Sauber entwickelte die Bob-Aerodynamik
Schweizer bauen für Olympia-Traum eigenen Schlitten

Swiss Sliding enthüllt sein neues Schlittenprojekt namens Neos in Flums SG. Der selber entwickelte und gebaute Bob soll die Schweiz wieder zur Bob-Nation machen. Toppilotin Melanie Hasler wird den Bob erstmals in Lillehammer testen.
Publiziert: 16:49 Uhr
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Aktualisiert: 16:51 Uhr

Auf einen Blick

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Präsentation am Saison-Kickoff von Swiss Sliding: Pilot Michael Vogt (l.) hat für den Bau des neuen Schlittens Inputs geliefert, Melanie Hasler (r.) wird den Zweierschlitten in Lillehammer erstmals testen.
Foto: Matthias Dubach
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Matthias DubachLeiter Reporter-Pool Blick Sport

Bisher war es ein diskret hinter den Kulissen vorangetriebenes Projekt, doch nun steht der neue Bob «Made in Switzerland» erstmals im grellen Scheinwerferlicht. Der Verband Swiss Sliding präsentiert am Saison-Kickoff in Flums SG sein Neos-Projekt. Der neue Zweierbob wird bedeutungsschwanger im Kunstnebel enthüllt.

Das Projekt soll mithelfen, die Schweiz wieder zu einer grossen Bob-Nation zu machen. Der erhoffte Vorteil des komplett in der Schweiz designten und gebauten Schlittens: bei der Materialschlacht im Eiskanal einen bedeutenden Vorteil gegenüber den anderen Nationen zu haben. Das Neos-Projekt wurde einst bereits im Hinblick auf die Olympischen Spiele 2022 aufgegleist, doch dann stockte die Finanzierung. Nun kam es dank kräftiger Finanzspritze von Peter Spuhler, mit seiner Bahnbaufirma Stadler Hauptsponsor von Swiss Sliding, im Hinblick auf die Spiele in Cortina/Mailand 2026 doch noch zur Weiterführung.

Viele namhafte Partner sind involviert

Indem Neos Teil des «Sports Innovation Hub» von Swiss Olympic wurde, ist auch das Bundesamt für Sport involviert. Dazu weitere namhafte Partner wie Swiss Ski, die Ruag und die Formel-1-Firma von Sauber. In Hinwil ZH wurde am Computer, mit dem sogenannten CFD-Verfahren, die Aerodynamik des Bobs herausgetüftelt. Der Bau selber obliegt der kleinen Firma Brasch Design in Einsiedeln SZ. Eine von nur fünf Firmen in der Schweiz, die industriell Karbon verarbeiten.

Dem nun präsentierten Zweierbob – der grosse Vierer-Schlitten soll bis März gebaut werden – sieht man seine Windkanalerfahrung an. Die Linienführung der Silhouette wirkt mutig und modern, die Aerodynamikwerte sind gemäss Swiss-Sliding-Geschäftsführer Roger Clavadetscher sehr vielversprechend.

Der Schlitten wurde in enger Zusammenarbeit mit Pilot Michael Vogt (26) entwickelt. Der schnellste Schweizer testete den Prototypen im Frühling auf mehreren Bahnen, war danach aber noch nicht sonderlich euphorisch. Das ist jetzt anders. Vogt zu Blick: «Wenn der Bob so schnell ist wie berechnet, hoffe ich schon, dass wir bald damit angreifen können. Es ist viel gegangen seit dem Frühling.»

Dass in den letzten Monaten neu auch der langjährige Schweizer Weltcup-Mechaniker Hans Strahm in der Entwicklung miteinbezogen wurde, war offenbar ein nicht unwesentlicher Punkt beim markanten Schritt nach vorne.

Weltcup-Debüt des Schlittens beim Saisonauftakt denkbar

Weil Vogt aber nach einer Bandscheiben-OP voraussichtlich erst wieder im Januar im Schlitten sitzen kann, wird nun Vogts Freundin Melanie Hasler (26) die erste Testfahrt absolvieren. Die schnellste Schweizerin fährt im Trainingslager in zwei Wochen in Lillehammer erstmals den Neos-Schlitten.

Die klare Ansage: Rast der Neubau wie erhofft rasant durch die Eisrinne, könnte Hasler schon beim Weltcup-Auftakt Anfang Dezember in Altenberg (D) den neuen Bob einsetzen. Die rechtzeitige Homologation des Weltverbands, ein üblicher Vorgang bei einem neuen Schlittenmodell, vorausgesetzt. Vogt sagt: «Wenn er wirklich schnell ist, dann wollen wir ihn auch möglichst schnell im Rennen einsetzen.» Der Hintergedanke: Dann bleibt vor dem Olympia-Winter 2025/26 trotz engem Zeitplan beim Neos-Projekt noch einige Zeit für die Weiterentwicklung.

Obs dann für den grossen Traum der ersten Schweizer Olympia-Medaille seit 2014 reicht? Bob-Grossmacht Deutschland wird der Massstab bleiben. Legende Francesco Friedrich etwa rüstete physisch nach: Mit Simon Wulff (23) holte Friedrich einen bisherigen Sprinter als Anschieber ins Team, der mit 2,06 Meter, über 100 kg und einer 100-Meter-Bestzeit von 10,06 Sekunden Traumzahlen mitbringt.

Bei den Schweizern hingegen fehlt mit dem im Februar lebensgefährlich verunfallten Sandro Michel (28) der schnellste Anschieber bis auf Weiteres, Vogt hat einen Problemrücken. Immerhin steht bei den Frauen mit Nadja Pasternack (28) die schnellste Schweizerin nach ihrer Babypause wieder fürs Hasler-Team bereit.

Denn auch der Neos-Bob muss möglichst schnell angeschoben werden, damit er seine mutmasslich starke Aerodynamik überhaupt ausspielen kann.

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