Das Zeugnis für die Ski-Experten
Weirather jagt Alleskönner Neureuther

Die Ex-Skistars: Sie sitzen als Co-Kommentatoren am Mikrofon und sollten einordnen, analysieren und unterhalten. Tun sie das auch?
Publiziert: 08.11.2023 um 11:02 Uhr
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Aktualisiert: 14.12.2023 um 15:54 Uhr

Jetzt, wenn die Ski-Saison wieder richtig losgeht, fragen sich einige, auf welchem deutschsprachigen TV-Sender sie sich die Rennen anschauen sollten. Blick bietet die Übersicht und bewertet die Expertinnen und Experten, welche die Zuschauer während den Rennen aus den Kommentatoren-Kabinen begleiten. 

Hans Knauss (52), ORF

Langweilig wirds mit dem Schladminger nie. Er geht bei jeder Fahrt mit, als würde er selber grad den Hang hinunterfahren. Knauss ist ein lieber Kerl, kommt sympathisch rüber, will keinem wehtun, ist sprachlich einwandfrei unterwegs und gut bei Analyse und Einordnung. Doch lässt er sich des Öfteren von den Emotionen neben die Spur treiben. Seine Lieblingsausdrücke «Bist du g'scheit» und «Bist du deppat» sind zwar Markenzeichen geworden, verlieren aber ihre Wirkung, wenn sie zu oft gesagt werden. Hans Knauss ist seit Oktober 2005 als ORF-Co-Kommentator für Speedbewerbe und den Riesenslalom tätig. Knauss wurde 1999 Abfahrtssieger in Kitzbühel und Riesen-Sieger in Adelboden 2003.
Blick-Note: 5

Das bedeuten die Noten

6 = Überflieger
5 = Podestfahrer
4 = Gerade noch in den Punkten
3 = eingefädelt
2 = Ärgernis
1 = sofort umschalten

6 = Überflieger
5 = Podestfahrer
4 = Gerade noch in den Punkten
3 = eingefädelt
2 = Ärgernis
1 = sofort umschalten

Alexandra Meissnitzer (50), ORF

Super gut vorbereitet auf ihre Einsätze analysiert sie die Läufe solid und immer mit Herz und Leidenschaft, inhaltlich aber meist ohne grosse Überraschungen. Drängt nie zu fest in den Mittelpunkt, angenehme Stimmlage. Sie funktioniert im Duo sehr gut. Alexandra Meissnitzer ist seit 2008 als Co-Kommentatorin bei den Frauen-Rennen für ORF im Einsatz. Seit der aktuellen Saison macht sie keine Kamerafahrten mehr. Da wurde sie von Nicole Schmidhofer (34) abgelöst. Meissnitzer wurde 1999 Gesamtweltcup-Siegerin und Doppel-Weltmeisterin im Riesen und Super-G.
Blick-Note: 4,5

Blick ins Zielgelände von Adelboden. Hoch über der Tribüne sieht man die Kommentatoren-Kabinen.
Foto: imago sportfotodienst
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Thomas Sykora (55), ORF

Seine Stimme ist gewöhnungsbedürftig. Doch was er sagt, hat Hand und Fuss. Der Niederösterreicher kommt glaubwürdig rüber und beeindruckt mit sachlich formulierter Kompetenz. Sein Auge ist so gut, dass er keine Zeitmessung braucht, um zu wissen, wer schnell ist und wer nicht. Er ist das gute Ski-Gewissen des ORF. Was allerdings den Unterhaltungswert anbelangt, da hat sich etwas trockener Staub auf dem Mikro angesetzt. Thomas Sykora ist seit 2000 für ORF Co-Kommentator und Kamerafahrer bei den technischen Bewerben. Sykora gewann 1997 und 1998 zweimal hintereinander den Slalom-Weltcup.
Blick-Note: 5,25

Armin Assinger (59), ORF

Immer wenn er am Mikrofon sitzt, weiss man, dass ein Ski-Grossereignis läuft. Der österreichische Star-Moderator (unter anderem «Millionenshow») hat viele andere Projekte und ist eigentlich zu weit weg vom Ski-Zirkus. Trotzdem hört man ihm gern zu. Er kann die Zuschauer mitreissen, wenn die Fahrer die Streif runterdonnern und der Kärntner am Mikrofon ins Fiebern gerät. Armin Assinger wirkt seit 1995 bei ORF als Co-Kommentator. Ist also die graue Experten-Eminenz am Mikrofon. Assinger holte 1992 einen Super-G-Sieg, er ist dreifacher Abfahrtssieger (1993 und 1994).
Blick-Note: 4,5

Nicole Hosp (40), ORF

Sie leidet noch immer mit wie zu aktiven Zeiten. Nicht nur mit den Österreicherinnen, mit allen Fahrerinnen, die einfädeln oder sich grossen Rückstand einfangen. Sie ist mit Freude an der Arbeit, hat grosse Fachkompetenz, müsste beides aber noch öfter umsetzen können. Der Unterhaltungsfaktor ist bei ihr nicht sehr hoch, sie ist auch sprachlich nicht sehr geschmeidig unterwegs. Niki Hosp ist seit 2016 als ORF-Co-Kommentatorin bei Technikbewerben der Frauen im Einsatz. Hosp gewann 2008 den Gesamtweltcup und ist dreifache Weltmeisterin: 2007, 2013, 2015.
Blick-Note: 3,75

Martina Lechner (45), Eurosport

Die Tirolerin kann reden, übernimmt auch als Co-Kommentatorin gern die Initiative. Richtig gut ist sie, wenn sie den Kommentar mit interessanten Details aus der eigenen Karriere würzt: «I hob teilweise mit der Startnummer geschlafen, damit mir das Glück bringt.» Doch manchmal redet sie auch zu viel und wiederholt sich in der Analyse mit Plattitüden. Martina Lechner wird von Eurosport als Kommentatorin eingesetzt sowie als Co-Kommentatorin von Wolfgang Nadvornik und Guido Heuber. Lechner holte im Super-G insgesamt 15 Platzierungen in den Top 30.
Blick-Note: 4,25

Fritz Dopfer (45), Eurosport

Der Garmischer weiss, wo und warum entscheidende Hundertstel gewonnen oder verloren wurden. Relativ unspektakulär bringt er sein Wissen an die TV-Zuschauer. Emotional wird es bei ihm selten, das liegt aber auch daran, dass Dopfer es als Co-Kommentator schwer hat, sich neben dem langjährigen, sprachgewandten Moderator Guido Heuber in Szene setzen zu können. Man wünscht sich mehr Einsprüche vom früheren Slalom-Ass. Fritz Dopfer wird seit 2021 als Co-Kommentator bei Eurosport für die Männer-Wettbewerbe eingesetzt. Dopfer machte sich 2015 zum WM-Silbermedaillengewinner im Slalom.
Blick-Note: 4,5

Felix Neureuther (39), ARD

Er paart Unterhaltung und Fachkompetenz nahezu perfekt. Mit vielen aktuellen Fahrern hat er selber noch Wettkämpfe bestritten, darum kennt er deren Stärken, Macken und Materialabstimmungen bestens. Humor hat er auch. Nach dem völlig unerwarteten Rücktritt von Lucas Braathen machte Neureuther ihm ein Angebot: «Wenn du wegen des norwegischen Verbandes aufhörst, kann ich dich ja heiraten, damit du für Deutschland fahren kannst. Meine Frau hätte da überhaupt nichts dagegen.» Felix Neureuther trat 2019 die Nachfolge von Maria Höfl-Riesch als Ski-Experte der ARD an. Er holte elf Weltcupsiege im Slalom und wurde 2013 Vize-Weltmeister.
Blick-Note: 5,75

Marco Büchel (52), ZDF

Als Rennfahrer war er ein Lautsprecher, der immer einen Schenkelklopfer-Spruch auf Lager hatte. Beim ZDF aber wird auf emotionale Zurückhaltung und feine Formulierungen Wert gelegt. So musste er sich ganz schön anpassen, fast so wie ein Heavy-Metal-Rocker, der zum Philharmonischen Staatsorchester Mainz wechselt. Die Wandlung ist ihm problemlos gelungen. Ohne stimmlich zu überdrehen, bringt er kompetente Analyse und kontrollierte Emotionen in Einklang. Da der Sender bei vielen Rennen auf die Übertragung vor Ort verzichtet, muss er allerdings oft aus dem Studio in Mainz kommentieren. Da fehlen ihm dann jeweils aktuelle Insider-Informationen. Marco Büchel ist seit 2010 beim ZDF als Rennanalyst tätig. Er wurde 1999 Vize-Weltmeister im Riesen und 2008 Kitzbühel-Sieger im Super-G.
Blick-Note: 5,5

Tina Weirather (34), SRF

Kompetent, authentisch und empathisch begleitet die Liechtensteinerin die TV-Zuschauer durch die Rennen. Sie glänzt mit grossem Fach- und Insiderwissen, weil sie noch sehr nah an den Fahrerinnen dran ist. Sie leidet mit ihnen mit, manchmal auch zu viel. Man spürt, welche Athletinnen sie auch privat gern mag. Alles in allem aber ein wahrer Glücksgriff für die Ski-Berichterstattung im Schweizer Fernsehen. Tina Weirather ist seit 2020 als Expertin und Co-Kommentatorin von SRF bei Live-Übertragungen von Frauenrennen im Einsatz. Sie ist Siegerin der Gesamtwertung im Super-G 2017 und 2018 und wurde 2017 in dieser Disziplin Vizeweltmeisterin.
Blick-Note: 5,5

Marc Berthod (39), SRF

In die TV-Fussspuren von Bernhard Russi zu treten, ist sicherlich kein Schleck. Aber Marc Berthod hat die Spur längst gefunden. Er gehört einfach zu den Skirennen dazu – wie der Kirsch zum Käsefondue. Es kommt eigentlich gar nicht gross darauf an, was er sagt. Es heimelet halt, wenn man ihn hört und sieht. Und als Adelboden-Held zweifelt eh niemand an seinem Sachverstand. Nur ab und zu, da wünscht man sich noch bisschen mehr als seine feine Ironie – eine klare Kante nämlich. Sich auch mal etwas Kritisches sagen getrauen, das würde seine Gesamtbewertung noch verbessern. Marc Berthod co-kommentiert seit 2017 für das SRF die Männerrennen. Er ist zweifacher Adelboden-Sieger: 2007 im Slalom, 2008 im Riesen.
Blick-Note: 4,75

Didier Plaschy (50), SRF

Die einen verstehen seinen Dialekt prächtig, für andere ist er ein Ärgernis, weil sie ganz genau hinhören müssen. Vielleicht auch deshalb polarisiert der Walliser aus Varen VS als Co-Kommentator. Doch unbestritten ist: Wer ihn versteht, der bekommt einiges mit. Bemerkenswerte Analysen, viel Hintergrundwissen gepaart mit Kritik, Witz und Walliser Temperament. Wirkt oft wie ein strenger Vater der Fahrer, die er beurteilt. Doch manchmal verheddert er sich im nebulösen Fachchinesisch. Didier Plaschy ist bei SRF seit 2018 Co-Kommentator für die technischen Disziplinen. Er holte 1999 zwei Slalom-Siege im Weltcup.
Blick-Note: 5,5

Stefan Abplanalp (49), SRF

Abplanalp trainierte während zwanzig Jahren die Elite im Frauenski. Wer die Schweizer Frauen und Superstars wie Mikaela Shiffrin, Lindsey Vonn und Ilka Stuhec trainierte, der weiss, wie die Fahrerinnen ticken, was sie beschäftigt, wie sie fühlen. Dieses Wissen kann er auch gut vermitteln. Sein grosses Plus: Er erklärt die komplexe Materie Skirennsport derart einfach, dass es alle verstehen. Zumindest alle, die westlich von Zürich aufgewachsen sind. Denn viele Ostschweizer tun sich schwer mit seinem urchigen «Haslidiitsch». Stefan Abplanalp ist seit 2022 SRF-Co-Kommentator bei den Frauen-Rennen.
Blick-Note: 5

Beat Feuz (36), SRF

Der Schangnauer hat in der Abfahrt alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt. Jetzt versucht er, die Herzen der TV-Zuschauer zu gewinnen. Wir sind gespannt. Beat Feuz stand in der Gröden-Abfahrt zum ersten Mal im Einsatz. Feuz ist Olympiasieger, Weltmeister und vierfacher Abfahrts-Weltcupsieger.

Fazit

Wer sich Ski-Übertragungen im deutschsprachigen TV anschaut, wird überall gut bis sehr gut unterhalten. Die Unterschiede bei den einzelnen Sendern sind überschaubar. Es wird auf allen Kanälen viel Expertise geboten – mit Kommentatoren, Co-Kommentatoren und zusätzlichen Experten, die mit der Kamera oder im Zielraum unterwegs sind.

Wer sich kritische Auseinandersetzungen wünscht, der kommt allerdings weniger auf seine Rechnung. Im Ski-Zirkus läuft es anders als beispielsweise im Fussball, wo Alt-Stars den aktuellen Spielern und Trainern als Experten oft kräftig einheizen.

In der Ski-Familie will man sich nicht gegenseitig wehtun, lieber gemeinsam die Schönheit und Faszination dieses Sports preisen. Vielleicht macht es gerade das aus, dass sich so viele Menschen die Rennen anschauen und sich dabei gut fühlen.

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