Daniel Yule kurvt in Madonna zum Sieg
1:17
Highlights des Nachtslaloms:Daniel Yule kurvt in Madonna zum Sieg

So tickt unser Slalom-Held
Wegen der RS verzichtete Yule fast auf den Schweizer Pass

Daniel Yule ist nicht nur ein grandioser Slalom-Fahrer. Der Walliser mit britischen Wurzeln ist auch ein aussergewöhnlicher Mensch.
Publiziert: 09.01.2020 um 13:05 Uhr
|
Aktualisiert: 09.01.2020 um 13:41 Uhr
Daniel Yule: der Mann der Stunde des Schweizer Ski-Sports.
Foto: AFP
1/11
Marcel W. Perren

Sein Leben zwischen Alphorn und Schottenrock

Daniels Eltern stammen aus Schottland und England. Nachdem sich Mama und Papa Yule im Urlaub im Unterwallis zufällig über den Weg gelaufen sind, haben sie sich im 81-Seelen Nest La Foully niedergelassen. Die schottische Nationalspeise Haggis (gefüllter Schafsmagen) kommt bei den Yules genau so oft auf den Tisch wie ein Käse-Fondue. Und Daniel unterhält sich mit seinen Erzeugern, seinem Bruder und seiner Schwester ausnahmslos in englischer Sprache. Als 15-jähriger Teenager war sich Yule unschlüssig, ob er die Schweizer Staatsbürgerschaft wirklich annehmen soll. «Ich habe damals gezweifelt, weil ich keine Lust auf die Schweizer Armee hatte». Aber weil er dem Aushebungsoffizier glaubhaft machen konnte, dass er Nachtwandler sei, hat er den Schweizer Pass ohne Rekrutenschule erhalten. Seine Liebe zur Heimat seiner Eltern kann und will er aber nach wie vor nicht unterdrücken. «Auf der Ski-Piste bin ich zu hundert Prozent Schweizer, schliesslich hat Grossbritannien nichts für meine Ski-Karriere getan. Aber wenn die Schweiz gegen England oder Schottland Fussball spielt, drücke ich dem britischen Team die Daumen.»

Seine Eiszeiten mit Plaschy und Biellmann

Mit seinem zweiten Triumph in Madonna di Campiglio hat der Unterwalliser Yule bezüglich der Anzahl von Weltcupsiegen mit dem Oberwalliser Didier Plaschy gleichgezogen. Der heutige SRF-Ski-Experte hatte auf Yules Entwicklung einen besonderen Einfluss. «Plaschy war mein Trainer in der Future-Gruppe von Swiss Ski» erinnert sich Daniel. «Weil Didier überzeugt war, dass ich durch das Training auf dem Eis ein viel besseres Gefühl für flache Slalom-Passagen entwickeln würde, musste ich unzählige Stunden auf den Schlittschuhen verbringen.» Yule hat Plaschy deswegen anfänglich verflucht. «Diese langen Eiszeiten haben mich zeitweise schier in den Wahnsinn getrieben, weil ich vor der Zeit mit Plaschy überhaupt nicht Schlittschuh laufen konnte. Rückblickend betrachtet muss ich aber eingestehen, dass sich mühsame Training auf den Kufen positiv auf meine Slalom-Technik ausgewirkt hat.» Vor den Olympischen Spielen 2018 in Südkorea hat Yule auch eine Lektion mit unserer Eiskunstlauf-Königin Denise Biellmann erhalten. Daniel hat am Ende dieser Schulung die Biellmann-Pirouette zumindest im Zeitlupen-Tempo nachmachen können …

Sein saisonaler Wandel zwischen Genuss und Enthaltsamkeit

Während der Weltcup-Saison gehört Yule zu den seriösesten Athleten im Renn-Zirkus. Von Ende Oktober bis Mitte März verzichtet der 26-Jährige konsequent auf Alkohol und fettige Speisen. Aber wenn der letzte Schnee schmilzt, verwandelt sich auch der Slalom-Asket in einen anderen Menschen. In der wettkampf-freien Zeit gönnt sich Yule regelmässig Raclette, Fondue, Bier, Wein oder einen rauchigen Single-Malt-Whiskey. In solchen Momenten spielt dann auch der Geiz, der Menschen mit schottischen Wurzeln nachgesagt wird, keine Rolle mehr. «In nüchternem Zustand überlege ich mir ganz genau, wie ich mein Geld ausgebe. Aber sobald ich im Ausgang zwei Bier getrunken habe, werde ich enorm grosszügig …»

Sein feiner Riecher für gute Geschäfte

Yules geistiger Horizont reicht weit über die Spitzen von seinen Rennski hinaus. Parallel zu seiner Rennfahrer-Karriere absolviert der offizielle FIS-Athletensprecher ein Wirtschafts-Studium. Und vor dem letzten Winter hat er gemeinsam mit seinem Jugendfreund Yann Bouduban und einem asiatischen Partner eine Skischule in China eröffnet. Yule hat sein Geschäft mit fünf vollamtlichen Skilehrern im Ressort Thaiwoo, welches 2022 zu den Austragungsstätten der Olympischen Spiele in Peking gehören wird, eröffnet. «Nach den Olympischen Spielen 2018 war ich erstmals in Thaiwoo und habe dort zu spüren bekommen, dass die Chinesen sehr skeptische Menschen sind. Du musst intensiv arbeiten, um ihr Vertrauen gewinnen zu können», erinnert sich Yule. In der Zwischenzeit hat der Walliser mit seinem Unternehmen die Asiaten aber komplett überzeugen können, Yule hat mit seiner Skischule auf jeden Fall bereits im ersten Winter schwarze Zahlen geschrieben.

Sein italienischer Übungsleiter

Als Yule 2012 bei seinem Weltcup-Einsatz im ersten Lauf ausscheidet, kann sich bei Swiss Ski kaum jemand vorstellen, dass aus diesem Burschen eines Tages ein Siegfahrer wird. Daniel wird zu diesem Zeitpunkt lediglich als mässiges Talent taxiert. Zum absoluten Topshot entwickelt sich Yule erst ab dem Zeitpunkt, als Cheftrainer Tom Stauffer den Italiener Matteo Joris als Übungsleiter der Slalom-Gruppe installiert. Joris hat ein magisches Auge für die Technik. Und mit Thierry Menet hat Joris einen kongenialen Assistenten an seiner Seite.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?