Biden trotzdem zuversichtlich
Drohende Zahlungsunfähigkeit der USA – das sind die Folgen

Die Verhandlungen zur Anhebung der Schuldengrenze in den USA haben am Freitag einen harzigen Start hingelegt. Präsident Joe Biden zeigt sich dennoch zuversichtlich. Aber was würde ein Zahlungsausfall der USA bedeuten? Blick beantwortet die wichtigsten Fragen.
Publiziert: 20.05.2023 um 10:00 Uhr
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Aktualisiert: 20.05.2023 um 10:32 Uhr

Die Zahl ist schier unfassbar: 31'417'200'000'000 Dollar! So hoch türmt sich der Schuldenberg der USA auf – und er wächst sekündlich an. Vor 22 Jahren wies die USA zum letzten Mal einen positiven Staatshaushalt aus.

Seit Freitag laufen nun die Verhandlungen in den USA – die Schuldengrenze soll angehoben werden. Die republikanischen Unterhändler verliessen die Gespräche nur etwa eine Stunde nach Beginn, wie US-Medien berichteten. Danach liefen die Verhandlungen aber weiter.

«Wir haben ernsthafte Differenzen», sagte die Sprecherin der US-Regierungszentrale, Karine Jean-Pierre (48), am Samstag am Rande des G7-Gipfels. Auch Präsident Joe Biden (80) ist aktuell am G7-Gipfel im japanischen Hiroshima. Trotzdem ist er eng in die Verhandlungen zum drohenden Zahlungsausfall eingebunden.

Obwohl der USA im Juni ein Zahlungsausfall droht, macht sich Präsident Joe Biden keine Sorgen.
Foto: AFP
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Sorgen scheint sich Biden keine zu machen. «Ich glaube immer noch, dass wir einen Zahlungsausfall verhindern können», sagte er am Samstag bei einem bilateralen Treffen mit dem australischen Premier Anthony Albanese am Rande des G7-Gipfels. Bisher haben die Verhandlungen aber noch nichts ergeben.

Was würde das für die Schweiz und die restliche Welt bedeuten?

Ein grosser Einbruch der grössten Volkswirtschaft hätte gravierende Folgen für die gesamte Weltwirtschaft – und damit auch auf die Nachfrage nach Schweizer Gütern. Gemäss US-Finanzministerin Janet Yellen (76) würde ein Zahlungsausfall der globalen Finanzstabilität «irreparablen Schaden» zufügen. Die Börse würde mit grosser Wahrscheinlichkeit einen Sturzflug hinlegen. Als das Land Anfang 2019 vor der Zahlungsunfähigkeit stand, tauchte die US-Börse um 20 Prozent. Zudem würde eine Insolvenz die Banken auf der ganzen Welt hart treffen.

Was hätte eine Zahlungsunfähigkeit für die US-Bevölkerung für Folgen?

Dann könnte die US-Regierung ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen und müsste ihren Betrieb teilweise einstellen. Unbezahlte Ferien für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Familien müssten ohne Kindergeld auskommen. Dutzende Millionen von Rentnerinnen und Rentner würden kein Geld von der staatlichen Rentenversicherung mehr erhalten, genauso wie Arbeitslose und Veteranen. Der Sold bei Soldaten bliebe aus.

Wie sehr wäre die US-Wirtschaft betroffen?

Der US-Staat ist ein wichtiger Auftraggeber für Firmen im Land. Die Regierung könnte bei einer Insolvenz die offenen Rechnungen bei diesen nicht mehr begleichen. Die Folgen wären aber noch weit gravierender: Gemäss der Rating-Agentur Moody's könnte die US-Wirtschaft um vier Prozent sinken und die Arbeitslosigkeit auf neun Prozent steigen. Damit sind mehrere Millionen Jobs in Gefahr. Privathaushalte würden bis zu 15 Billionen Dollar an Vermögen verlieren.

Droht den USA bei einer Insolvenz der Staatsbankrott?

Nein. Die Märkte rechnen fest damit, dass die Zahlungsunfähigkeit nur vorübergehend wäre und der Kongress die Schuldengrenze irgendwann erhöhen wird.

Wieso wartet der Kongress so lange zu?

Für die Anhebung der Schuldengrenze müssen beide Kammern, der Senat und das Repräsentantenhaus, ihre Zustimmung geben. Die Republikaner versuchen mit ihrer Blockadehaltung aktuell, Präsident Joe Biden (80) zu Kürzungen in seinem Staatshaushalt zu zwingen.

Geht von der hohen Verschuldung der USA eine Gefahr aus?

Mit 125 Prozent des Bruttoinlandprodukts liegt die US-Staatsverschuldung noch höher als bei den schwer verschuldeten Ländern Frankreich (113 Prozent), Spanien (116) oder Portugal (123). Dank des historisch starken Wirtschaftswachstums wird die hohe US-Verschuldung jedoch selten als wirkliches Problem wahrgenommen. Zudem können die USA zur Finanzierung ihrer Schulden in der Zentralbank die Notenpresse anwerfen.

Die steigenden Zinsen führen jedoch dazu, dass immer mehr Geld aus dem Haushalt in die Zinszahlungen fliessen. Es ist die am schnellsten steigende Ausgabenkategorie der USA. Die jüngste Zinswende verteuert jede zukünftige Refinanzierung. Aktuell liegt der Durchschnittssatz bei rund 2 Prozent. Sobald die derzeitigen Kapitalmarktrenditen von 4 Prozent erreicht sind, wird der Schuldendienst bereits mehr als eine Billion US-Dollar ausmachen. Sollten die USA tatsächlich vorübergehend zahlungsunfähig werden, dürften die Zinsen für US-Schuldscheine deutlich anziehen.

Wie gross ist die Chance, dass die USA in die Insolvenz schlittern?

Bisher liess es der Kongress nie so weit kommen. Stattdessen hat er die Schuldengrenze bereits 80 Mal angehoben, fünfmal gesenkt und fünfmal vorübergehend ausgesetzt. Das Risiko auf eine Insolvenz ist also äusserst gering. Es kam jedoch bereits zu mehreren Shutdowns. Das heisst, dass die Regierung einen Teil ihrer Rechnungen nicht mehr bezahlen konnte. Zuletzt blockierten die Demokraten Ende 2018 und Anfang 2019 unter dem damaligen Präsidenten Donald Trump (76), weil sie gegen dessen Bau einer Mauer zu Mexiko waren.


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