Nach schweren Stürzen wird Chabloz von Rücken- und mentalen Problemen geplagt
Swiss-Ski bangt um Top-Talent

Yannick Chabloz war in der Saison 2021/22 der grösste Aufsteiger im Schweizer Abfahrts-Team. Doch nach zwei schweren Stürzen steht der Innerschweizer mit Westschweizer Wurzeln am Scheideweg seiner Rennfahrer-Laufbahn.
Publiziert: 24.12.2023 um 00:57 Uhr
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Aktualisiert: 24.12.2023 um 09:56 Uhr
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Marcel W. PerrenSki-Reporter

Es ist eine dieser bewegenden Abfahrts-Geschichten, die in Val Gardena nahezu märchenhaft begonnen hat. Wir schreiben den 18. Dezember 2021, als der zu diesem Zeitpunkt 21-jährige Nidwaldner Yannick Chabloz auf der Saslong in seinem zweiten Weltcup-Einsatz auf den 13. Rang schiesst. Die Experten sind sich an diesem Tag einig, dass der Beckenrieder mit Waadtländer Eltern alles für eine ganz grosse Skikarriere mitbringt.

Fünf Wochen später wird der ältere Bruder von Freeride-Weltmeister Maxime Chabloz für die Olympischen Spiele in Peking selektioniert. Doch was mit der Realisierung eines Bubentraums beginnt, entwickelt sich zu einem realen Albtraum – Chabloz fliegt in der Kombinations-Abfahrt übel in den Fangzaun und landet mit Brüchen am Schulterblatt, Handgelenk, an Mittelhand und Finger in einem chinesischen Krankenhaus. «Rein medizinisch hat es mir dort zwar an nichts gefehlt, aber bezüglich Komfort ist das nicht mit einem Spital in der Schweiz vergleichbar. Und wegen der Pandemie wurde ich dort komplett isoliert. Das Personal war in Ganzkörper-Schutzanzüge verpackt.»

Kampf gegen mentale Blockade

Chabloz benötigt ein halbes Jahr, bis er sich vollständig von seinem unschönen China-Trip erholt. Aber zehn Tage nach seinem Wettkampf-Comeback in Gröden (Platz 33) liegt das Top-Talent schon wieder im Rettungsschlitten. Was ist passiert?

Im Dezember 2021 gelingt Yannick Chabloz der Sprung in die erweiterte Weltspitze.
Foto: Sven Thomann
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Im zweiten Training auf der brutal selektiven Pista Stelvio in Bormio erleidet er einen Dornfortsatzbruch sowie Impressionsfrakturen in der oberen Brustwirbelsäule. Seither hat der Speed-Spezialist, dessen Wohnsitz unweit von Marco Odermatts Wohnung in Beckenried liegt, keinen Wettkampf mehr bestritten.

Im August hat Chabloz zwar das Ski-Training wieder aufgenommen. Aber im September machte Yannick im Gespräch mit Blick deutlich, dass er die schweren Rückschläge noch nicht verarbeitet hat. «Seit diesen zwei Stürzen muss ich gegen eine mentale Blockade ankämpfen. Das Unterbewusstsein hat mich in den letzten Trainingsfahrten immer wieder etwas eingebremst.»

Heftige Rückenprobleme

In der Hoffnung, diese Blockade mit jedem zusätzlichen Abfahrtskilometer etwas mehr lösen zu können, ist Chabloz im November mit seinen Teamkollegen ins Speed-Camp nach Panorama (Ka) geflogen. Doch nach wenigen Tagen zwangen ihn heftige Rückenschmerzen, wieder heimzureisen.

Momentan ist unklar, wann Chabloz in den Weltcupzirkus zurückkehren kann. «Yannick möchte zwar unbedingt Rennen bestreiten, aber in seinem momentanen Zustand würde das für ihn keinen Sinn machen», macht Abfahrtstrainer Vitus Lüönd klar. Chefcoach Tom Stauffer ergänzt: «Bei Yannick gibt es derzeit keine Zeitschiene. Bevor wir bei ihm an einen Rennstart denken, muss er erst einmal wieder ordentlich trainieren können. Und das lässt sein Rücken aktuell nicht zu. Es gibt zwar Tage, wo es ihm gut geht, doch dann schiesst es ihm leider immer wieder heftig im Rücken ein.»

Opfer der Leistungsdichte im eigenen Team

Ganz besonders mit Chabloz leidet Italiens ehemaliger Slalom-Gigant Manfred Mölgg (41). Der Vize-Weltmeister von 2007 ist seit dieser Saison Rennchef von Yannicks Ausrüster Nordica. «Für uns ist das keine einfache Situation, Chabloz gehört im Speed-Bereich zu unseren grossen Zukunftshoffnungen. Und als ich letzte Woche in Gröden gesehen habe, wie viele Rennfahrer mit höheren Nummern in die Top 15 fahren, hat es mir besonders wehgetan, dass Yannick von den Bedingungen in diesem Rennen nicht profitieren kann», seufzt Mölgg, der im selben Atemzug an die Geduld seines Schützlings appelliert: «So schwer das für einen jungen Rennfahrer auch ist, Yannick braucht diese Pause, wenn er richtig stark zurückkehren will.»

Sehr wahrscheinlich wäre für Chabloz alles einfacher, wenn die Schweizer Abfahrtsmannschaft derzeit nicht so stark wäre. Fakt ist: Noch vor ein paar Jahren reichte ein Top-15-Rang für einen Weltcup-Stammplatz im Schweizer Abfahrtsteam. Weil das bereits im letzten Winter nicht mehr so war, hatte Chabloz bei seinem Comeback in Bormio auch keine Zeit, sich im Training heranzutasten. Stattdessen musste er schon im zweiten Trainingslauf die teaminterne Qualifikation bestreiten, die mit dem neuerlichen Sturz endete. Sollte Chabloz in dieser Saison zurückkehren, wird in der Qualifikation noch mehr Druck auf ihm lasten. Deshalb ist es fraglich, ob diese Abfahrer-Geschichte ein glorreiches Ende bekommt.

Armbruch-Drama um Schweizer Ski-Youngster Chabloz
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Knochenbruch in Kombi-Abfahrt:Sturz-Drama um Schweizer Ski-Youngster Chabloz
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