Abzocke bei Medizintechnik, die in Spitälern zum Einsatz kommt
Der gleiche Herzschrittmacher kostet 2200 oder 12’900 Franken

Die Preispolitik ist im Medizinbereich völlig undurchsichtig. So können auch extrem hohe Preise verlangt werden. Was sich direkt in den Krankenkassenprämien niederschlägt.
Publiziert: 30.10.2023 um 11:31 Uhr
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Jean-Claude RaemyRedaktor Wirtschaft

Die hohen Krankenkassenprämien werden für immer mehr Schweizerinnen und Schweizer zum finanziellen Problem. Für die Erhöhungen angeführt wird gerne, dass Patienten immer öfter immer mehr Leistungen beanspruchen.

Doch es gibt auch andere Kostentreiber. Etwa überteuerte Medizinprodukte. Die Rede ist hierbei oft von Medikamenten, es ist aber auch bei Geräten und Material aus dem medizintechnischen Bereich der Fall. Recherchen von Tamedia zeigen, dass einige Firmen aufgrund von Intransparenz für ihre Produkte überrissene Preise verlangen können.

Als Beispiel wird der Herzschrittmacher Edora 8 DR-T angeführt, den die deutsche Firma Biotronik herstellt. Dieses Produkt wurde innerhalb der vergangenen fünf Jahre im Kanton Solothurn einmal für 2200 Franken verkauft, im Kanton Tessin einmal für 12'900 Franken, mit diversen anderen Preisniveaus dazwischen. Preis-Willkür? Der Hersteller reagierte auf Anfragen zu den Gründen für die happigen Preisunterschiede beim gleichen Produkt nicht.

Spitäler geben die Einkaufspreise für die von ihnen verwendeten Produkte nicht preis – das öffnet alle Türen für Abzocke.
Foto: Guillaume Piron / Unsplash
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Hohe Einnahmen, wenig Transparenz

Pro Jahr macht die Branche der Medizintechnologie in der Schweiz einen Umsatz von 9 Milliarden Franken, hält der Verband Swiss Medtech fest. Das entspricht rund 10 Prozent der gesamten Kosten des Schweizer Gesundheitssystems. Die Arzneimittel machen etwa 11 Prozent aus.

Das Problem: Die Preise von Medizinprodukten unterstehen höchster Geheimhaltung. Dadurch wissen Kliniken nicht, wie viel andere für ein gleiches Produkt bezahlen. Beim erwähnten Herzschrittmacher von Biotronik vermuten Experten reine Herstellungskosten von unter 500 Franken pro Gerät. Wie viel die Spitäler und Krankenkassen zahlen, lässt sich aus «Geheimhaltungsgründen» nicht eruieren. Tamedia erhielt Preisinfos nur über Insider.

Fazit: Die teils riesigen Preisdifferenzen lassen sich nicht nur über Mengenrabatte oder Verhandlungsgeschick erklären. Die fehlende Preistransparenz erlaubt es den Herstellern, riesige Gewinne einzufahren. Die Prämienzahler dagegen haben teure Rechnungen – und langfristig steigen die Gesundheitskosten.

Ein Einkäufer am Kantonsspital Winterthur sagt: «Der Markt spielt schon lange nicht mehr so wie in anderen Branchen. Den Schaden zahlen wir alle.»

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