Negativer Test reicht nicht
Schulen lassen Ungeimpfte zu Hause

Zürcher Mittelschulen ziehen bei Studienreisen, Sprachaufenthalten und Klassenlagern die Schrauben an. Mit darf nur, wer geimpft oder genesen ist. Ein Test allein reicht nicht. Dies zumindest gilt für Lager im Ausland. In anderen Kantonen wird es lockerer gehandhabt.
Publiziert: 24.09.2021 um 10:08 Uhr
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Aktualisiert: 24.09.2021 um 11:39 Uhr
Sarah Frattaroli

Einmal Michelangelos David in Florenz in seiner ganzen Grösse bewundern. Oder sein weltbekannte Deckengemälde in der Sixtinischen Kapelle mit eigenen Augen sehen. Genau solche Erlebnisse stehen den Schülerinnen und Schülern des Zürcher Kunstgymnasiums Liceo Artistico nächste Woche bevor. Zumindest den geimpften und genesenen.

Ungeimpfte verpassen die traditionellen Studienreisen nach Italien. Test hin oder her. Am Liceo Artistico werden aus 3G also 2G. Die Kantonsschule Freudenberg, zu der das Liceo Artistico gehört, bestätigt entsprechende Informationen von Blick.

Alle 48 Stunden zum Test

«In Italien gilt für Züge, Innenräume von Restaurants und für Museums- oder Ausstellungsbesuche Zertifikatspflicht. Für ungeimpfte Schülerinnen und Schüler wären alle 48 Stunden Tests notwendig. Dieses Testen wäre aufwendig und mit grossem Zeitverlust verbunden. Kommt dazu, dass im Fall einer positiven Testung Quarantänen nötig würden, zumindest für die ungeimpften Schülerinnen», begründet Schulleiter Roland Ruess (53) den Schritt.

Das Kunstgymnasium Liceo Artistico in Zürich nimmt nur Geimpfte und Genesene mit auf Studienreise.
Foto: zvg
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Andere Zürcher Mittelschulen handhaben es ähnlich, wie eine Umfrage von Blick zeigt. Eine Klasse der Kantonsschule Rychenberg in Winterthur ZH zum Beispiel befindet sich gerade in Spanien. «Es nehmen ausschliesslich vollständig geimpfte und mit einem Zertifikat versehene Schülerinnen, Schüler und Lehrpersonen teil», schreibt Rektor Christian Sommer (60).

2G oder Absage

An der Kantonsschule Küsnacht ZH stehen im Februar Sprachaufenthalte in Frankreich, Italien und Spanien an. Die Jugendlichen wohnen eine Woche bei Gastfamilien. «Wir haben die Schüler und Eltern bereits informiert, dass dann 2G gilt. Sie haben nun bis zu den Herbstferien Zeit, sich definitiv für die Reisen anzumelden», erklärt Schulleiterin Corinne Elsener (48). Wieder andere Schulen, darunter die Kantonsschule Zürcher Unterland in Bülach ZH und das KV Winterthur, haben ihre Auslandreisen gleich ganz abgesagt.

Dass die Zürcher Mittelschulen nur Geimpfte und Genesene ins Ausland mitnehmen, ist kein Zufall: Sie halten sich damit an eine offizielle Empfehlung des Kantons. «Das Risiko einer Erkrankung ist für Personen ohne Impf- oder Immunitätsschutz ungleich höher und eine darauffolgende Selbstisolation im Ausland ist mit Unannehmlichkeiten und Folgekosten (verlängerter Aufenthalt in Isolation, individuelle Rückreise) verbunden», schreibt die Bildungsdirektion dazu.

Eltern wollen Kinder auf eigene Faust nach Italien schicken

Bei Betroffenen löst die 2G-Regelung zum Teil trotzdem Unverständnis aus. Aus dem Umfeld des Liceo Artistico etwa ist zu hören, dass einzelne Eltern damit gedroht haben, ihre ungeimpften Kinder auf eigene Faust nach Italien zu schicken, damit ihnen die Erfahrung der Studienreise nicht entgeht. Andere hätten die Schule dazu aufgefordert, einen Arzt auf die Reisen mitzuschicken, um die Ungeimpften jeden zweiten Tag zu testen.

Klar ist: Wenn die Studienreisen zum Pflichtprogramm gehören, muss es für Ungeimpfte eine Alternative geben, so schreibt es der Kanton vor. Am Liceo Artistico sind rund 30 Jugendliche oder 15 Prozent aller Schülerinnen und Schüler weder geimpft noch genesen. Sie besuchen in den kommenden zwei Wochen unter anderem Ausstellungen in Basel, Zürich und Winterthur ZH. Das italienische Sprachbad fehlt allerdings. «Wir versuchten Mitte August für die ungeimpften Jugendlichen eine Unterkunft im Tessin zu organisieren. Wir sind aber trotz intensiver Suche nicht fündig geworden», stellt Schulleiter Ruess mit Bedauern fest.

Romandie statt Frankreich? Absolument pas!

Das Problem: Italien hat die umfassende Zertifikatspflicht erst im August erlassen, die Vorlaufzeit war extrem knapp. Andere Schulen haben mehr Zeit, könnten die im Winter anstehenden Sprachaufenthalte zum Beispiel von Frankreich in die Romandie verlegen. Corinne Elsener von der Kantonsschule Küsnacht schliesst das allerdings aus: «Wir wollen das Eintauchen in Sprache und Kultur an den traditionellen Orten beibehalten – auch, weil wir mit diesen Schulen langjährige Partnerschaften pflegen.»

Während die Zürcher Schulen also gemäss kantonalen Vorgaben mehrheitlich auf 2G setzen, sehen es andere Kantone lockerer. In St. Gallen, Bern, Aargau und Luzern etwa gibt es keine konkrete Empfehlung, nur Genesene und Getestete ins Ausland mitzunehmen, wie die Kantone auf Anfrage mitteilen. Teils werden die Schüler aber darauf hingewiesen, dass sie ohne 2G-Zertifikat nicht an allen Aktivitäten teilnehmen können. Oder, dass sie sich selber um regelmässige Tests kümmern müssen.

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