«Unsere Kinder sollen keine Triathleten werden»
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Nicola Spirig zu Rücktritt:«Unsere Kinder sollen keine Triathleten werden»

Triathlon-Olympiasiegerin Nicola Spirig tritt ab
Neun Hundertstel machten sie unsterblich

Triathletin Nicola Spirig hört Ende 2022 auf. Die Zürcherin wird als eine der grössten Schweizer Sportlerinnen in die Geschichte eingehen.
Publiziert: 07.04.2022 um 00:56 Uhr
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Aktualisiert: 07.04.2022 um 07:49 Uhr
Jetzt ist Schluss: Nicola Spirig verkündet ihren Rücktritt per Ende Saison.
Foto: keystone-sda.ch
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Emanuel Gisi

Die Liste ist kurz, die Namen sind gross: Christine Stückelberger, Brigitte McMahon und Hélène de Portales sind lange die einzigen Schweizer Olympiasiegerinnen bei Sommerspielen. Bis der 4. August 2012 kommt und sich Nicola Spirig (40) im Londoner Hyde Park ein Herz fasst. Vier Athletinnen liegen im Olympia-Rennen kurz vor dem Ziel gleichauf, als Spirig den Sprint anzieht.

Jetzt geht es um die Medaillen. Einzig die Schwedin Lisa Nordén (37) kann mithalten, schiebt sich auf den letzten Metern wieder heran. Es kommt zum Millimeter-Krimi! Am Schluss ist es Spirig, die sich hauchdünn vor ihrer Gegnerin ins Ziel wirft – neun Hundertstel entscheiden für die Frau aus dem zürcherischen Bachenbülach. Spirig ist Olympiasiegerin!

Ein Unterschied, ob Olympia-Gold oder nur Silber

Es ist der Moment, in dem sich Spirig als Sportlerin unsterblich macht. «Es ist schon ein Riesenunterschied bei Olympia, ob man Erste oder Zweite ist», wird sie später im Blick sagen. Verrückt: Im grössten Augenblick ihrer Karriere weiss die Schweizerin nicht, ob sie gewonnen hat. Fünf Minuten dauert die Auswertung des Zielfilms. «Wir mussten uns, ohne zu wissen, wer gewonnen hat, für die Siegerehrung bereit machen, denn diese war acht Minuten nach dem Zieleinlauf geplant. Wir konnten nicht mit unserem Team reden. Die Gedanken waren völlig durcheinander.»

Vier Jahre später legt Spirig in Rio mit der Silbermedaille nach, insgesamt fünfmal nimmt sie bei Olympischen Spielen teil. Dazu kommen sieben EM-Einzeltitel und mehrere WM-Medaillen. Die Spiele von Tokio, die in einer leisen Enttäuschung enden, sind der letzte Grossanlass. Nun verkündet sie auf Ende 2022 das Ende ihrer grosse Laufbahn. «Ich hätte nicht mal zu träumen gewagt, dass ich meine Karriere so lange auf so hohem Niveau fortführen kann und ich bin unendlich dankbar, dass ich so viel Schönes erleben durfte», sagt Spirig.

Lieber Inspiration als Vorbild

Der grösste Dank gebührt Ehemann Reto Hug. Nur dank dem Ex-Weltklasse-Triathleten war es möglich, parallel zur Spitzensport-Karriere eine Familie zu gründen. Nach dem Olympiasieg in London wurde Spirig ein erstes Mal Mutter, mittlerweile ist die Familie zu fünft, Hug trägt in den letzten Jahren im Alltag die Hauptverantwortung für die Kinder, schmeisst im Familienunternehmen die Organisation.

Ob sie sich als Vorbild für Mütter sieht, die Kinder und Karriere in Extremform unter einen Hut bringen müssen? «Ich sehe mich eher als Inspiration für die, die es möchten», sagt sie. «Jede Mutter soll entscheiden können, wie viel sie arbeiten will oder ob sie bei den Kindern bleiben möchte.»

Training mit den Kindern

Letztere haben beim Rücktrittsentscheid übrigens nicht mitgeredet. «Die Kinder realisieren noch nicht ganz, was sich alles ändern wird», so Spirig. Klar ist: Künftig sind die Familienferien nicht mehr auf die Trainingslager der Mama ausgerichtet. Aber: «Ich werde immer noch trainieren. Ich kann mich den Kindern jetzt besser anpassen, mal mit ihnen zusammen laufen oder schwimmen gehen.»


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