergebnis zu diesem Zeitpunkt ein 21. Rang ist, an 
23. Stelle. Wenig später feiert er seinen ersten Weltcup-Sieg!

Nachdem der Mann, der von seinen Freunden «Cinghiale» (Wildsau) genannt wird, mit ­einer soliden Leistung in der Abfahrt die Führung übernommen hat, beginnt es heftig zu schneien. Die Bedingungen werden mit jedem Fahrer schlechter. Doch die Jury zieht das Rennen durch – und Hintermann gewinnt.

Rückblickend betrachtet, glaubt der Bülacher, dass diese Sensation für ihn zu früh gekommen sei: «Mir hat damals die menschliche Reife gefehlt, um richtig mit diesem Sieg umgehen zu können. Deshalb bin ich in dieser Phase ziemlich abgehoben.»

Doch ein Trainingsunfall im August 2017 erdet Hintermann – wegen einer schweren Schulterverletzung verpasst er den letzten Winter. Zudem verliert er auch seinen Hauptsponsor. Der gegroundete Überflieger gerät finanziell in Schieflage. Hintermann: «Letzten Sommer hatte ich noch 3800 Franken auf dem Konto, und ein Sponsor war noch nicht in Sicht. Ich habe mir ernsthaft die Frage gestellt, ob ich mich nach einem neuen Job umschauen sollte.»

Podestplätze sind sein Ziel

Kurz darauf steigt ein Value-Investing-Unternehmen bei Hintermann als Geldgeber ein. Auch sportlich läufts wieder. Der Start in den WM-Winter ist für den Flachländer mit den 
14. Abfahrts-Rängen in Lake Louise, Gröden und Bormio ordentlich ausgefallen.

«Wenn man in Betracht zieht, dass ich mich in einer Comeback-Saison befinde, sind diese Ergebnisse nicht schlecht», erkennt Hintermann. Doch er will mehr. Als Rennfahrer gehe man nicht für Top-15-Plätze an den Start.

«Sondern für Podestplätze. Um regelmässig mit den Topleuten mitzuhalten, muss ich skitechnisch, aber auch im Oberkörper besser und stabiler werden.»

Diese Selbsteinschätzung liefert den Beweis, dass der 23-Jährige gereift ist. Deshalb wäre es diesmal keine Sensation, wenn Hintermann heute in der Kombi eine ­weitere Pointe in der Lauberhorn-Geschichte platzieren würde.

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