Norwegens neuer Ski-König
Lucas Braathen ist der Haaland des Skisports

Der Halb-Brasilianer Lucas Pinheiro Braathen wollte Fussballer werden. Doch jetzt wird der 20-Jährige in Norwegen als neuer Ski-Held gefeiert. Nur die Freude von Henrik Kristoffersen hält sich in Grenzen...
Publiziert: 04.12.2020 um 08:47 Uhr
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Aktualisiert: 04.12.2020 um 14:47 Uhr
Marcel W. Perren

Die explosive Atmosphäre ist bei den sonst so coolen Wikingern deutlich spürbar. Nachdem Lucas Braathen beim Weltcup-Auftakt in Sölden in überragender Manier vor Marco Odermatt (23) und Gino Caviezel (28) im Riesenslalom seinen ersten Weltcupsieg einfährt, setzt sein auf dem fünften Rang klassierter Landsmann Henrik Kristoffersen eine Miene auf, als hätte er gerade saure Milch getrunken.

Tatsächlich ist die Landesfahne so ziemlich das Einzige, was den alten und den neuen Riesenslalom-König von Norwegen verbindet. Der amtierende Weltmeister Kristoffersen trainiert fast ausschliesslich mit seinem Privat-Team, Braathen ist dagegen ein allseits beliebter Team-Player in der Technik-Truppe der «Norges».

Lucas Braathen feiert in Sölden seinen ersten Weltcupsieg.
Foto: Sven Thomann
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Menschlich das komplette Gegenteil von Kristoffersen

Und während Henrik seinen Mitmenschen im Ski-Zirkus immer wieder unfreundlich und auf den Boden spuckend begegnet, wird Lucas auch für seine menschlichen Qualitäten in den höchsten Tönen gelobt. «Mir ist selten ein derart gut erzogener, freundlicher Mensch wie Lucas Braathen begegnet» schwärmt Christian Höflehner, Rennchef bei Braathens Ski-Ausrüster Atomic. Höflehner stimmt die nächste Lobeshymne an: «Lucas verkörpert eine perfekte Mischung. Von seinem Vater Björn hat er dir typisch norwegische Zielstrebigkeit geerbt. Von seiner brasilianischen Mutter die Lebensfreude.»

Bis zu seinem zwölften Lebensjahr hat der in der Region Oslo gross gewordene Lucas auch den berühmten Landsmännern seiner Mama nachgeeifert. «Ich spielte praktisch in jeder freien Minute Fussball, meistens im Mittelfeld oder als Stürmer. Ich wollte so werden wie meine grossen Idole von Brasiliens Seleçao», erinnert sich Braathen.

McGrath und Braathen pushen sich gegenseitig

Doch seine sportlichen Ambitionen veränderten sich komplett, als ihn Papa Björn beim Skiklub Bærums anmeldete. Der ehemalige amerikanische Weltklasse-Slalomfahrer Felix McGrath war in diesem Klub als Trainer angestellt. Und dessen Sohn Atle Lie, der im letzten Winter in der Europacup-Gesamtwertung triumphierte, entwickelte sich zum kongenialen Trainingspartner von Lucas.

«Weil auch McGrath enorm viel Talent besitzt, hat er Braathen in jedem Training enorm herausgefordert. Die beiden haben sich gegenseitig an die Spitze gepusht,» ist Aksel Lund Svindals ehemaliger Erfolgstrainer Marius Arnesen überzeugt.

Schweizer Trio nach Corona-Sperre zurück

An diesem Wochenende planen Braathen und Co. den nächsten grossen Coup bei den beiden Riesenslaloms in Santa Caterina (It). Dort werden sie auf eine sehr starke Schweizer Mannschaft treffen. Marco Odermatt (23), Loic Meillard (22) und Justin Murisier (28) sind nach ihrer Corona-Sperre beim Parallel-Riesen in Lech wieder startberechtigt.

«Das Schweizer Potenzial ist so gross wie nie»
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Wegen fünf Hundertsel:So knapp verpasst Odermatt den Sölden-Sieg
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