Tennis-Denkerin Andrea Petkovic über die Rivalität von Federer und Nadal
«Ich habe es euch vor fünf Jahren schon gesagt»

Andrea Petkovic hat ihre Karriere nach den US Open beendet. Die ehemalige Top-10-Spielerin spricht mit Blick über ihre literarische Sicht auf die Federer/Nadal-Rivalität und wie sie die den Tennis-Kalender umkrempeln würde.
Publiziert: 13.10.2022 um 20:39 Uhr
Sven Micossé

Andrea Petkovic, die ehemalige Top-10-Spielerin, hat ihre Karriere nach den US Open beendet. Ihr Leben neben dem Court hat sie aber bereits aufgegleist. Seit Jahren ist sie als Moderatorin und Kolumnistin tätig. Ihre zweite grosse Leidenschaft – die Literatur – brachte sie dazu, im Sommer 2020 ihr erstes Buch zu veröffentlichen: «Zwischen Ruhm und Ehre liegt die Nacht». Blick trifft die 35-Jährige im Atelier von Maurice de Mauriac. Petkovic ist Botschafterin der neu lancierten Uhr L3 Cherry Blossom, um auf den Brustkrebsmonat Oktober aufmerksam zu machen.

Andrea Petkovic, Sie schreiben in ihrem Buch auch über die Rivalität von Roger Federer und Rafael Nadal. Sie vergleichen diese mit der Sprache von zwei Liebenden. Das Bild, wie die beiden beim Laver Cup Händchen hielten, ging um die Welt. Haben Sie den Nagel auf den Kopf getroffen?
Als ich das gesehen habe, dachte ich: «Ich habe es euch vor fünf Jahren schon gesagt, aber auf mich hört ja keiner.» In meinem Buch ist fast ein ganzes Kapitel der Rivalität zwischen den beiden gewidmet. Ich finde, dass wir alle bei Rivalitäten versuchen, die Unterschiede auszumachen. Aber eigentlich haben Rivalen ganz viele Gemeinsamkeiten.

Welche sehen Sie bei Federer und Nadal?
Roger und Rafa haben beide krasse sportliche Werte vertreten – egal wie unterschiedlich sie gespielt haben. Ich fand, diese Werte waren immer sehr, sehr ähnlich. Ich glaube, dass sie sich jetzt zum Ende der Karriere sehr viel näher gekommen sind.

Andrea Petkovic posiert in Zürich mit ihrem Buch «Zwischen Ruhm und Ehre liegt die Nacht»
Foto: Sven Micossé
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Haben Sie das auch bei sich gemerkt?
Ja, Angelique Kerber ist beispielsweise eine meiner engsten Freundinnen und als dieser letzte Prozentpunkt an Rivalität weg war, waren wir noch näher als vorher.

Vor Kurzem hat Iga Swiatek ihre Teilnahme beim Billie Jean King Cup in Glasgow abgesagt, weil es sich fast mit den WTA Finals in Texas überschneidet.
Ich war so froh, dass sie das gesagt hat. Weil wir es alle so sehen, aber nur ganz wenige von uns haben die Macht, die man als Nummer eins oder Dominatorin der Tour hat. Bei den anderen sagt man schnell, dass sie nicht klar kämen mit dem Tour-Leben oder es nicht aushalten würden. Deswegen ist es super wichtig, dass jemand, der die Tour dominiert, es sagt. So wird den Verantwortlichen klar, dass es dem Körper sehr viel abverlangt.

Was ist das Schwierigste an der Reiserei?
Die Zeitzonen-Wechsel. Im Sportler-Leben ist die Regeneration ganz wichtig und der Schlaf ist ein grosser Teil davon. Bei vielen Zeitzonen-Wechseln kommst du so durcheinander, dass du nicht mehr richtig schlafen kannst. Es ist, als ob jeden Tag etwas mehr vom Stein abgemeisselt wird und irgendwann ist nur noch ein kleines Ding da. Dann denkt man, dass man mental angeschlagen sei, aber in Wirklichkeit hat man nie richtig gut geschlafen.

Denken Sie, dass es sich einmal ändern wird?
Ab 2024 soll es weniger Turniere geben und die sollen dafür länger sein – so 10 bis 14 Tage. Das ist schon mal ein toller Schritt. Das Problem beim Tennis ist, dass man fünf Tage an einem Ort ist und dann an den nächsten muss. Die Verlängerung der Turniere zerrt das auseinander. Man kann sich einen Tag ausruhen.

Ein erster guter Schritt – wie würden Sie es fortführen?
Ich habe immer gesagt, wenn ich die Tour mit einem Zauberstab neu machen könnte, würde ich sie nach Region machen. Der erste Teil des Jahres ist in der Region Asien-Pazifik, der zweite Teil dann Amerika oder Europa. Damit es klar abgetrennt ist. Das Reisen gehört zum Tennis und dass wir weltweit funktionieren, ist unsere Stärke. Wenn man die Regionen aber stärker aufbauen könnte, wäre für die Spielerinnen sehr förderlich. Das ist aber die Wunschvorstellung.

Als aktive Spielerin werden Sie es nicht mehr erleben. Wie geht es Ihnen nach Ihrem Rücktritt?
Ich habe erwartet, dass es sauschlimm wird, weil ich Tennisspielen noch mochte. Das Training, den Wettkampf, aber bei mir hat der Körper nachgelassen. Ich wollte nicht mehr auf diese Weise spielen. Denn dazu bin ich, glaube ich, zu stolz. Ich wollte richtig spielen und trainieren können.

Sie sagten einst, dass sie nach ihrem Rücktritt in ein Tief fallen würden. War die Sorge unbekümmert?
Ich bin gespannt, wie es in den nächsten Wochen wird. In den ersten vier Wochen, nachdem ich aufgehört habe, habe ich alle möglichen Termine wahrgenommen. Die nächsten Wochen will ich es ruhiger angehen. Denn ich denke, es ist wichtig, durch diese Gefühle zu gehen.

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