Martina Hingis wird Bielerin
«Ich habe keine Zeit zu vergeuden»

Sie ist eine lebende Legende. Nun leiht Martina Hingis (36) dem WTA-Turnier in Biel ihr Gesicht. Ihr Hunger auf Trophäen und Erfolge bleibt dennoch ungebrochen.
Publiziert: 25.11.2016 um 08:50 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 02:54 Uhr
Sie hat Frauen-Tennis in der Schweiz einst gross gemacht – Martina Hingis.
Foto: PETER SCHNEIDER
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Simon Häring und Marc Ribolla

BLICK: Martina Hingis, hier findet in fünf Monaten ein Turnier statt. Was haben Sie für einen Eindruck?
Es ist noch eine Baustelle, ein Rohbau. Darum ist es noch schwierig, sich das vorzustellen. Aber die Pläne zeigen es: die Infrastruktur ist super, der Centre Court mit 2500 Zuschauern ist sehr heimelig. Die Vorfreude ist riesig.

Können Sie sich noch erinnern, wann Sie das letzte Mal ein Turnier in der Schweiz gespielt haben?
Hmm... Das müsste 2007 in Zürich gewesen sein.

Es war 2006...
(Lacht)... Ja, es ist zehn Jahre her, das ist eine lange Zeit. Also in der Hälfte meiner Sportlerkarriere. Es fühlt sich schon ein wenig wie ein anderes Leben an, so lange wie das jetzt schon her ist. Ich erinnere mich aber auch noch an das erste Mal in Zürich, als ich 1994 mit 14 Jahren mein erstes Turnier bei den Grossen spielen durfte.

Macht das die Vorfreude noch grösser?
Sicher! Es ist fast ein Muss, ein solches Turnier in der Schweiz zu haben, weil wir hier momentan so viele gute Spieler haben. Es ist zwar in einem kleinen Rahmen, dafür richtig gemacht. Lieber klein, aber fein.

Welchen Bezug haben Sie zu Biel?
Als Kind habe ich hier einmal bei den Schweizer Meisterschaften gespielt. Aber wenn ich ehrlich bin, kann ich mich nicht mehr daran erinnern. Damals war ich noch ein kleiner Pfüdi. (lacht). Darum freie ich mich, diese Region kennenzulernen. Auf eine Führung durch die Stadt oder eine Fahrt mit der Fähre. In anderen Städten gibt es das nicht. Für ein Turnier ist es ein Bonus, wenn sich nicht immer alles um Tennisplätze dreht. 

Künftig sollen hier auch Fed-Cup-Partien ausgetragen werden. Ist die Halle mit ihren 2500 Zuschauern dafür nicht etwas zu klein?
Wenn man gegen Frankreich spielt wie jetzt, ist das sicher so. In der Schweiz ist das eben so: Alle sind immer sehr vorsichtig. Von der Mentalität her geht der Schweizer nicht so gerne grosse Risiken ein. Zürich zum Beispiel ist sehr verwöhnt, es gibt sehr viele andere Angebote. Du musst dem Publikum wirklich etwas bieten, das ist nicht so einfach.  Auf dem Land ist es manchmal fast einfacher – wie damals in Sion im Fed Cup. 

Was rechnen Sie sich im Fed Cup aus, nachdem die Schweiz zuletzt im Halbfinal gegen Seriensieger Tschechien knapp ausgeschieden war?
Bei den Jungen geht sehr viel, das ist schön zu sehen. Rebekka Masarova zum Beispiel hat eine schöne Zukunft vor sich, denke ich. Viktorija Golubic hat einen unerwarteten und erstaunlichen Schritt gemacht. Die beiden Jahre im Fed-Cup-Team haben ihr geholfen. Früher war sie eher zurückgezogen, jetzt glaubt sie mehr an sich. Im nächsten Jahr kann sie es in die Top 30 schaffen. Für sie spricht, dass sie über sich hinauswachsen kann.

Sie haben ein sehr erfolgreiches Jahr hinter sich, was waren die Höhepunkte?
Silber bei den Olympischen Spielen mit Timea, klar. Weil das so unerwartet kam. Die Erfolge mit Sania (Mirza, d. Red.) Grand-Slam-Turniere zu gewinnen, sich für Singapur zu qualifizieren – der Weg bis dahin war klar durch das Jahr zuvor. Wir wussten, dass wir gut sind. Aber dass wir diese Medaille in Rio geholt haben, war unerwartet.

Wo haben Sie ihre Medaille aufbewahrt?
Gleich beim Eingang in einer Holzschachtel, an einem speziellen Platz also.

Wie schwierig war es für Sie, dass mit Roger Federer und Belinda Bencic ihre beiden Doppel-Partner für die Olympischen Spiele abgesagt haben?
Ich konnte es nicht beeinflussen. Ich habe dann sofort Timea angerufen und habe mich sehr gefreut, dass sie zugesagt hat. Als wir uns in Rio das erste Mal getroffen haben, spürte ich auch sofort, dass sie sich auch darauf gefreut hat.

Und dann haben Sie sich in einen Rausch gespielt....
Wir haben uns mehr und mehr gefunden und gesteigert. Von dem her war es ein super Erlebnis. Eines, das uns für immer verbinden wird. Durch den Fed Cup und Rio ist die Beziehung noch intensiver und enger geworden.

Wie ist der Kontakt mit Timea Bacsinszky heute?
Durch den Fed Cup ist der in den letzten zwei Jahren immer intensiver geworden. Das sind doch zwei, drei Wochen im Jahr, in denen wir gemeinsam trainieren und wir treffen uns auch bei Turnieren. Durch Rio ist die Beziehung natürlich noch enger geworden. Die Silbermedaille ist immer noch sehr präsent und bald sind ja die Sports Awards.

War es für Sie ein Thema, mit Roger Federer beim Hopman Cup zu spielen?
Nein, weil ich dort ja Einzel spielen müsste und ich spiele nicht mehr Einzel.

Wie planen Sie für das nächste Jahr?
In Sydney und Melbourne spiele ich mit Coco Vandeweghe. Viel weiter kann und will ich nicht planen. Man muss realistisch sein: Wenn es läuft, ist es gut, wenn nicht, muss man die Konsequenzen ziehen. Das war bei Sania der Fall.

Bei Ihrer Doppel-Partnerin geniesst das Einzel Priorität ...
Mit Coco lief es in China auch nicht so, wie wir uns das vorgestellt hatten. Es waren zwei Spiele, die wir hätten gewinnen sollen. Jetzt haben wir uns gesagt, dass wir diese beiden Turniere spielen und dann weiterschauen.

Geniessen Sie es, nicht zu weit vorauszuplanen?
Ich mache das nicht zum Plausch. Ich habe keine Zeit zu verschwenden und Coco auch nicht. Dazu bin ich auch zu sehr vom Erfolg verwöhnt und zu realistisch. Wenn es nicht mehr stimmt, muss man Konsequenzen ziehen.

Hat es Sie verletzt, dass behauptet wurde, dass es zwischen Ihnen und Sania Mirza auch menschlich nicht mehr stimmte?
Es waren sportliche Gründe, die dazu geführt haben. Wir ver­stehen uns weiterhin gut und bleiben gute Freunde. Es ist verständlich, wenn nach den Gründen gefragt wird, und ich gebe dann eine Antwort. Für mich ist das gar kein Problem.

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