Rosset über seinen Goldcoup von 1992 und seine Tennis-Leidenschaft
«Habe in meinem Leben nie gearbeitet»

Marc Rosset spielte sich vor 32 Jahren zu Sensationsgold in Barcelona. Jetzt kehrt das olympische Tennisturnier erstmals seit seinem Exploit auf die Sand-Unterlage zurück – in Roland Garros.
Publiziert: 27.07.2024 um 14:10 Uhr
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Aktualisiert: 28.07.2024 um 16:10 Uhr
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Marco PescioReporter Sport

Marc Rosset zuckt mit den Achseln, schmunzelt und sagt dann: «Ich bin halt ein Sportverrückter!» Der 53-jährige Genfer freut sich wie ein kleines Kind auf die Olympischen Spiele – für ihn wird der Grossanlass in Paris zum Riesenfest vor dem TV: «Einmal alle vier Jahre kommt das Zeug, das man sonst nie zu sehen bekommt. Tischtennis, Badminton, solche Dinge. Aber das ist einfach toll!»

Es sei nicht das Tennis, das er sich über all die Jahre am meisten reingezogen habe: «Klar, natürlich habe ich mir die Partien von Roger Federer, Belinda Bencic und Co. angeschaut. Doch während der Olympischen Spiele hat bei mir anderes Priorität. Die Leichtathletik-Bewerbe zum Beispiel. Ich finde es fantastisch, das zu verfolgen.»

Drama im Hexenkessel

Rosset ist immer noch verzaubert von der Olympia-Magie, die er einst selbst erleben durfte – und die ihn 1992 gar zum überraschenden Olympiasieg in Barcelona trug. Der 2,01-Meter-Aufschlagriese ist der letzte Spieler, der Gold auf Sand gewann. Seither fand kein olympisches Tennisturnier mehr auf dieser Unterlage statt. Bis jetzt. Denn ab Samstag öffnet die schmucke Anlage von Roland Garros ein zweites Mal in diesem Jahr, nach dem Grand-Slam-Turnier von Ende Mai, ihre Tore. Diesmal im Olympia-Gewand.

Marc Rosset kann es nicht glauben: Er gewinnt im Alter von 21 Jahren Olympiagold in Barcelona.
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Rossets Erinnerungen an den denkwürdigen Final gegen den Lokalmatadoren Jordi Arrese sind trotz der 32 Jahre Abstand immer noch frisch. Er fühlt immer noch die «spezielle Ambiance», in der sein Gegner die gesamte Unterstützung des Publikums hinter sich wusste. Alle gegen Rosset. Ein Nachteil? Nein, nicht für den Romand: «Die Fans waren gegen mich – aber ich liebte es! Das hat mir am Ende geholfen, es gab mir die nötige Portion zusätzliche Motivation.»

Rosset gewann in fünf Sätzen (7:6, 6:4, 3:6, 4:6, 8:6), machte das katalanische Drama perfekt und sorgte gleichzeitig für einen helvetischen Jubeltag. Es war die einzige Schweizer Medaille an den Sommerspielen 1992.

«Novak hat richtig Bock darauf»

Olympiagold im Tennis-Einzel. Das gelang nach Rosset auf eidgenössischer Seite nur Belinda Bencic (27), 2021 in Tokio. In Roger Federers (42) Karriere klaffte diese Lücke bis zum Ende seiner Profilaufbahn. Genauso wie bislang bei Novak Djokovic (37), der sein Palmarès in Paris endlich vervollständigen möchte. Rosset findet auch deshalb, dass das Olympia-Turnier nicht mehr derart im Schatten der Major-Events stehe wie früher: «Es ist zum fünften Grand Slam geworden. Ich bin der Meinung, dass der Stellenwert des Olympiasiegs klar gestiegen ist. Novak ist aktuell das beste Beispiel dafür, er hat richtig Bock darauf.»

So viel Bock etwa, wie Rosset auf Olympia hat. Auch, weil es möglicherweise zum letzten Mal Rafael Nadal (38) in Roland Garros zu sehen gibt. Und zwar nicht nur im Einzel, sondern auch im Superstar-Doppel an der Seite von Carlos Alcaraz (21). Und, weil es auch zwei andere Oldies noch einmal auf olympischer Ebene wissen wollen: Stan Wawrinka (39) und Andy Murray (37), für den es überhaupt das allerletzte Turnier seiner Laufbahn sein wird und der dieser Tage noch mehr im Fokus steht.

Bei Rosset verhält sich seine Vorfreude auf die Spiele so, wie er auch zu seinen Jobs steht: Er ist mit Leidenschaft dabei und er kann sich die Freiheit nehmen, nur das zu tun, was ihm zusagt – ob als TV-Experte bei RTS oder als Mitorganisator des ATP-Turniers in Genf. Er sagt von sich: «Ich habe in meinem Leben noch nie gearbeitet.»

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