Marco Odermatts Riesen-Trainer Helmut Krug hat sich in den letzten sechs Wochen mehrmals genervt. Warum? Als Österreicher, der in der Region Seefeld residiert, ist Krug die Nachberichterstattung der einheimischen Medien zum abgebrochenen Riesenslalom in Sölden sauer aufgestossen.
«Ein Medium hat behauptet, dass Marco Schwarz bis zum Rennabbruch einen riesigen Vorsprung auf Marco Odermatt hatte. In Wahrheit war der Odi knapp drei Zehntel hinter dem Blacky.» Und Krug war immer davon überzeugt, dass Odermatt den Kärntner in Sölden noch abgefangen hätte, wenn Petrus den zweiten Lauf nicht verhindert hätte.
Doch das wollten die meisten Österreicher nicht wahrhaben. Die Rangliste des Riesenslaloms in Val-d’Isère gibt dem 61-jährigen Tiroler in Diensten von Swiss-Ski recht – Odermatt triumphiert mit 98 Hundertsteln Vorsprung vor Schwarz und feiert damit seinen 25. Weltcupsieg. Joan Verdu (28) fährt als Dritter den ersten Weltcup-Podestplatz für den Zwergstaat Andorra (79'000 Einwohner) ein.
«Kompletter Blödsinn!»
«Dieser Sieg ist für mich eine besonders grosse Genugtuung», hält Krug grinsend fest. Auch deshalb, weil Odermatts 15. Riesenslalom-Erfolg im Weltcup bei besonders schwierigen Voraussetzungen zustande kam. Kroatiens Coach Sergei Komarov setzte im ersten Durchgang einen extrem drehenden Kurs auf die steile Face de Bellevarde.
Deutschlands langjähriger Ski-König Felix Neureuther schüttelte nach der Besichtigung den Kopf: «Ich bin richtig froh, dass ich nicht mehr am Start stehe, denn was der Kroate da gesetzt hat, ist kompletter Blödsinn. Ein derart brutal drehender Lauf wird bei dieser miesen Bodensicht selbst für die Weltbesten kaum fahrbar sein. Das ist richtig schlechte Werbung für unseren Sport.»
Tatsächlich hatte sogar der Ausnahme-Könner Odermatt bereits beim dritten Tor grosse Schwierigkeiten. Und trotzdem lag der Nidwaldner bei Rennhälfte mit 65 Hundertsteln in Front. «Es gibt immer wieder Trainer, die besonders drehende Läufe setzten, weil sie wissen, dass ich kein Fan davon bin. Obwohl ich solche Kurse wirklich nicht mag, bin ich meistens im Verhältnis noch besser als in flüssigen Läufen», sagte der zweifache Gesamtweltcupsieger schmunzelnd.
Besonderer Hattrick
Für hitzige Diskussionen sorgte auch die Kurssetzung von Norwegens Technik-Chef Christian Mitter im zweiten Durchgang. Helmut Krug:«Vor allem im letzten Abschnitt wurde viel zu gerade gesetzt. Das Tempo war dadurch am oberen Limit. Wenn man bedenkt, dass es zeitweise ordentlich schneite, war das saugefährlich!»
Während dem entscheidenden Lauf von Odermatt schneite es wohl am heftigsten. Und die Sicht war besonders mies. Es gibt aber noch eine andere Facette, welche diesen Sieg so besonders macht. Der Weltmeister- und Olympiasieger musste nach der beschwerlichen Rückreise aus Nordamerika noch den Jetlag besiegen. «Es war wirklich zäh! Vor dem zweiten Lauf habe ich mich alles andere als super gefühlt, die Müdigkeit war deutlich spürbar. Aber weil ich ja als Skirennfahrer im Gegensatz zum Ausdauersportler nicht zweieinhalb Stunden, sondern eine gute Minute abliefern muss, kann man sich schon zusammenreissen ...»
Odermatt ist damit auch der Erste, der innerhalb von drei Jahren dreimal den Riesenslalom-Klassiker in Val-d’Isère gewinnen konnte!