So tickt Rekordjäger Francesco Friedrich
Nach Schicksalsschlag startet Bob-Schumi durch

Da kann die einstige Bob-Nation Schweiz neidisch werden. Mit Francesco Friedrich (30) fährt ein Deutscher im Eiskanal alles in Grund und Boden. Der «King of Bob» über Spitznamen, Ziele, Geld, den schweren Unfall seines Bruders und Gäste-Bobfahren als Dating-Plattform.
Publiziert: 06.02.2021 um 11:19 Uhr
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Aktualisiert: 17.03.2021 um 14:53 Uhr
Matthias Dubach

BLICK: Wären Sie lieber Schweizer statt Deutscher?
Francesco Friedrich: Ihr habt zwar ein schönes Land. Aber ich fühle mich in meiner Heimat sehr wohl. Warum fragen Sie?

Als Seriensieger in einer ur-schweizerischen Sportart wären Sie bei uns längst ein nationaler Sportheld.
Natürlich gibts in Deutschland einige Sportler, die populärer sind. Aber ich bekomme auch einige Anerkennung. In meiner Heimat Sachsen bin ich sehr bekannt. In anderen Landesteilen sicher weniger, aber Deutschland ist ein grosses Land.

Zu Übernamen wie «Bob-Schumi», «Friedrich der Grosse» und «King of Bob» hat es ihnen ja schon mal gereicht.
Das nehme ich mit einem Schmunzeln zur Kenntnis, bilde mir darauf aber nichts ein.

Der Mann mit den Pokalen: Francesco Friedrich räumt im Eiskanal alles ab.
Foto: imago images/Sammy Minkoff International
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Sie gewinnen praktisch jedes Rennen. Warum fahren Sie so viel besser Bob als ihre Gegner?
Es gibt kein Geheimnis. Wir arbeiten sehr hart in allen Bereichen. Beim Start, im athletischen Bereich und beim Material. Mein Team ist eine super Gruppe, jeder ist extrem ehrgeizig und will sich immer weiter verbessern.

Wünschen Sie sich mehr Konkurrenz?
Es wäre sicher schön, wenn wieder mehr Nationen und mehr Teams dabei wären. Es ist kein gutes Zeichen, dass im Europacup früher 50 Bobs dabei waren und nun noch zwischen 20 und 30. Auch im Weltcup waren es früher mehr. Deshalb engagieren wir uns auch stark für unseren Sport, damit er den Status behält, den er verdient (Deutschland engagiert sich bei Projekten in anderen Nationen, Friedrich selber unterstützt den österreichischen Piloten Beni Maier, d.Red.).

Sehen Sie unseren Michael Vogt in Zukunft als ernsthafte Konkurrenz?
Er ist ein guter Pilot, er ist oft auch unten raus noch gut dabei und hat diese Saison starke Rennen gezeigt, wie in Sigulda (drei Vogt-Podestplätze in vier Rennen, d.Red.).

Seit ihrem EM-Titel im Vierer haben Sie nun alle möglichen Titel gewonnen. Ihnen gehen die Ziele aus!
Nein, der Ehrgeiz ist weiterhin hoch. Wir wollen beide Titel bei den Olympischen Spielen verteidigen, das hat in der Bob-Geschichte noch kein Team geschafft. Das zeigt, wie schwierig das ist, denn jede Nation arbeitet auf Olympia hin. Diesmal kennen wir noch nicht mal die Bahn in Peking, weil das Testrennen diesen Winter abgesagt wurde.

Das ist ganz anders bei der WM. Die findet erneut auf ihrer Hausbahn Altenberg statt wie vor Corona geplant in Lake Placid.
Das ist sicher nicht schlecht für uns. Aber ich wäre sehr gerne in Lake Placid gefahren, denn dort fehlt mir noch ein Sieg. Nun wird die WM dort erst in drei oder vier Jahren stattfinden.

Werden Sie mit ihren Seriensiegen reich?
Jetzt mit den Erfolgen lebe ich gut, auch wenn ich keine Millionen verdiene. Man muss aber dazu sagen, dass einiges auch wieder ins Material investiert wird. Es gibt sicher Sportler, die deutlich mehr verdienen, aber eben auch viele, die viel weniger haben. Da bin ich im guten Mittelmass und bin sehr zufrieden damit.

Unsere Schweizer müssen im Sommer in normalen Berufen arbeiten. Sie auch?
Ich bin zwar Bundespolizist, bin aber bis zum Rücktritt freigestellt für den Sport. Ich habe die Grundausbildung gemacht und muss jährlich zum Wiederholungskurs, wo auch das Schiessen dazu gehört.

Meinhard Nehmer, der 80-jährige deutsche Ex-Olympiasieger, sagte kürzlich, dem heutigen Bob-Sport fehle wegen den Sicherheitsvorkehrungen die Action und das Spektakel. Sie langweilen ihren Vorgänger!
Diese Meinung hört man immer wieder von den älteren Generationen, ich teile sie aber nicht. Wenn man sieht, wie wir um jede Hundertstel kämpfen, wie wir am Start Rekorde hinlegen und in der Bahn jeder Fehler entscheiden kann, ist das Sport auf höchstem Niveau. In Whistler fahren wir Weltrekord-Tempi von 150 km/h, das halte ich für reichlich spektakulär. Früher war es doch so, dass die Konkurrenz überschaubar war und der mit dem guten Material klar vorne war. Aber die Vergleiche sind schwierig. Jedes Jahrzehnt hatte seinen eigenen Reiz.

Sie sind als zweifacher Familienvater jeden Winter immer wieder wochenlang weg von daheim. Wie schwer fällt das?
Meine beiden Jungs machen einem das Wegfahren nicht leicht. Es ist schon hart zu wissen, dass man wieder zwei Wochen weg ist und meine Frau die ganze Arbeit daheim alleine machen muss. Dieses Jahr sind die Absenzen noch länger wegen den Coronatests, weil wir deshalb ein, zwei Tage früher anreisen müssen.

Wie gehen Sie als Vater mit der Gefahr um?
Man ist sich der Gefahr bewusst, die es vor allem im Vierer gibt. Im Zweier kann man es meistens noch retten. Die Gefahr ist Teil unseres Sports, doch meistens gehts glimpflich aus.

Aber nicht immer. Ihr älterer Bruder David lag drei Monate im Koma und brach sich nach dem Comeback einen Wirbel. Wie haben Sie das weggesteckt?
Ich war auch bei anderen schweren Unfällen an der Bahn dabei. Man muss es ausblenden können. Mir hilft in der Bahn die Routine. Die meisten Bahnen bin ich schon oft gefahren, das gibt mir Sicherheit.

Wie gehts heute ihrem Bruder?
Es ist alles in Ordnung. Er ist Skeleton-Trainer bei uns in Sachsen, er ist weiterhin stark mit dem Sport verbunden.

Bei den Friedrichs dreht sich das ganze Leben um den Eiskanal: Sie haben sogar ihre Frau beim Gäste-Bobfahren kennengelernt. Das Speed-Dating der anderen Art?
(lacht) Ihr Vater hatte einen runden Geburtstag, deshalb gabs eine Fahrt als Geschenk. Aber wir hatten uns schon zuvor flüchtig gekannt.

Bob-WM: Vogt auf Medaillenkurs!

Am ersten Tag der WM in Altenberg glänzen die Schweizer Zweierbob-Piloten. Bei Halbzeit nach den ersten zwei Läufen liegen Michael Vogt und Anschieber Sandro Michel auf dem dritten Zwischenrang. Mit nur 0,05 Sekunden Rückstand auf die zweitplatzierten Deutschen Lochner/Franke sind alle Medaillen-Träume intakt. Wenn auch Gold für den führenden neunfachen Weltmeister und Titelverteidiger Francesco Friedrich gebucht sein dürfte.
Erfreulich ist auch das Zwischenresultat von Simon Friedli und Anschieber Andreas Haas. Das Duo ist mit Platz 5 noch stark im Rennen.

Am ersten Tag der WM in Altenberg glänzen die Schweizer Zweierbob-Piloten. Bei Halbzeit nach den ersten zwei Läufen liegen Michael Vogt und Anschieber Sandro Michel auf dem dritten Zwischenrang. Mit nur 0,05 Sekunden Rückstand auf die zweitplatzierten Deutschen Lochner/Franke sind alle Medaillen-Träume intakt. Wenn auch Gold für den führenden neunfachen Weltmeister und Titelverteidiger Francesco Friedrich gebucht sein dürfte.
Erfreulich ist auch das Zwischenresultat von Simon Friedli und Anschieber Andreas Haas. Das Duo ist mit Platz 5 noch stark im Rennen.

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