«Hinter der ganzen Affäre stecken politische Motive»
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Serbischer Chefredaktor:«Hinter der Djokovic-Affäre stecken politische Motive»

«Blic»-Chefredaktor Vladimir Filipovic zur Djokovic-Affäre
Djokovic wurde von Politikern als «Booster» benutzt

Vladimir Filipovic, der Chefredaktor der zum Ringier-Verlag gehörenden serbischen Zeitung «Blic», kommentiert die Geschehnisse rund um Nationalheld Novak Djokovic.
Publiziert: 16.01.2022 um 17:37 Uhr
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Aktualisiert: 17.01.2022 um 09:57 Uhr
Vladimir Filipovic

Wer ist der wahre Gewinner in diesem elf Tage dauernden Kampf? Es gibt keinen. Novak Djokovic steht im Mittelpunkt des grössten Sportskandals des 21. Jahrhunderts, der in einer beispiellosen Behandlung eines der besten Einzelsportler der Welt endet. Er hat in dieser Angelegenheit sicherlich Fehler gemacht. Aber es ist offensichtlich, dass hinter diesem Reality-Zirkus der letzten Tagen in Australien viel mehr steckt.

Novak geriet in einen Strudel von Wahlkampfspielen und wurde sicherlich als perfekter «Booster» benutzt, um politische Punkte zu sammeln. Es ist Tatsache, dass er den australischen Behörden mit einigen seiner Schritte geholfen hat. Vor allem mit seinen Instagram-Posts, besonders dem zweiten, in dem er zugab, zu
diesem berühmt-berüchtigten Interview mit L'Equipe gegangen zu sein.

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Aber vergessen wir nicht, dass er ursprünglich die Garantien für die Einreiseerlaubnis in Australien erhielt und dass er vor Gericht gewann, nachdem er zum ersten Mal Berufung eingelegt hatte. Dass die australischen Behörden diesen Kampf gegen den besten Tennisspieler der Geschichte (sorry Roger) fortgesetzt haben, zeigt das grössere Ziel dahinter: die bevorstehenden Wahlen.

Der serbische Journalist Vladimir Filipovic kommentiert die Einreise-Affäre um Novak Djokovic.
Foto: zVg
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Politisches Ziel dahinter

Natürlich sollten wir alle das Bewusstsein des Durchschnitt-Australiers verstehen. Zwei Jahre in einer der strengsten Covid-19-Quarantänen der Welt haben sicherlich Spuren hinterlassen. Deshalb wurde Novaks Verfolgung von der Mehrheit der Australier und deren Medien begrüsst. Das verstehe ich vollkommen. Wichtig ist nun aber die Antwort auf die Frage: Ist die Behandlung von Novak im «Land Down Under» legal?

Sicherlich war sie nicht fair und menschlich. Meiner Meinung nach wirft sie einen sehr dunklen Fleck auf die Australian Open, die den besten Tennisspieler wahrscheinlich nie wieder auf ihren Courts sehen werden.

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Und was die Politiker angeht... Nun ja, sie handeln, wie sie es normalerweise tun – ich bin nicht überrascht. Ich wiederhole: Novak hat Fehler gemacht, niemand läuft davor weg. Aber seien wir ehrlich, ist er deshalb eine Gefahr für de öffentliche Gesundheit? Ich bitte Sie! Schon lange vor Novaks Ankunft gab es massive Ausschreitungen gegen Premierminister Morrison, also tun wir nicht so, als ob Djokovic plötzlich Demonstrationen ausgelöst hätte. Das ist ein seichtes Argument.

Vater Srdjan: ein PR-Albtraum

Der vorherrschenden Meinung in Serbien nach wurde Novak sehr schlecht behandelt. Die höchsten Regierungsbeamten teilen diese Ansicht.

Vater Srdjan hat in den letzten Tagen einige sehr ungeschickte Aussagen gemacht. Ich würde sie einen PR-Albtraum nennen. Aber hey, er ist sein Vater und in erster Linie ein Elternteil – es ist nicht leicht, seinen Sohn in irgendeinem Asylantenheim eingesperrt zu sehen. Ich billige also die Art und Weise, wie Srdjan kommunizierte keineswegs, aber ich verstehe seine emotionale Reaktion.

Djokovic wird noch mehr Fans bekommen

Alles, was in Australien passiert ist, wird sich sicherlich auf Novaks öffentliches Image auswirken. Es besteht die Möglichkeit, dass er während der Pandemie einige Grand Slams verpasst. Aber ich denke, dass sich in Bezug auf die Fans wenig ändern wird. Diejenigen, die ihn unterstützt haben, werden ihn noch mehr unterstützen. Es besteht sogar die Chance, dass er noch mehr Fans bekommen wird – viele seiner Kritiker stehen jetzt hinter ihm.

Schauen Sie sich Nick Kyrgios an: Ein Australier, einer der Typen, die Novak am meisten kritisiert haben, ist jetzt auf seiner Seite. Auch eine Mehrheit anderer Spieler unterstützen ihn. Die Unentschlossenen sind jetzt wichtig. Aber ich glaube nicht, das Image von Novak Djokovic sei irreparabel beschädigt.

Ich bin sicher, dass er mehr Grand Slams gewinnen wird. Aber auch, dass er aus seinen Fehlern lernt und künftig bewusster mit unerwarteten Ereignissen, wie sie in Australien passiert sind, umgehen wird.

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