Kälte-Horror bei Langlauf-Rennen im Engadin
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Mehrere Amputationen drohen
Kälte-Horror bei Langlauf-Rennen im Engadin

Langlauf-Rennen bei minus 28 Grad – eine heikle Angelegenheit. Mehrere Läufer erleiden beim «La Diagonela» im Engadin schwere Erfrierungen.
Publiziert: 23.01.2021 um 08:55 Uhr
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Aktualisiert: 30.01.2021 um 12:16 Uhr

Michael Eklöf leidet im Moment. Nach dem Langlauf-Rennen «La Diagonela» in der Schweiz fürchtet er, seinen grossen Zeh zu verlieren. «Die Verletzung ist sehr schwerwiegend. Die Ärzte wissen nicht, ob es möglich sein wird, den Zeh zu retten», sagt er gegenüber dem norwegischen TV-Sender NRK.

Der Schwede erleidet eine Nekrose, was heisst, dass das Gewebe abstirbt. «Er verrottet von innen nach aussen. Es tut schrecklich weh. Ich kann nicht einmal meine Schuhe anziehen, ich liege einfach zu Hause.»

«Meine Hand war wie Stein»

Eklöf steht exemplarisch für mehrere Langläufer, denen die eiskalten Temperaturen letzten Samstag beim Ski-Marathon über 65 Kilometer mit Start und Ziel in Zuoz GR zum Verhängnis wurden. Der Deutsche Patrick Ottilinger etwa fürchtet nach dem Auftakt in die Marathon-Serie «Ski Classics» um zwei Finger. Die Schwedin Britta Norgren muss mit Erfrierungen an den Füssen ins Spital. Auch Andreas Nygard, der das Rennen 2019 gewann, musste operiert werden. Der Norweger liegt mit dick einbandagierten Fingern im Krankenbett.

Die Eiseskälte macht den Langlauf-Profis bei der «La Diagonela» das Leben schwer. Der Ski-Marathon rund um Zuoz sorgt für zahlreiche Erfrierungen – auch beim einstigen Sieger Andreas Nygaard.
Foto: Instagram
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Ottilinger berichtet, dass er den Ski-Marathon auf halber Strecke beendet habe. Schmerzen in den Händen spürt er dabei nicht. «Aber als ich mit einer Hand die andere berührte, wurde mir klar, dass sie wie Stein war. Als würde man Kopfsteinpflaster berühren. Und die Hand war komplett weiss.» Ottilinger klagt darum die Organisatoren an. «Wir brauchen in solchen Situationen die Hilfe der Organisatoren», sagt er.

Temperaturen stürzten auf minus 28 Grad

Mit ihm plädieren einige dafür, dass das Rennen nicht hätte stattfinden dürfen. Als Sportler wolle man konkurrieren, sagt Eklöf. Er brauche in dem Moment die Organisatoren, die ihn bremsen.

Die Regeln der Ski-Serie besagen gemäss NRK, dass ab einer Temperatur von unter minus 25 Grad auf dem grössten Teil der Strecke das Rennen abgesagt oder verschoben werden muss. Doch vor dem Start wurde an drei Stellen gemessen, die Temperaturen lagen bei -22, -17 und -13 Grad. Im Rennen sei sie dann aber sogar auf minus 28 Grad gefallen, berichtet NRK.

Rennleitung hat Sportler gewarnt

Gegenüber «SRF» verteidigt sich die Renn-Jury. Am Abend vor dem Rennen sei die extreme Kälte im Captain’s Meeting thematisiert worden. Es wird ausnahmsweise zusätzliche Überziehkleidung erlaubt, auch wenn das die Startnummern abdeckt. Die Läufer werden angehalten, sich gegen die Kälte zu schützen: «Mit allen zur Verfügung stehenden Hilfsmitteln.»

Es sind auch nicht alle Betroffenen, welche die Verantwortung auf die Organisatoren schieben. Nygard schreibt zum Beispiel klipp und klar, dass seine Verletzungen «selbstverschuldet» seien. (sme)

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