WM-Fünfte! Ein Sturz kostet Giulia Steingruber eine Medaille
Der verflixte Balken

Er heisst nicht umsonst das «Zittergerät». Am Balken verzittert Giulia Steingruber die Chance auf ihre erste WM-Medaille.
Publiziert: 29.10.2015 um 23:15 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 23:43 Uhr
Von Cécile Klotzbach

Die europäische Königin der Königsdisziplin wollte erneut Schweizer Geschichte schreiben. Die erste WM-Medaille für ihr Land im Mehrkampf gewinnen. «Alles kann passieren», hatte Giulia vage angekündigt. Gemeint war der ganz grosse Coup. Vielleicht aber hat sie insgeheim auch mit genau dem Szenario gerechnet, das gestern Abend im schottischen Glasgow ablief.

Es passiert am Balken. Schon wieder. Wie schon in der Qualifikation verpatzt die 21-jährige Ostschweizerin das gleiche Element und stürzt. Und wie schon in der Vorrunde turnt sie in allen anderen Disziplinen wie aus einem Guss. Nach einem perfekten Tschussowitina liegt sie auf Rang 2. Am Stufenbarren zeigt sie keine Höchstschwierigkeiten, aber eine fehlerlose Übung. Und nach dem verflixten Balken holt sie bei ihrer anspruchsvollen Darbietung am Boden das Maximum heraus. Das alles ergibt 57,333 Punkte gesamt – unwesentlich weniger als in der Quali (57,640).

Anders als in der Qualifikation turnen nur die stärksten Rivalinnen – und zwar besser. Gabrielle Douglas (2., USA), Larisa Iordache (3., Rum) und Shang Chunsong (4, China) steigern sich im Mehrkampf-Final allesamt markant. Nur die derzeitige US-Überturnerin Simone Biles wird mit über einem Punkt weniger bewertet. Der 1,45 m kleine, 18-jährige Turnfloh bleibt dennoch die Grösste: Mit ihrem dritten WM-Titel in Folge trägt sie sich im Geschichtsbuch der Rekorde ein.

Kein Eintrag in den Annalen für Steingruber, ihr bleibt Rang 5. Gemäss ihrem gestrengen Trainer Zoltan Jordanov ein sehr guter Rang 5. «Das Ziel sind die ersten sechs – mindestens», hatte der Ungar angekündigt. In Anbetracht der enormen Stärke der Konkurrenz hätte es wohl auch ohne Sturz vom Zittergerät nicht aufs Podest gereicht.

Sieben EM-Medaillen hat die Gossauerin schon gesammelt – auf weltumspannendem Niveau fehlt schlicht noch ein Schwierigkeitsgrad hier und da mehr.

Aber ausser an ihrer einstigen Paradedisziplin Sprung, wo sie seit 2013 im Ausgangswert stagniert, hat sich Giulia an allen Geräten markant gesteigert. In nur einem Jahr verbesserte sie sich seit der letzten WM im chinesischen Nanning (15. im Mehrkampf) als Allrounderin um zehn Plätze.

Hält diese Tendenz an – wer weiss, wozu Giulia bald fähig sein wird! Verewigt sie sich gar morgen (Sprung) und am Sonntag (Boden) in den Gerätefinals? Riesig sind ihre Chancen inmitten starker Spezialistinnen nicht. Die gute Nachricht: Der Schwebebalken bringt uns nicht mehr ins Zittern.

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