Kampf gegen Material-Schummel im Skispringen
Dieses neue System soll Anzugs-Debatte ein Ende setzen

FIS-Materialchef Christian Kathol treibt eine technische Neuerung voran, die wieder Ruhe in die seit Wochen heisse Anzugs-Diskussion im Skispringen bringen soll. Was kommt da auf die Sportart zu?
Publiziert: 28.02.2023 um 14:15 Uhr
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Marco PescioReporter Sport

Das brisante Anzugs-Thema spaltet die Skisprung-Elite. Nachdem ein aktiver Athlet gegenüber Blick happige Aussagen tätigte («Es betrügen praktisch alle, da muss ich mitziehen, sonst habe ich keine Chance») ist die Szene im Aufruhr. Es gibt auch Gegenstimmen, wie etwa aus Deutschland. Karl Geiger (29) lobte gar Kontroll-Boss Christian Kathol (57), indem er sagte: «Ich glaube, unser Kontrolleur hat eine Linie, die er verfolgt, einen roten Faden. Er hat eine Grenze, und ich würde nicht behaupten, dass es irgendwie abartig ist.»

So funktioniert der Skisprung-Bschiss

Wer im Skispringen weit fliegen will, der braucht viel Stoff – und das am richtigen Ort. «Dank wenigen Zentimetern mehr kann der Athlet bis zu zehn Meter weiter springen», erklärt Martin Künzle, der Schweizer Trainer. Ziel eines jeden Athleten ist es, den Schrittbereich voluminöser zu gestalten. Je mehr Stoff, desto stärker wirkt der Segeleffekt.

Ein aktiver Skispringer erklärte gegenüber Blick, wie er sich durch die Kontrolle schummelt: «Ich ziehe den Anzug nach oben, sodass an meinen Schultern vorübergehend deutlich mehr Stoff ist.» Damit dehnt er seine Beinlänge auf das geforderte Mass aus. Plus vier Zentimeter! Denn: «Das Ziel ist es, mit einer möglich kurzen Beinlänge springen zu können. Je kürzer die ist, desto voluminöser der Schritt.»

Wer im Skispringen weit fliegen will, der braucht viel Stoff – und das am richtigen Ort. «Dank wenigen Zentimetern mehr kann der Athlet bis zu zehn Meter weiter springen», erklärt Martin Künzle, der Schweizer Trainer. Ziel eines jeden Athleten ist es, den Schrittbereich voluminöser zu gestalten. Je mehr Stoff, desto stärker wirkt der Segeleffekt.

Ein aktiver Skispringer erklärte gegenüber Blick, wie er sich durch die Kontrolle schummelt: «Ich ziehe den Anzug nach oben, sodass an meinen Schultern vorübergehend deutlich mehr Stoff ist.» Damit dehnt er seine Beinlänge auf das geforderte Mass aus. Plus vier Zentimeter! Denn: «Das Ziel ist es, mit einer möglich kurzen Beinlänge springen zu können. Je kürzer die ist, desto voluminöser der Schritt.»

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Auch Kathol bringt kein Verständnis auf für die Aussage des anonymen Athleten, der sagte, er könne die Materialkontrolle «nicht ernst nehmen»: «Ich gebe ihm nicht recht, dass jeder über die Grenzen gehen muss. Ich kenne sehr viele Athleten aus allen Nationen, die alle penibel darauf achten, dass sie innerhalb der Grenzen bleiben.»

«Art der Kontrolle verändern»

Allerdings muss der Kärtner auch eingestehen: «Natürlich gibt es Springer, die darüber hinaus gehen.» Und genau diese hofft er nun, mit Änderungen in Reglement und Messmethode noch besser abfangen zu können. Er sagt gegenüber Blick: «Es ist ein Ziel von uns, die Art der Kontrolle zu verändern.»

Die FIS will es möglichen Anzug-Betrügern im Skispringen künftig schwerer machen.
Foto: keystone-sda.ch
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Die Zauber-Wortkombination lautet hier: 3D-System. Mit dieser Technik sollen die Skispringer künftig automatisch und präzise gemessen werden. «Neutraler und besser gehts nicht», so Kathol, der weiter ausführt: «Mit so einem Scan kriege ich wesentlich mehr Masse heraus als mit den bisherigen händischen Vermessungen.»

Ganz wichtig: Im Vergleich zu jetzt, wo die Springer jeweils im Liegen oder Sitzen gecheckt werden, passiert die Kontrolle dann wieder im Stehen, was deutlich weniger Manipulationsmöglichkeiten gibt.

«Natürlich fühle ich mich dann wohler»

Kathol sieht, wie er es formuliert, einen Zweistufen-Plan vor. Im Frühjahr soll mit den ersten Vermessungen begonnen werden. Dann würde im zweiten Schritt die Weiterentwicklung in den nächsten sieben, acht Monaten erfolgen. Kathol erklärt: «Wir würden den Scanner dann oben am Start in Betrieb nehmen. Dann wird der Körper in Unterwäsche mit dem Körper im Anzug verglichen. So sehen wir die Abweichungen, die der Anzug hat. Und ob er regelkonform ist. Dann kann ich mich auf alle anderen Dinge, wie Schuhe, Ski und so weiter konzentrieren.»

Der Scan dauere bloss wenige Sekunden, zudem würde damit automatisch auch die Haltung des Springers überprüft, damit nicht geschummelt werden kann. Kathol gibt zu: «Natürlich fühle ich mich dann wohler mit dem neuen System. Denn es ist ein Schritt in ein neues Zeitalter.» Ob die Diskussionen dann tatsächlich ganz verschwinden, bleibt abzuwarten. Zumal es sie in den letzten Jahren in irgendeiner Form immer schon gegeben hat.

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