Nicola Spirig (39) erinnert sich an ihre vier bisherigen Olympia-Teilnahmen
«Silber in Rio war noch schöner als Gold in London»

Nicola Spirig (39) wird in Tokio zum fünften Mal an Olympischen Spielen teilnehmen, in Japan strebt sie ihre dritte Medaille an. Für SonntagsBlick liess sie ihre früheren Olympia-Erlebnisse Revue passieren.
Publiziert: 19.07.2021 um 10:53 Uhr

Athen 2004

«Meine ersten Olympischen Spiele. Ich war damals 22 Jahre jung, und mein Ziel war einfach nur die Qualifikation. Ich habe mich riesig gefreut, als ich die Kriterien erfüllt hatte – es durften damals nur zwei Schweizer Triathletinnen nach Athen reisen. Es war für mich wirklich ein Grosserfolg, Olympionikin zu werden! Entsprechend ging ich ohne grosse Erwartungen in den Wettkampf. Ich wurde 19. und fand das sehr gut, zumal ich vorher noch eine Stressfraktur am Schienbein erlitten hatte. In Athen ging es für mich vor allem darum, Erfahrungen zu sammeln und die Spiele zu geniessen. Eine dieser wunderschönen, wertvollen Erlebnisse war, mich mit den Besten austauschen zu können.»

Peking 2008

«Es waren schon die zweiten Spiele, die ich mit meinem Partner und heutigen Mann Reto Hug erleben durfte. Wir haben es beide sehr genossen, uns zusammen vorzubereiten, viele Reisen zu unternehmen und gemeinsam solche speziellen Olympia-Erfahrungen zu machen – ein Privileg!

2008 ging ich indes meine ersten Spiele mit dem neuen Trainer Brett Sutton an. Davor hatte ich 15 Jahre lang mit meinem Vater trainiert, was eine super Zeit war. Aber ich wusste, wenn ich nochmals einen Schritt weiter machen und künftig um Medaillen kämpfen wollte, bräuchte es ein noch konsequenteres Training. Mein Vater wäre schlicht zu lieb gewesen, um mich genügend zu pushen. Ich wusste, dass in Peking eine Medaille möglich, aber eine spezielle Konstellation dafür nötig gewesen wäre. Die traf aber nicht ein – ich wurde Sechste und war mit dem Diplomrang unter den Umständen sehr zufrieden.»

Im Ziel von Athen im Jahr 2004 wird Nicola Spirig 19. Besonders schön war für sie aber, dass sie die Siegerin Kate Allen umarmen durfte.
Foto: Blicksport
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London 2012

«Ich wurde Olympiasiegerin! Etwas, das nur ganz, ganz wenige Menschen von sich sagen können. In London aufs Podest zu steigen und die Nationalhymne zu hören, war ein unbeschreibliches Gefühl. Zunächst war da diese riesige Erleichterung, dass all die Arbeit und die vielen, vielen Gedanken, die wir uns in der Vorbereitung gemacht hatten, jetzt vorbei waren und sich gelohnt haben. Dann war da der Stolz, dass alles so gut aufgegangen ist. Und die grosse Dankbarkeit – denn so viele Menschen haben mir dabei geholfen, dass ich letztlich auf diesem Podium stehen durfte.»

Weil ich im Schlusssprint so unglaublich knapp vor der Schwedin Lisa Norden gewann, haben diesen Olympiasieg alle – nicht nur ich – wohl so tief in Erinnerung behalten. Es ist sehr eindrücklich, wie viele Menschen damals auf mich zu kamen und sagten, wo sie dieses Rennen sahen, ob in den Ferien oder in einer Bar, wo sie ein TV-Gerät fanden, wie sie Gänsehaut hatten, aufspringen mussten vor Spannung. Zu sehen, dass es auch für andere ein eindrücklicher Moment war, ist sehr schön. Und natürlich bleibt dieser Sieg auch für mich für immer von unglaublicher Bedeutung. Lisa Norden und ich fielen im Ziel in die Arme. Das zeigt, was für ein freundschaftliches Verhältnis wir Triathletinnen ausserhalb des Wettkampfs haben. Wir kämpfen gegeneinander – und danach ist die Konkurrenz wie weggeblasen, und wir gönnen uns den Erfolg.»

Rio 2016

«Die bislang letzten Spiele zeigen am besten auf, wie verschieden alle vier Olympia-Erlebnisse für mich gewesen sind. Von der jungen Aussenseiterin in Athen über Peking, wo ich zum erweiterten Kreis der Top-10-Athletinnen zählte, gings nach London, wo ich akribisch vorbereitet anreiste und eine Medaille, am liebsten die goldene, gewinnen wollte.

Dann kam Rio – noch einmal was ganz anderes: Ich war jetzt Mami, mein ganzes Leben wurde umgekrempelt. Ich war Titelverteidigerin, da ist man auf einmal die Gejagte, was schwierig ist. Und zu all dem hatte ich mir in der Zeit davor die Hand gebrochen, wodurch wir nochmals die ganze Vorbereitung umstellen mussten. Diese drei Umstände haben es mir nicht einfach gemacht, und doch ist mir der Wettkampf von Rio wirklich gut in Erinnerung. Weil ich glücklich sein durfte mit meinem Rennen. Gwen Jorgensen rannte schneller als ich und gewann Gold. Aber ich hatte alles gegeben, alles versucht und den zweiten Platz verdient. Mit Silber war ich happy.

Was diese Medaille noch schöner und emotionaler als Gold gemacht hat: Ich konnte sie teilen mit meinem Sohn Yannis, meinem Mann Reto, meinem Vater, der mich an alle Olympischen Spiele begleitet hat, und mit vielen guten Freunden, die mich von 2004 bis 2016 an die Spiele begleitet haben. Für ihre bedingungslose Unterstützung bin ich wahnsinnig dankbar. Sie alle haben einen grossen Teil von meinen Medaillen mitgewonnen.»

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