Kitzbühel-Titelverteidiger Yule
«Irgendwann will ich wissen, wie ein Joint schmeckt»

Kein anderer freut sich derart über den Kälteeinbruch wie Daniel Yule. In Kitzbühel wird er endlich die Bedingungen vorfinden, die er für die ganz schnellen Zeiten benötigt. Richtig in Fahrt kommt Yule auch im Gespräch mit Blick.
Publiziert: 20.01.2024 um 20:11 Uhr
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Aktualisiert: 21.01.2024 um 08:55 Uhr
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Marcel W. PerrenSki-Reporter

Daniel Yule stellt den ultimativen Beweis dar, dass selbst die grössten Fachleute komplette Fehlprognosen abliefern! Es war im Spätsommer 2012, als der italienische Erfolgstrainer Matteo Joris auf dem Gletscher den damals 19-jährigen Yule beim Slalom-Training beobachtete. Das Urteil des Maestros aus dem Aostatal fiel vernichtend aus. «Dieser Yule fährt technisch so schlecht, dass er im Weltcup nie eine Chance auf eine Platzierung in den Top 30 haben wird!»

In der Zwischenzeit ist dieser «hoffnungslose Fall» aus dem Unterwallis mit sechs Weltcupsiegen der erfolgreichste Slalomfahrer in der Swiss-Ski-Geschichte. Und Matteo Joris hat einen grossen Anteil an der sensationellen Entwicklung von Yule, weil Cheftrainer Tom Stauffer 2015 den bärtigen Italo als «Zick-Zack»-Coach in die Schweiz geholt hat.

Daniel Yule im Hotel vor dem Klassiker in Kitzbühel.
Foto: Sven Thomann
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Über das Urteil bei der ersten Sichtung ist Yule seinem Übungsleiter vielmehr dankbar als böse. «Ich habe ja damals selber nicht geglaubt, dass ich eines Tages auf höchster Stufe in Rennen Top-Platzierungen herausfahren könnte», gibt der 30-Jährige zu. «Deshalb habe ich auch parallel zum Rennsport die Matura gemacht und dann mit einem Fernstudium begonnen. Nach meinen ersten beiden mässigen FIS-Jahren habe ich zu mir gesagt, dass ich mit dem Skisport aufhöre, wenn es im dritten Jahr nicht besser wird. Dann ging es plötzlich aufwärts.»

«Endlich wird es richtig eisig!»

In diesem Winter ist der ganz grosse Yule-Kracher noch ausgeblieben. Beim Saisonauftakt in Gurgl belegte der Sohn von britischen Einwanderern den fünften Rang. Und nach dem Ausfall in Madonna di Campiglio musste er sich in Adelboden und Wengen mit den Plätzen 10 und 12 begnügen.

Experten wie Deutschlands Alpin-Papst Felix Neureuther machen sich aber keine Sorgen um Yule: «Daniel fährt abschnittsweise extrem stark Ski. Für mich ist es nur eine Frage der Zeit, bis er wieder auf dem Stockerl steht.» Zumal in den nächsten Tagen Rennen auf dem Programm stehen, die Yule besonders gerne mag: Kitzbühel am Sonntag und am Mittwoch Schladming.

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Auf dem Kitzbüheler Ganslernhang hat Yule 2020 und 2023 triumphiert. «Dieser Hang kommt mir aufgrund der vielen Übergänge sehr entgegen. Noch wichtiger ist für mich die Tatsache, dass diese Piste seit jeher mit besonders viel Wasser präpariert wird. Dadurch wird es richtig schön eisig, was meinem Fahrstil besonders entgegenkommt.»

«Sündiges» Leben nach der Ski-Karriere

An eine Eisbahn erinnert meistens auch die «Planai» in Schladming, wo Yule in den letzten sechs Jahren drei dritte Ränge gefeiert hat. Und die Partys fallen in Schladming besonders heftig aus. «Egal, ob man auf oder neben das Podest fährt – nach dem Nightrace treffen sich alle Slalomfahrer in der Schladminger Tenne, wo jeweils so richtig die Post abgeht! Ansonsten bin ich ja bekannt dafür, dass ich im Winter total seriös lebe, keinen Alkohol konsumiere. Aber in Schladming mache ich wie in Madonna eine Ausnahme. Es ist wichtig, dass man auch mal das Ventil öffnet und so richtig Dampf ablässt!»

Apropos Dampf ablassen: Yule weiss schon ziemlich genau, welche «Sünden» er nach seiner Karriere begehen wird. «Ich habe noch nie in meinem Leben geraucht. Aber nach meinem letzten Skirennen möchte ich einmal ausprobieren, wie eine edle Zigarre oder ein Joint schmeckt.»

Yule prophezeit Braathen-Comeback

Bis es so weit ist, dürften aber noch einige Jahre ins Land ziehen. «Ich fühle mich körperlich sehr gut. Und wenn nichts dazwischenkommt, möchte ich meine sportliche Laufbahn mindestens bis zur Heim-WM 2027 fortsetzen.» Yule ist auch überzeugt, dass einer der besten Slalomfahrer der letzten Jahre seinen Rücktritt vom Rücktritt geben wird – gemeint ist natürlich Lucas Braathen, der im Oktober wenige Tage vor dem Auftakt in Sölden sein Karriereende verkündet hat.

«Ich weiss, dass Lucas in den letzten Wochen einige Trainingseinheiten mit dem Griechen AJ Ginnis und dem Briten Charlie Raposo absolviert hat. Hätte ich meine Karriere beendet, würde ich sicher nicht drei Monate später in den Stangen trainieren. Und ich glaube auch nicht, dass Braathen nur so zum Spass trainiert. Ich würde einiges darauf wetten, dass er im nächsten Winter wieder Rennen bestreiten wird. Und ich würde mich auch sehr über sein Comeback freuen, unser Sport braucht derart bunte Typen, wie er einer ist.»

Kritik an die Rennleitung

Nicht gut ist Yule auf die Rennleitung der FIS zu sprechen. «In Madonna wurden mit Sandro Simonet und Luke Winters zwei Athleten unmittelbar nach dem Start vom Startrichter gestoppt, weil auf der Piste noch gearbeitet wurde. In Alta Badia ist Ähnliches passiert. Und in Adelboden wurde Alexander Steen-Olsen als Halbzeit-Leader vor dem zweiten Lauf zurückgehalten, weil der Startrichter eine Startliste in den Händen hatte, wo der Norweger gar nicht drauf war. Wenn so etwas bei einem Klubrennen passiert, kann ich das ja halbwegs verstehen. Aber für das Image des Weltcups können solche Fauxpas katastrophale Auswirkungen haben.» Deshalb wird Yule heute in Kitzbühel alles daran setzen, dass er mit einer richtig starken Leistung das internationale Ansehen seiner geliebten Sportart verbessern kann.

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