«Noch heute Albträume vom Eiskunstlauf»
Sarah van Berkels Leben nach den Pirouetten

Am 4. Mai wird die ehemalige Eiskunstläuferin 40 Jahre alt. Dankbar blickt die Bülacherin auf ihr bisheriges Leben zurück. Sie sagt: «Ich bin mehr als privilegiert.»
Publiziert: 04.05.2024 um 13:42 Uhr
|
Aktualisiert: 04.05.2024 um 13:45 Uhr
Aurelia Robles, GlücksPost
Glückspost

Sie kommt zu spät, kann ihre Schlittschuhe nicht mehr binden oder startet an der WM, im Wissen, dass sie nichts mehr kann. «Ich träume noch heute vom Eiskunstlaufen, meist sind es tatsächlich Albträume», meint Sarah van Berkel lachend. Dabei sind schon 13 Jahre seit ihrem Rücktritt als Profi vergangen. Zum Abschluss hat die achtfache Schweizermeisterin im Eiskunstlauf ihre Karriere 2011 an den Europameisterschaften in Bern mit dem Sieg gekrönt. «Ich war damals die älteste Teilnehmerin. Zu meiner Zeit gehörte man schon mit 20 zu den Älteren.» Sarah van Berkel, damals noch Meier, hört «erst» mit 26 Jahren mit dem Profisport auf. Am 4. Mai feiert sie nun ihren 40. Geburtstag. «Ich finde es toll, dass Paarläuferin Deanna Stellato-Dudek gerade die älteste Weltmeisterin in der Geschichte des Eiskunstlaufs geworden ist – und auch 40 ist.»

Obwohl es möglich ist, das zeige ihr auch Denise Biellmann (61), kann sich Sarah van Berkel keine Rückkehr vorstellen. Zwar lief sie nach ihrer Karriere noch jahrelang an Shows wie «Art on Ice» mit, aber mit 34 war dann definitiv Schluss. «Ich bin so glücklich mit meinem jetzigen Leben, dass ich es mir nicht einmal überlege. Für ein Show-Comeback müsste ich Eiskunstlauf wieder zum Beruf machen, was ganz klar auf Kosten meiner Familie gehen würde.» Nur, wenn sie zwei-, dreimal im Jahr für sich aufs Eis gehe, blitze kurze Neugier auf, welche Sprünge und Figuren mit etwas Training wohl doch noch möglich wären. «Und mir fehlt, dass ich meine Gefühle nicht mehr auf dem Eis ausdrücken und interpretieren kann.»

Mehr im «Glückspost»-Newsletter

Dieser Artikel wurde erstmals in der «Glückspost» veröffentlicht. Mehr aus der Welt der Schweizer Prominenz, Royals und Sportstars erfährst du immer montags in unserem Gratis-Newsletter! Zur Anmeldung

Dieser Artikel wurde erstmals in der «Glückspost» veröffentlicht. Mehr aus der Welt der Schweizer Prominenz, Royals und Sportstars erfährst du immer montags in unserem Gratis-Newsletter! Zur Anmeldung

Mehr

Fokus auf die Familie

Nach ihrer Profikarriere wollte Sarah van Berkel erst studieren, «wohl Sport», tat es aber nicht. «Ich fand, dass ich als 30-Jährige nicht zu all den 18-Jährigen passe, die alle an einem anderen Punkt im Leben stehen als ich», erinnert sie sich. «Ein blöder Gedanke. Ich finde es schade, wenn man sich wegen des Alters selbst limitiert. Trotzdem bereue ich den Weg, den ich gegangen bin, nicht.»

Sarah van Berkel kann sich kene Rückkehr aufs Eis vorstellen.
Foto: Philippe Rossier
1/6

Ihre Laufbahn abseits des Eises führte sie stattdessen in den Journalismus. Mehrere Jahre arbeitete sie als Sportredaktorin, ist bis heute auch als SRF-Expertin im Einsatz. Mittlerweile ist sie selbständig und hat verschiedene Standbeine. Unter anderem wirkt sie bei Art on Ice als Managerin der Schweizer Eiskunstläufer Kimmy Repond (17) und Lukas Britschgi (26) und unterstützt das Beach-Volleyball-Duo Anouk Vergé-Dépré (32) und Joana Mäder (32) in der Medienarbeit. «Über die Selbstvermarktung und die sozialen Medien musste ich als Sportlerin noch nicht nachdenken», sagt Sarah van Berkel. Generelle Ratschläge für Nachwuchstalente hat sie nicht, weil jede Situation individuell sei. «Ausser, dass es wirklich nie zu spät ist», sagt sie. «Und ich glaube fest daran, dass es irgendwann aufgeht, wenn man alles gibt. Das Glück vom Tüchtigen, im richtigen Moment zu gewinnen.»

Zweifaches Mami

Den grössten Teil ihres Lebens nimmt heute ihre eigene Familie ein. Seit 2018 ist sie mit dem ehemaligen Profi-Triathleten und Ironman-Sieger Jan van Berkel (38) verheiratet. Im Januar 2020 kommt Sohn Tim zur Welt, im August 2022 Sohn Noè. «Ich wollte immer eine Familie haben, am besten zwei Kinder, und finde es einfach nur schön, dass es geklappt hat.» Für das Paar – beide sind mit einer Schwester aufgewachsen – ist klar: «Wir möchten keine weiteren Kinder.»

Die Übergänge von der Profi-Karriere in die normale Berufswelt sowie zum Muttersein verliefen für Sarah van Berkel relativ geschmeidig. «Besonders in die Mutterrolle bin ich sanft gekommen. Tim kam kurz vor der Corona-Pandemie zur Welt, der Alltag war daher ruhig.»

Noch zeigt ihr Vierjähriger – Sarah war in diesem Alter bereits im Eiskunstlaufkurs – kein Interesse an ihrem Sport. «Aber Jan und ich würden unsere Kinder unterstützen und ihnen auch wünschen, dass sie so eine grosse Leidenschaft in ihrem Leben haben, wie wir sie erfahren durften.» Beide hätten sie über drei Jahrzehnte lang etwas gehabt, das sie über alles liebten und nie in Frage gestellt haben. «Wir hatten beide auch sehr gute Karrieren. Dies sagen zu können, ist schön.»

Der Papi ist strenger, sie macht sich mehr Sorgen

Als Familie sind sie oft gemeinsam in Bewegung, «also meist in Fortbewegung mit dem Velo», sagt van Berkel. Als Mutter sei sie weniger streng als ihr Mann, dafür besorgter. «Im Sport hat man oft das Gefühl, es gehe um Leben und Tod, was in Wahrheit nicht so ist», sagt sie. «Als Mutter kenne ich nun andere Gefühle, habe Ängste und Sorgen, dass den Kindern etwas passiert. Mit Noè war ich schon oft im Spital, wenn auch eher mit Kleinigkeiten.» Dennoch sei es ihr wichtig, ihren Kindern Freiheiten zu lassen, ihnen zu helfen und den Söhnen nicht einen bestimmten Weg vorzugeben. «Ich möchte ihnen zeigen, dass meine Liebe nicht an irgendwelche Bedingungen geknüpft ist.» Nur etwas gibt es in der Familie van Berkel nicht. «Aufgeben, ohne es versucht und nochmals und immer wieder versucht zu haben.»

Mit 40 ist Sarah van Berkel in der Mitte des Lebens angekommen. Mit Blick auf ihre Familie und ihre Karriere sei sie genau da, wo sie sein möchte. «Ich fühle mich mehr als privilegiert und schätze, wie wir leben können.» Ihren runden Geburtstag wird sie denn auch feiern – kinderlos mit Freunden in einer Bar tanzend. Für ihr weiteres Leben hat sie keine Träume offen, wenn, dann einen Wunsch. «Ich bin jemand, der immer einen Plan braucht. Ich wünsche mir die Fähigkeit, mehr durchatmen und den Moment geniessen zu können.» Irgendwann klappt das bestimmt, denn aufgeben gilt ja nicht.

Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Liebe Leserin, Lieber Leser
Der Kommentarbereich von Blick+-Artikeln ist unseren Nutzern mit Abo vorbehalten. Melde dich bitte an, falls du ein Abo hast. Noch kein Blick+-Abo? Finde unsere Angebote hier:
Hast du bereits ein Abo?