Ski-Legende wird 50
Happy Birthday, Vreni!

Das halbe Jahrhundert ist voll. Aber ein Fest gibt es nicht. Auch keine Geschenke. Vreni Schneider hat andere Wünsche.
Publiziert: 26.11.2014 um 08:30 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 18:51 Uhr
Ohne Ski geht es bei Vreni Schneider auch heute nicht.
Foto: fotoSwiss.com/cattaneo
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Von Sebastian Lavoyer (Text) und Giancarlo Cattaneo (Fotos)

Ein grosses Fest? Nein danke! Vreni Schneider (50) schaut lieber Ski. Im Davoser Parsenn-Gebiet ­besucht sie ein FIS-Rennen ihrer Nichte Anja (20). «Ich liebe all meine Nichten und Neffen»,  sagt Vreni. «Aber die Verbindung zu Anja ist ganz speziell.»

Rückblende. Ende Januar 1994, Garmisch-Partenkirchen. Die österreichische Rennläuferin Ulrike Maier stürzt auf der Kandahar-Abfahrt schwer, stirbt auf der Stelle. «Das hat alles in Frage gestellt», sagt Vreni Schneider. «Ich wusste nicht, ob ich noch weiterfahren will.»

Ein Wink des Himmels nimmt ihr die Zweifel. Olympia in Lillehammer steht an. Kurz bevor sie losreisen will, erreicht sie die Nachricht von der Geburt ihrer Nichte Anja.

Der Rest ist Geschichte. Schneider gewinnt nach Gold im Riesen und im Slalom 1988 in Calgary nochmals einen kompletten Olympia-Medaillensatz. Ein Jahr später krallt sie sich ihre dritte grosse Kristallkugel für den Gewinn des Gesamt-Weltcups.

Dann, nach 55 Weltcupsiegen, 45 weiteren Podestplätzen, beendet sie ihre goldene Karriere. Als beste und erfolgreichste Schweizer Skifahrerin.

Ohne Ski geht es auch heute nicht. Schneiders Söhne Florian (10) und Flavio (8) teilen diese Leidenschaft – und mit ihrem Mann Marcel Fässler betreibt sie eine Skischule.

Vreni fährt mit BLICK hoch zur Obererbser Alp. Doch zuerst nimmt sie einen Schluck Wasser aus dem Dorfbrunnen, gleich vor ihrem Elternhaus.

«Das habe ich schon als kleines Mädchen vor jedem Training gemacht.» Dann braust sie los in ihrem in die Jahre gekommenen Skoda. Im Sommer fahre sie hier mit dem Mountainbike hoch. Mann und Söhne im Schlepptau. Der Hausstock, Elms Hausberg, wirft seinen Schatten über die Alp.

Vreni lacht, wenn sie zurückdenkt. All die Rennen, die Erfolge. «Wir waren Wahnsinnige», sagt Vreni über sich und ihre Zeitgenossinnen. Allen ­voran ihre Zimmerkolleginnen Erika Hess, Regula Betschart, Petra Bernet und vor allem Christine von Grünigen.

Sie schaut zum Hang gegenüber, zum Chnollen. Da sei sie jeweils hochgerannt, Intervall-Läufe mit Gewicht auf dem Buckel. Sprungtraining. Die stundenlange Plackerei.

Sie war hart zu sich selbst. «Ich war verrückt, wahnsinnig ehrgeizig. Ich habe viel Talent mitgekriegt, aber nur mit dem Talent hätte ich vielleicht 15 Rennen gewonnen, sicher nicht 55.»

Der Weltcup hat Spuren hinterlassen. Trotzdem buckelt Vreni ihre Ski ohne zu zögern und geht zu Fuss zur Alphütte hoch. Sie erzählt, wie sie früher die Slalomläufe besichtigten.

Von unten nach oben. Mit den Skiern an den Füssen. «Für uns war es wie ein Rennen vor dem Rennen.» 15 bis 20 Minuten dauerte es. Vom ersten bis zum letzten Weltcuprennen.

Diese Härte – sie wurzelt in einem frühen Schicksalsschlag. Jung erkrankt Vrenis Mutter an Krebs. Auf dem Sterbebett ermuntert sie die ­Tochter, ihren Ski-Traum zu verwirklichen. Vreni ist 16, als die Mutter 1981 im Alter von 50 Jahren stirbt. «Das macht mir manchmal ein bisschen Angst», sagt Vreni.

Vor vier Jahren verstarb dann auch ihr geliebter Vater. Deshalb wünscht sich Vreni zum fünfzigsten Geburtstag nichts. Kein Fest, keine Geschenke. Bloss: «Gesundheit – für meine Liebsten und mich.»

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