Übrigens – die SonntagsBlick-Kolumne
Frauen fahren Klub an die Wand

Das Beispiel FC Fribourg zeigt: Auch Frauen können Fussballklubs an die Wand fahren. Die Kolumne von Reporter Felix Bingesser.
Publiziert: 01.10.2023 um 19:34 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2023 um 20:25 Uhr
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Felix BingesserReporter Sport

Das Syndrom nennt sich im Fachjargon «Dunning-Kruger-Effekt». Es bezeichnet die Verzerrung im Selbstverständnis inkompetenter Menschen, das eigene Wissen und Können zu überschätzen.

Oder anders formuliert: Es fehlt vielen Menschen der Horizont und die Kompetenz, zu erkennen, dass sie eigentlich inkompetent sind. Und die Fähigkeit, sich selber zu hinterfragen. Das führt zu einer grossen und gefährlichen Selbstüberschätzung.

Beispiele gibt es viele. Bei Diktatoren, Kriegshetzern, Politikern, Präsidenten von grossen Sportverbänden. Weit verbreitet ist es auch im Fussball. Bis hinunter in den Amateurbereich.

Der FC Fribourg war in Frauen-Händen.
Foto: La Liberté
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Dort wursteln dann Leute, die ihr Klübli um jeden Preis in eine höhere Liga bringen wollen. Die Handgelder bezahlen, die abgetakelte Altstars verpflichten, die den Erfolg ihres Wirkens an der Ligazugehörigkeit der 1. Mannschaft messen.

Und vergessen dabei, was der gesellschaftliche Kernauftrag des Vereins ist. 160'000 Jugendliche spielen in der Schweiz Fussball. Es könnten noch mehr sein. Aber es gibt Wartelisten, Mädchen und Buben werden abgewiesen, weil die Infrastruktur nicht vorhanden ist oder es zu wenige Trainer gibt oder sie vielleicht zu wenig talentiert sind. Das Leistungsprinzip wird schon bei den Zehnjährigen strapaziert.

Wenn nicht jeder junge Mensch in diesem reichen Land in einem Verein Fussball spielen kann und eine Heimat findet, dann ist dies ein Totalversagen der Vereine und der Gemeinden. Und sorgt für Spannungen.

Wie jüngst im Aargau, wo ein Konflikt zwischen einem Spielervater und dem Klub eskaliert ist. Und das folgende Dorftheater vernebelt, was eigentlich der Kern des Problems ist. Die grossen Versäumnisse im Nachwuchsbereich.

In Zeiten steigender Jugendkriminalität und in Zeiten, in denen jede Schule mit der Betreuung renitenter oder verhaltensauffälliger Kinder an den Anschlag kommt, kann der Sport teilweise unterstützende Ventilfunktion haben. Und es gibt auch noch die betriebswirtschaftliche Seite: Ein einziger junger Mensch, den man über ein intaktes Vereinsleben vom Abdriften in Drogen und Kriminalität bewahren kann, bringt der Allgemeinheit mehr Einsparungen, als ein zusätzliches Trainingsfeld kostet.

Man könnte jetzt schlussfolgern, dass vielleicht mehr Frauen in die Führung von Vereinen eingebunden werden müssten. Aber hier kommt der traditionsreiche FC Fribourg ins Spiel. Dort hat mit grossem Tamtam die damals 34-jährige Eventmanagerin Magdalena Lauper den Verein zusammen mit fünf Weggefährtinnen übernommen. Die Frauen liessen sich im Trikot und in Stöckelschuhen ablichten und palaverten von einer grossen sportlichen Zukunft, wie in einer Reportage des Magazins «Zwölf» nachzulesen ist.

Der Vorstand kurvt in Klub-BMWs mit dem Fribourg-Logo durch die Stadt. Und fährt den Klub, der einst der obersten Liga angehörte und Cupfinalist war, komplett an die Wand.

Die Frauen sind abgetaucht, der Traditionsklub steht mit einer halben Million Franken Schulden am Abgrund. Der 75-jährige Ehrenpräsident muss nun die Scherben zusammenkehren.

Das Schicksal des FC Fribourg ist ein exemplarischer Fall vom Dunning-Kruger-Effekt.

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