Olympiasiegerin Sara Hector macht sich wegen der Klimaerwärmung Sorgen
«Der Ski-Tross muss nicht jedes Jahr nach Nordamerika»

In Are stehen Sara Hectors einzige Heimrennen des Winters an. Die Schwedin ist eine Fahrerin mit wenig Selbstvertrauen, aber viel Leidenschaft und Verantwortungsbewusstsein.
Publiziert: 10.03.2023 um 07:44 Uhr
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Aktualisiert: 10.03.2023 um 09:37 Uhr
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Mathias GermannReporter Sport

Pernilla Wiberg, Anja Pärson, Frida Hansdotter und Sara Hector (30). Schwedens Ski-Team der Frauen glänzt nicht durch Masse, sondern mit Klasse. Sie alle wurden in den letzten drei Jahrzehnten Olympiasiegerinnen: Wiberg 1992 und 1994, Pärson 2006, Hansdotter 2018 und Hector 2022. Letztere überraschte vielleicht am meisten von allen.

Hectors Eltern hatten keinen Bezug zum Skifahren. Der Vater ist Mathematik-Lehrer («Mit ihm habe ich gelernt, zu zählen»), die Mutter war Englisch- und Deutschlehrerin («Mit ihr habe gelernt, zu lesen»). Sie ist vor Jahren an der Nervenkrankheit ALS erkrankt. Hector sammelt seit Jahren Spenden für die Forschung – im Wissen, dass eine Heilung bei ihrer Mutter wohl ausgeschlossen ist.

Ihr Freund bewahrte sie vor dem Rücktritt

Klagen will Hector nicht. Die Riesenslalom-Spezialistin aus Sandviken ist sich gewöhnt, zu kämpfen. «Ich bin weder ein Supertalent noch mit viel Selbstvertrauen gesegnet», sagt sie selbst. Vielmehr beeindruckt sie durch ihren enormen Willen, den Spass am Skifahren und die physische Stärke, um die sie manch eine Frau im Ski-Zirkus beneidet. In Are bestreitet Hector, die mittlerweile in Au im Bregenzerwald (Ö) wohnt, die einzigen Heimrennen dieser Saison. Und auch wenn die Saison nicht ganz nach ihrem Gusto verlaufen ist, zählt Hector – zumindest im Riesenslalom – zu den Favoritinnen.

Sara Hector ist 30 Jahre alt und macht sich Sorgen um die Klimaerwärmung. Auch deshalb wohnt sie nicht mehr in Schweden.
Foto: BENJAMIN SOLAND
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Vor einigen Jahren war das noch ganz anders. Im Winter 2018/19 lief es Hector schlecht. «Ich dachte, dass es das vielleicht war mit dem Spitzensport. Ich hatte den Glauben an mich fast verloren», erzählt sie. Dank ihres Freundes Robin, der von Dezember bis April in Schweden in einem Hotel arbeitet, verflogen die Rücktrittsgedanken. «Das Gras ist auf der anderen Seite nicht immer grüner», habe er ihr gesagt. «Von da an hörte ich auf, mich zu fest unter Druck zu setzen.»

Sie wohnt (auch) wegen der Umwelt in Österreich

Je älter, desto lockerer? Bei Hector ist genau dies der Fall. Dennoch macht ihr beispielsweise der Klimawandel grosse Sorgen. In Saas-Fee, wo Hector seit zehn Jahren ihre Saisonvorbereitung absolviert, sei er deutlich spürbar. «Man sieht mit blossem Auge, wie sich der Gletscher zurückzieht. Das tut mir im Herzen weh.»

Hector ist sich bewusst, dass sie als Skirennfahrerin keine Musterschülerin ist. Sie hat auch kein Patentrezept, um den Klimawandel zu stoppen. «Ich weiss, dass das Thema komplex ist.» Der Sport habe mehrere Ziele, aber er könne sich auch anpassen, findet sie. «Der Ski-Tross muss nicht jedes Jahr nach Nordamerika – und schon gar nicht zweimal pro Winter, wie zuletzt die Männer. Ich finde, wir müssen die Anfahrtswege verkürzen. Auch deshalb habe ich mich entschieden, in Österreich zu wohnen und nicht jedes Mal zurück nach Schweden zu fliegen.»

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