Das passierte alles beim STV
Das Turn-Protokoll des Schreckens

Immer wieder macht der Schweizerische Turnverband Schlagzeilen mit Berichten über Coaches, die ihre Athletinnen mies behandeln. BLICK zeigt die Chronologie der letzten 18 Jahre.
Publiziert: 08.11.2020 um 11:39 Uhr
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Aktualisiert: 13.04.2021 um 16:51 Uhr
Emanuel Gisi

2002 Olga Bullert

Die Nationaltrainerin in der Rhythmischen Gymnastik (RG) wird nach zweieinhalb Jahren im Amt gefeuert. Wegen «Vertrauensbruchs zwischen der Trainerin und der Athletinnen», heisst es offiziell. Laut Athletinnen, die damals dabei waren, wendete die Deutsche Brutalo-Methoden an, lässt ihre Athletinnen zum Beispiel während der Trainings nicht trinken.

2007 Eric Demay

Der prominenteste Fall. Der Franzose ist sieben Jahre lang Cheftrainer der Schweizer Kunstturnerinnen. Er mobbt, terrorisiert, beleidigt seine Athletinnen, bezeichnet sie als «fett». Diese wehren sich irgendwann, wenden sich an den STV. Doch der stellt sich hinter Demay, streicht dem Team um Ariella Kaeslin zur Strafe sogar die Teilnahme an den Europameisterschaften2007. Als Chef Spitzensport verantwortlich: Ruedi Hediger. Er sagt damals dazu: «Im Turnen ist es nicht wie im Fussball, wo man einfach einen Schällibaum holen kann.» Kurz darauf fliegt Demay trotzdem raus. Hediger dagegen wird zum Geschäftsführer befördert. Sein Nachfolger als Spitzensport-Chef: Felix Stingelin.

2013 Heike Netzschwitz und Vesela Dimitrova

Die Nationaltrainerinnen der Rhythmischen Gymnastik quälen ihre Athletinnen auch körperlich: «Dimitrova schlug mich. Als ich weinte, stellte sie sich vor mir auf und sagte, ich solle gefälligst weitertrainieren», erzählt Ex-Gymnastin Lisa Rusconi im «Magazin». «Sie und Heike waren immer zusammen. Wie Zwillinge. Die Horror-Zwillinge.» Beide hätten sie geschlagen und gekniffen. Auch hier durften Athletinnen nicht trinken – oder während dem Training nicht aufs WC gehen. Nach einem Bericht von Boris Gojanovic, damals Chefarzt beim Bundesamt für Sport, werden die beiden Trainerinnen entlassen. Dimitrova bleibt aber nicht lange ohne Job: Die Bulgarin wird 2014 vom Regionalen Leistungszentrum (RLZ) Aargau als Kunstturntrainerin angestellt. Später wird Dimitrova dann sogar wieder RG-Nationaltrainerin – Bulgariens.

Kunstturnerin Lynn Genhart.
Foto: Keystone
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2020 Iliana Dineva

Im Juni 2020 prangern mehrere Athletinnen im BLICK die Methoden der RG-Cheftrainerin und Nationaltrainerin Aneliya Stancheva an. Sie seien gemobbt, terrorisiert und als «fette Kuh» bezeichnet worden. Das hinterlässt Spuren. «Sie hat blonde Locken. Eine Zeit lang zuckte ich jedes Mal zusammen, wenn ich auf der Strasse eine blonde Frau mit Locken sah», sagt eine Gymnastin, «weil ich dachte, es sei sie.» Das RLZ Biel informiert den STV bereits im Februar über weitere Vorfälle. Der STV reagiert erst nach den BLICK-Berichten, feuert die Trainerinnen. Felix Stingelin wird suspendiert. Nachdem zwei vom STV aufgetragene Untersuchungen keine Fehler beim Verband sehen, läuft derzeit eine dritte Untersuchung.

2020 Fabien Martin

Im «Magazin» berichten zwei Ex-Kunstturnerinnen, wie sie der amtierende Frauen-Nationaltrainer psychisch misshandelt haben soll. Eine der beiden, Lynn Genhart, spricht davon, dass sie in Magglingen depressiv wurde, gar an Suizid dachte. Martin ist noch im Amt. Die neue Ethikkommission des STV will den Fall untersuchen. Nach den jüngsten Enthüllungen geht Spitzensport-Chef Felix Stingelin «im gegenseitigen Einvernehmen». Geschäftsführer Ruedi Hediger ist weiterhin im Amt.

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