«Ich kann schon schwimmen, komme aber nicht vorwärts»
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Cologna im Sommer-Interview:«Ich kann schon schwimmen, komme aber nicht vorwärts»

«Es war enttäuschend»
Cologna spricht erstmals über Doping-Ärger um Service-Mann

Dario Cologna (33) hat die geplante Auszeit minim gehalten und gibt Vollgas, um wieder zum Siegläufer zu werden. Hilft die Wut im Bauch? Der Doping-Skandal um seinen Service-Mann hat ihn sauer gemacht.
Publiziert: 30.06.2019 um 21:01 Uhr
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Aktualisiert: 23.01.2020 um 11:27 Uhr
Im BLICK-Interview: Dario Cologna spricht am Davosersee über die alte und neue Saison.
Foto: Swiss-Image
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Stefan MeierLeiter Desk Sport

Dario Cologna, Sie haben als Treffpunkt das Strandbad Davos vorgeschlagen. Der Ort, an dem Sie am meisten Zeit verbringen derzeit?
Dario Cologna: Nicht unbedingt, ehrlich gesagt.

Aber die Zeit sollten Sie ja haben. Nach dem Ende der letzten Saison, haben Sie eine Auszeit angekündigt.
Die war dann doch nicht so extrem. Ich habe im April Pause gemacht. Die war etwas ausgeprägter als in den letzten Jahren, aber nicht viel. Ich habe halt gemerkt, dass die Motivation und die Freude da sind und dann wieder losgelegt. Aber ja, der April war sehr ruhig.

Wie haben Sie diese Freiheit genutzt?
Weil es lange viel Schnee hatte, war ich viel auf den Langlauf-Ski. Es waren auch Ferien dabei und verschiedene Sponsoren-Anlässe. Ausserdem war ich viel Firnen. Das heisst ich war mit den Langlauf-Ski auf der gefrorenen Tiefschnee-Decke und habe so Abfahrten gemacht. Bis Ende Mai war der Flüelapass noch zu. Zum Firnen war es perfekt. Das habe ich sehr genossen. Das ist schon auch Training, aber viel mehr einfach frei bewegen. Das kann man nur im Frühling machen. Wenn der Schnee genug alt ist, die Nächte klar sind und die Oberfläche am Morgen gefroren ist.

Ist es Ihnen so gelungen, den Kopf zu lüften?
Ja, ich finde schon. Ich bin gut wieder eingestiegen, hatte Freude. Das Problem hatte ich eh nie, dass die Freude fehlt. Aber wenn man viele Jahre dabei ist, tut es nach dem Winter schon jeweils gut, auf andere Gedanken zu kommen.

Wie holen Sie sich die Motivation nach einem schwierigen Winter und nach so vielen Jahren?
Es ist nach wie vor die Freude an dem, was ich mache. Ich sehe es als grosses Privileg, diesen Beruf auszuüben – und zwar nicht einfach so ein bisschen. Die Ziele sind nach wie vor gross und damit kommt auch die Motivation, Gas zu geben. Ich will nicht einfach weitermachen, um meine Karriere etwas zu verlängern.

Sie wollen wieder ein Siegläufer werden.
Ja. So lange ich laufe, will ich die Ambitionen haben, um Rennen zu gewinnen. Wieder zum Seriensieger zu werden, wird schwierig. Aber einzelne Rennen – auch wichtige – will ich nach wie vor gewinnen.

Mittlerweile sind Sie wieder voll im Training?
Ja, eigentlich schon. Ich brauche das, es ist mein Job. Ein Weile lang in den Tag hinein zu leben, ist schön. Aber es tut gut, die Trainingsstrukturen wieder zu haben.

Zwei Monate einfach nichts zu machen können Sie gar nicht?
Nein, eher nicht, da muss ich erst aufhören, bis ich das mal mache.

Sie waren zuletzt in der Sierra Nevada im Höhentrainingslager. Ein neuer Weg, den Sie gehen?
In dem Rahmen war das neu. Wir waren wirklich zwei Wochen weg und wohnten dort oben. Das habe ich so noch nie gemacht im Juni.

Eine Konsequenz aus der letzten, enttäuschenden Saison?
Ja. Es ging darum, neue Reize zu setzen. Ich kann viele Stunden trainieren, aber die Höhe gibt eine zusätzliche Belastung. Auch im Hinblick auf Olympia 2022. Die Wettkämpfe in Peking werden relativ hoch oben stattfinden.

Auch im Krafttraining haben Sie sich neu aufgestellt. Sie trainieren zweimal in der Woche auch ausserhalb von Swiss Ski.
Ich wollte etwas komplett Neues. Ich trainiere in Balzers beim «Rotor-Team» von Marco Büchel und Micha Eder. Es gibt dort aber auch viele Swiss-Ski-Athleten wie die Skicrosser oder Tina Weirather. Ich wollte etwas Neues machen für die Motivation, für den Kopf. Das Krafttraining macht nicht immer Spass. Wenn man einen neuen Bereich kennenlernt und die Komfortzone verlässt, hilft das. Früher war es einfach ein Teil vom ganzen Training. Jetzt gehe ich dorthin und der Fokus liegt voll auf dem Krafttraining.

Sie trainieren jetzt aber nicht mit Tina Weirather?
Nein. Die Skifahrer trainieren oft in der Gruppe, weil die Anforderungen für alle gleich sind. Sie sind meistens am Morgen dort und ich trainiere dann Nachmittags alleine mit Trainer Micha Eder eins zu eins.

Die letzte Saison beendeten Sie ohne Podestplatz. Wie lange haben die Enttäuschungen an Ihnen genagt?
Zu nagen hatte ich daran nicht lange. Ich habe einfach geschaut, was wir besser machen müssen. Die Ziele waren hoch und es hat immer etwas gefehlt. Es machte rückblickend den Eindruck, dass nach der Olympiasaison alle etwas müde waren. Betreuer wie auch Athleten. Es hat ein bisschen was gefehlt und wir probieren nun, den Fokus wieder mehr reinzubringen.

Es war Ende Saison auch offen, wie oft man Sie nächsten Winter im Weltcup sieht. Die Variante Langdistanz-Rennen stand zur Debatte.
Primär sehe ich mich im Weltcup. Es kann sein, dass ich ein oder zwei Langdistanzrennen mache. Aber die Tour de Ski und die neue Skandinavien-Tour haben sicher Priorität.

Den grossen Schock erlebten Sie in den Ferien auf Mauritius. Ihr Service-Mann wurde wegen der Doping-Affäre von Seefeld verhaftet und verhört. Was ging Ihnen als Erstes durch den Kopf?
Ich war sicher geschockt. Es hiess einfach: «Der Service-Mann von Cologna...» und das hat sich dann so durchgezogen. Aber er war vorher acht Jahre bei einer Ski-Firma im Zirkus unterwegs und hatte von daher Verbindungen zu vielen anderen Athleten, wenn man die herstellen will.

Wie gross war Ihr Ärger?
Es war enttäuschend. Und es war ärgerlich, dass Swiss Ski ihn gerade letzten Winter angestellt hat, obwohl das Schweizer Team nichts damit zu tun hatte. Ich bin froh, dass das schnell offiziell bestätigt wurde, sonst hätte es noch viel mehr Gerüchte gegeben.

Kam seine Verhaftung für Sie aus heiterem Himmel?
Ja sicher. Klar, wir wussten dass er Österreicher ist. Und dass er dann die im Doping-Skandal erwischten Dopingsünder wie Johannes Dürr kennt, ist ebenfalls klar. Ich kenne auch alle Schweizer, die mit der relativ überschaubaren Langlauf-Welt zu tun haben. Aber an eine Verbindung zu Doping hätten wir bei ihm auch nach Seefeld nie gedacht. Für uns war das sehr überraschend.

Hat er jemals das Gespräch aufs Thema Doping gelenkt bei Ihnen?
Nein, gar nicht.

Wurden Sie selbst zu ihm mal befragt?
Nein.

Mittlerweile ist er nicht mehr bei Swiss Ski, sein Vertrag wurde nicht verlängert. Ein Verlust?
Nein, die Frage stellt sich gar nicht. So eine Verbindung will man nicht haben im Umfeld. Da ist klar, dass da nicht verlängert wird. Er hatte ein grosses Fachwissen, darum hat Swiss Ski ihn geholt. Aber letztlich war er letzten Winter dann gar nicht viel vor Ort aus privaten Gründen. Und die Saison war ja auch nicht super, darum schaue ich vorwärts und hoffe, dass wir da eine gute Lösung finden.

In einem Sport, der ständig mit Doping in Verbindung gebracht wird, ist es schwierig oder unmöglich jemandem zu vertrauen. Wie schaffen Sie das mit Ihrem Umfeld?
Wenn möglich, arbeite ich immer mit Leuten zusammen, die ich schon lange kenne. Aber man kann jede Rolle hinterfragen. Grundsätzlich sehe ich es so: Ein Servicemann ist da, die Ski zu machen so gut wie möglich. Ich denke da bei keinem ans Thema Doping und welche Verbindungen sie zu gewissen Leuten haben. Aber wenn sich dann so etwas herausstellt, geht es gar nicht.

Noch kurz ein anderes Thema: Als Wintersportler sind Sie vor allem Kälte gewöhnt. Wie sehr leiden Sie bei der aktuellen Hitze?
Es geht. Ich kann gut mit sehr kalten Temperaturen umgehen und mit sehr heissen. Aber klar, bei über 30 Grad zu trainieren in der Sonne ist nicht sehr angenehm. Aber hier oben in den Bergen ist es ja zum Glück etwas angenehmer. Wenn es in der Nacht nicht mehr abkühlt, dann finde ich es nicht mehr so schön. Das schätze ich hier, es hilft auch bei der Erholung.

Wie kühlen Sie runter?
Ein Sprung in den Davosersee hilft. Im Ernst, ich bin dann mehr im Wasser, kühle mich ab. Ich finde es aber schön, wenn wir Sommer haben hier. Zum rausgehen und trainieren ist es schöner, wenn die Sonne scheint als wenn es regnet.

Worauf müssen Sie im Training besonders achten?
Man schwitzt mehr, muss gut trinken und vielleicht nicht gerade in der grössten Hitze trainieren. Ich bin diese Woche auf die Rollski um fünf Uhr Abends. Die Rollen sind aber gar nicht gut gelaufen, der Teer war zu warm. Es hat geklebt, das war schon extrem.

Wie oft liegen Sie in der Badi?
Ich wohne in der Nähe und komme zwischendurch her und springe in den See. Bei diesen Temperaturen natürlich öfter. Auch ein Glace gehört auch dazu. Das tut gut um etwas abzukühlen.

Also sind Sie eher der aktive Badi-Typ, der nicht den ganzen Tag auf dem Badetuch liegt?
Wenn ich in die Badi gehe, dann um kurz ins Wasser zu springen. Ich geniesse es zwar auch gern. Aber das mache ich dann doch eher zuhause auf dem Balkon.

Wie ist Ihr Verhältnis zu diesen grossen Gummi-Einhörnern oder -Flamingos, die so trendy sind?
Es macht Spass darauf zu sitzen, kommt aber schon eher selten vor. Als Bergler bin ich nicht so der Wassertyp, bleibe eher am Rand und gehe nur rein, um kurz abzukühlen.

Wie gut können Sie schwimmen?
Eben nicht sehr gut. Ich kann schon schwimmen, komme aber nicht so gut vorwärts.

Wo schwimmen Sie am liebsten? Im See, im Pool oder im Meer?
Am liebsten gar nicht, aber am einfachsten ist es im Pool. Also schon am ehesten dort.

Welches ist ihr bester Trick vom Sprungbrett?
Gross auftrumpfen kann ich da nicht. Aber so einen Salto vom Sprungbrett würde ich wohl schon hinbringen.

Dario Cologna persönlich

Dario Alonzo Cologna ist der erste Schweizer Langlauf-Olympiasieger und -Weltmeister. Viermal Olympiagold hat er schon. Dazu kommen 4 Triumphe im Gesamtweltcup und 4 Siege bei der Tour de Ski. Ausserdem war er Schweizer des Jahres 2012 und Schweizer Sportler des Jahres 2013.

Der 33-Jährige ist im Val Müstair GR aufgewachsen, wohnt aber seit Jahren in Davos GR, zusammen mit seiner Freundin Laura Bucher. Von seinen Freunden wird er wegen seines zweiten Vornamens «Lönzi» genannt.

Dario Alonzo Cologna ist der erste Schweizer Langlauf-Olympiasieger und -Weltmeister. Viermal Olympiagold hat er schon. Dazu kommen 4 Triumphe im Gesamtweltcup und 4 Siege bei der Tour de Ski. Ausserdem war er Schweizer des Jahres 2012 und Schweizer Sportler des Jahres 2013.

Der 33-Jährige ist im Val Müstair GR aufgewachsen, wohnt aber seit Jahren in Davos GR, zusammen mit seiner Freundin Laura Bucher. Von seinen Freunden wird er wegen seines zweiten Vornamens «Lönzi» genannt.

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