Sohn beschert Djokovic feuchte Augen
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Novak ganz emotional:Sohn beschert Djokovic feuchte Augen

Günthardt über die beiden Punkte, die die Tennis-Welt veränderten
Djokovic hat den Mythos des Unfehlbaren verloren

Carlos Alcaraz hat im Wimbledon-Final die letzte Barriere durchbrochen. Sein Triumph über Novak Djokovic ordnet die Tenniswelt neu, sagt Blick-Tennisexperte Heinz Günthardt.
Publiziert: 18.07.2023 um 00:16 Uhr
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Heinz GünthardtBlick-Kolumnist

Der Wimbledon-Final 2023 läuft, wie sich das Novak Djokovic und Millionen von Tennisfans vorgestellt haben. Novak spielt fehlerfrei auf im ersten Satz, dominiert den nervösen Carlos Alcaraz nach Belieben und gewinnt ihn mit 6:1. Nicht unerwartet, gestaltet sich der zweite Satz ausgeglichener. Nach je einem Service-Durchbruch finden sich die beiden im Tiebreak wieder. Zwar gelingt es Alcaraz, einen 0:3-Rückstand auszugleichen, aber Djokovic kommt als Erster zu einem Satzball. Der Aufschlag des Spaniers ist retourniert, der Serbe steht gut, spielt eine Rückhand – und der Ball bleibt im Netz hängen. Und nichts ist mehr so, wie noch vor wenigen Sekunden. Bei 6 beide passiert ihm dasselbe gleich nochmals. Wieder ist es eine ganz normale Rückhand, wieder landet sie im Netz. Einfach so, fast aus dem Nichts.

Im Prinzip hat ein Punkt mit dem anderen nichts zu tun. Schliesslich beginnt jeder Ballwechsel mit einem Aufschlag. Das Einzige, was zwei Ballwechsel verbindet, ist allenfalls ein erhöhter Puls und die Erinnerung an den Ballwechsel zuvor. Entsprechend wichtig ist, in welchen Gemütszustand mich diese Erinnerung bringt. Denn was ist schon die Realität? Im Tennis mache ich mir die Realität grösstenteils selber.

Fehlerfreier Djokovic in Paris

Bei den French Open spielte Novak Djokovic insgesamt 55 Punkte in Tiebreaks, ohne einen einzigen ungezwungenen Fehler zu begehen. Kein Wunder, wirkte die Konkurrenz in wichtigen Augenblicken verunsichert. Schliesslich spielten sie nicht nur gegen den vielleicht besten Spieler aller Zeiten, sie spielten auch gegen den Mythos des unfehlbaren Djokovic in wichtigen Momenten.

Ein Wimbledon-Final für die Geschichte: Carlos Alcaraz (l.) entthront Novak Djokovic.
Foto: Getty Images
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Dieser Mythos war der Grund, weshalb Djokovic so viel gewonnen hat. Weil er selbst daran glaubte, weil die Konkurrenz daran glaubte. Doch in diesem Wimbledon-Final ist dieser Mythos verschwunden. Der Unterschied zwischen Djokovic und Alcaraz ist weg – jetzt bewegen sich die beiden auf Augenhöhe.

Im Grundsatz war dies – was die Schläge und die Physis betrifft – auch schon im Paris-Halbfinal der Fall. Dort hat Djokovic aber noch vom Gefühl der Überlegenheit gelebt. Alcaraz scheiterte daran. Nun hat der junge Spanier diese Barriere in Wimbledon durchbrochen. Es waren die genannten zwei Punkte im Tiebreak, welche die Tennis-Welt veränderten. Das Rennen für die US Open ist neu lanciert.

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