Federer offen wie selten
«Sehe keinen Grund, weshalb ich jetzt trainieren sollte»

In einem Interview mit der brasilianischen Tennis-Legende Gustavo Kuerten (43) verrät Roger Federer (38), wieso er aktuell nicht zum Schläger greift und wie es daheim bei seiner Familie zu und her geht.
Publiziert: 23.05.2020 um 11:37 Uhr
Roger Federer spielt aktuell offenbar kein Tennis.
Foto: AFP
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An diesem Wochenende sollte eigentlich mit den French Open das zweite Tennis-Highlight des Jahres beginnen. Doch das einzige Major auf Sand fällt – wie alle Turniere bis mindestens Ende Juli – der Corona-Pandemie zum Opfer. Den Franzosen bleibt immerhin die Hoffnung, dass Roland Garros 2020 ab dem Verschiebedatum am 20. September doch noch über die Bühne geht.

Ob überhaupt und unter welchen Auflagen im Herbst gespielt wird, ist noch offen. Der französische Verbands-Boss Bernard Giudicelli stellte sogar ein Turnier ohne Fans in Aussicht. Geisterspiele im Tennis? Ein Szenario, mit dem sich Roger Federer gar nicht anfreunden kann. «Ich sehe mich nicht in einem leeren Stadion spielen. Es ist schwer vorstellbar und ich hoffe, dass es nicht passiert», sagt der Schweizer in einem Onlinegespräch mit der brasilianischen Tennis-Legende Gustavo Kuerten.

«Wenn wir trainieren, ist zwar auch niemand da. Es ist also möglich, ohne Fans zu spielen», so Federer weiter. Aber er hoffe wirklich, unter normalen Bedingungen auf die Tour zurückzukehren. «Das Stadion sollte mindestens zu einem Drittel oder zur Hälfte gefüllt sein. Speziell bei grossen Turnieren ist es für mich schwierig, vor leeren Rängen zu spielen.»

So klar Federers Vorstellungen sind, so weit ist er aktuell vom Tennis entfernt. Zum Racket hat die Weltnummer 4 schon länger nicht mehr gegriffen. «Momentan trainiere ich nicht, weil ich keinen Grund dafür sehe. Ich bin sehr glücklich mit meiner körperlichen Verfassung und denke, dass es noch lange dauert, bis wir auf die Tour zurückkehren», erklärt Federer. Er vermisse das Tennis nicht so sehr. Dies werde sich aber ändern, sobald die ersten Turniere in Sichtweite seien. «Dann habe ich wieder ein Ziel vor Augen, das mich motiviert und für das ich trainieren muss.»

«Machen uns gegenseitig verrückt»

Federer, der aufgrund einer Meniskus-Operation sowieso bis im Juni eine Turnierpause einlegen musste, geniesst anstelle der Trainings lieber die Zeit mit der Familie. «Seit meiner letzten Operation 2016 sind wir nie mehr länger als fünf Wochen am Stück zu Hause geblieben. Dies ist eine grossartige Zeit für uns. Natürlich machen wir uns manchmal gegenseitig verrückt – wie jede Familie», lacht Federer. In seinem Umfeld sei aber glücklicherweise niemand mit dem Coronavirus infiziert gewesen.

Kuerten, Botschafter der Hilfskampagne «Winning Together», befragt den fünffachen Weltsportler natürlich auch zur Corona-Pandemie. «Dass Interessanteste ist, dass wir alle zusammen etwas bewegen können. Normalerweise ist nur ein Kontinent oder ein Land oder gar nur ein Ort von einem Problem betroffen. In diese Pandemie ist nun die ganze Welt verwickelt», sagt Federer, der zusammen mit seiner Frau Mirka schon eine Million Franken an die Schweizer Corona-Hilfe gespendet hat.

Nun, da «Guga» Kuerten um Hilfe für seine schwer betroffene brasilianische Heimat bittet, steht Federer natürlich bereit. Auch wenn Kuerten 2004 in Paris die Oberhand behielt, erinnert sich der fünf Jahre jüngere Schweizer gerne an die gemeinsame Zeit: «Als ich auf die Tour kam, warst du einer der Jungs, die mir das Gefühl gegeben haben, willkommen zu sein. Also, danke Guga.» (cmü)

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