FIS verschiebt Fluor-Verbot
Cologna & Co. laufen weiter mit Gift am Ski

Am Wochenende startet der Langlauf-Weltcup. Es bleibt dabei giftig unter den Latten. Das vieldiskutierte Fluor-Verbot wird von der FIS aus Angst vor Sabotage und falschen Tests verschoben.
Publiziert: 26.11.2020 um 16:29 Uhr
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Aktualisiert: 04.12.2020 um 09:35 Uhr
Stefan Meier

Eigentlich wollte die FIS den Langflauf-Sport entgiften. Ab der Saison 2020/21 sollte eine Fluor-Nulltoleranz gelten. Die hochgiftigen Stoffe sollten von den Ski-Laufflächen verschwinden. Doch kurz vor dem Start in die Saison verschiebt der Weltverband sein Vorhaben.

Das Problem mit dem Fluor: Seit den 80ern geht im Langlauf eigentlich nichts ohne. Die Fluor-Kohlenstoff-Verbindungen im Skiwachs erhöhen die Gleitfähigkeit bei höheren Temperaturen. Doch mit ihnen klebt halt eben auch Gift am Ski.

Die verwendeten Verbindungen sollen Organe schädigen, die Zeugungsfähigkeit beeinflussen, und sie stehen im Verdacht, krebserregend zu sein. Ausserdem belasten sie die Umwelt. Rückstände werden vom Ski auf die Loipe übertragen. Mit dem Schnee sickert das Fluor in den Boden und schliesslich bis ins Grundwasser.

Damit es gleitet, brauchts das richtige Wachs. Das Problem: Viele Stoffe, die Langläufer wie Dario Cologna an ihren Ski-Laufflächen haben, sind hochgiftig.
Foto: keystone-sda.ch
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Besonders gefährlich sind die Verbindungen mit viel Kohlenstoff, sogenannte C8-Verbindungen. Die EU verbietet diese Form seit 2020.

FIS preschte vor

Andere Verbindungen, also C6 und tiefer, bleiben bei der EU vorläufig erlaubt. Doch die FIS wollte in dieser Umweltfrage eine Vorreiterrolle spielen und eine Fluor-Nulltoleranz einführen. Der Widerstand der nationalen Verbände ist aber letztlich zu gross. Im Oktober wurde entschieden, mit der Regeländerung mindestens ein Jahr zu warten. Sämtliche Wachse, die den EU-Richtlinien entsprechen, bleiben erlaubt.

Der Entscheid ist ganz im Sinn von Swiss Ski. Der heutige Nordisch-Direktor Hippolyt Kempf wetterte letztes Jahr gegen die aus seiner Sicht überstürzte Neuregelung. «Das Verbot kommt viel zu früh», sagte Kempf.

Angst vor Sabotage und fehlerhaften Tests

Das Problem von ihm und von vielen Mitstreitern ist die mit einem Fluor-Verbot einhergehende Unsicherheit. Wie wird getestet? Wie wird Sabotage verhindert? Wie wird verhindert, dass Rückstände auf den eigenen Ski landen? Es sind nur einige der Fragen.

Die FIS hat festgestellt, dass die entwickelten Tests noch zu ungenau und fehlerhaft. Man will nun den Winter nutzen, um ein solides Testverfahren zu entwickeln und die Fairness ab kommender Saison zu gewährleisten.

Auch der Biathlon-Weltverband IBU will nach dem gleichen Fluor-Fahrplan verfahren.

Cologna würde bis nach Olympia 2022 warten

Bei Swiss Ski würde man am liebsten noch weitergehen und mit dem Fluor-Verbot bis nach den Olympischen Spielen 2022 warten. «Das wäre die vernünftigste Lösung und wünschenswert», ist auch Dario Cologna überzeugt. «So müsste man nicht das ganze Fachwissen in einer Olympiasaison auf den Kopf stellen.» (sme)

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