«Ich fühlte mich wie ein gehetztes Tier»
Skisprung-Legende Sven Hannawald packt über Burnout aus

Sven Hannawald hat als Skispringer einen Erfolg nach dem anderen gefeiert. Bis sein Körper nicht mehr mitmachte. Er blickt zurück auf den emotionalen Entscheid, seine Karriere zu beenden.
Publiziert: 18.10.2022 um 00:08 Uhr
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Aktualisiert: 18.10.2022 um 05:30 Uhr

In seiner Karriere hat Sven Hannawald (47) viel erreicht. Der ehemalige Skispringer gewann 2002 als erster Athlet die Vierschanzentournee mit Siegen in allen vier Wettbewerben, wurde zweimal Skiflug-Weltmeister (2000 und 2002) und Team-Olympiasieger (2002).

Doch dann zwang die Diagnose Burnout den Deutschen zum Rücktritt.

Das Ganze habe schleichend begonnen. «Meinem Körper habe ich Pausen gegönnt, aber in meinem Kopf ging es 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche ums Skispringen», sagt Hannawald in der «Apotheken Umschau». War ein Wettkampf vorbei, habe er schon an den nächsten gedacht.

Sven Hannawald blickt auf sein emotionales Karrierenende zurück.
Foto: Instagram/sven_hannawald
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Symptome wie Pfeiffersches Drüsenfieber

Irgendwann wurde es zu viel. 2003 plagten ihn Symptome wie beim Pfeifferschen Drüsenfieber, er war ständig schlapp. Kein Arzt konnte helfen, es war zum Verzweifeln.

Besonders schlecht ging es ihm während den Ferien 2004. «Ich konnte die Ruhe um mich herum kaum aushalten, fühlte mich wie ein gehetztes Tier. Innerlich war ich erstarrt.» Wieder daheim ging er zum Arzt für Psychosomatik – die richtige Entscheidung. «Der sprach eine halbe Stunde mit mir – und hatte eine sehr eindeutige Diagnose», so Hannawald. Burnout. «Eine totale Erlösung».

Schnell hatte die Skisprung-Legende einen Plan, wie es weitergehen sollte. Behandlung in der Klinik und Tipps abholen, was zu ändern ist. Und in der folgenden Saison wieder voll angreifen.

«Der schwerste Tag meines Lebens»

Ein Plan, der nicht aufging. «Ich konnte in der Klinik gut abschalten», führt Hannawald aus. «Doch sobald ich nur an Skispringen gedacht habe, wurde mein Körper unruhig. Ich konnte nicht schlafen, war schweissgebadet.» Geholfen haben am Anfang Medikamente. Aber kaum aus der Klinik raus, kehrten Stress und extreme Unruhe zurück. Er sah nur noch einen Ausweg: Rücktritt.

«Mir war klar, wenn ich dieses Gefühl jetzt ignoriere, lande ich wieder in der Klinik», meint er rückblickend. Sein Körper habe klare Signale gesendet und er habe auf diese gehört. «Das war der schwerste Tag meines Lebens. Ich musste meine Liebe, das Skispringen gehen lassen.» 2005 beendete er seine Karriere.

Ein Hund sowie die Zweit-Karriere als Rennfahrer halfen ihm, zurück ins Leben zu finden. Dem Skispringen ist Hannawald trotz bitterem Ende treu geblieben. Er arbeitet heute als TV-Experte. (bir)

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