Abzocke im Grandhotel
Was war denn da im Dolder los?

Ein Verkaufsanlass zu Gold und Pelz im Grand Hotel Dolder entsprach gar nicht dem, was sich die Besucher erhofft hatten. Das Zürcher Nobelhotel geht auf Distanz. Ein Gold-Experte erklärt, wie man sich gegen solche Abzockerei schützt.
Publiziert: 13.06.2024 um 00:01 Uhr
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Aktualisiert: 13.06.2024 um 07:35 Uhr
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Jean-Claude RaemyRedaktor Wirtschaft

Ein Anlass im Zürcher Grand Hotel Dolder, bei dem Käufer hohe Bargeldpreise für Pelze, Taschen, Lederwaren, Schmuck und mehr versprachen, entpuppte sich jüngst als grosses Ärgernis.

«Es klang vertrauenswürdig, zumal es in einem Grandhotel stattfand», ärgert sich Ivana J.* (39) aus Zürich. Sie besuchte den Anlass, nachdem sie im Briefkasten einen Flyer gefunden hatte. «Machen Sie Ihren Pelz zu Bargeld», stand darauf. Der Veranstaltungsort im Dolder versprach Seriosität. Mit dabei hatte J. Lederwaren und 30 Gramm Gold, für die sie sich ein nettes Sümmchen erhoffte. 

Nur am Gold interessiert

Im Dolder trifft sie auf drei Männer: Ein Ankäufer, «der gutes Hochdeutsch spricht», und zwei Männer in Anzügen, die kein Wort sagen. 

Im noblen Grand Hotel Dolder kam es zu einem dubiosen Verkaufsanlass.
Foto: imago images/Geisser
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«Die waren nur auf das Gold aus», berichtet J. Der Verhandlungsführer erklärt, er kaufe Pelz oder Leder «nur in Verbindung mit Gold ab mindestens 40 Gramm», aber eigentlich sollten mindestens 100 Gramm dabei sein. J. ist ausser sich: «Für meine 30 Gramm wollten sie mir 300 Franken geben, rieten mir aber, mit 100 Gramm zurückzukommen, das würde sich mehr lohnen.»

Absurd: Der aktuelle Goldpreis beträgt im Ankauf je nach Feinheitsgrad zwischen 62 und 75 Franken pro Gramm. Geworben hatten die Ankäufer mit 72 Franken pro Gramm. Für die 30 Gramm von J. wären 2160 Franken fällig – und nicht 300!

Einer Frau, die gleichzeitig wie J. vor Ort ist und einen Pelzmantel loswerden will, geht es ähnlich: Sie soll heim, «mit irgendwelchen Erbstücken auf 100 Gramm Gold kommen», dann bekomme sie einen Preis von 3000 Franken, heisst es. Auch hier: für 100 Gramm müssten gemäss Versprechen der Käufer 7200 Franken rausspringen – und das ohne Pelzmantel obendrauf. 

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Absichtlich tiefe Einschätzung

Christian Brenner (44), Geschäftsführer des Schweizer Goldhändlers Philoro, weiss, wie Verkäufer reingelegt werden: «Bei Schmuck wird eine niedrigere Karatanzahl ausgewertet, oder Platin und Palladium, das im Schmuckstück enthalten ist, wird gar nicht vergütet.» Für Münzen, die gut erhalten sind, werde im besten Falle der Schmelzwert angeboten.

Oft werde Goldschmuck von den Abzockern auch einfach als «Modeschmuck» eingestuft oder Weissgold als Silber bezeichnet. «Die Pelz-Angebote sind reine Lockangebote, um an ältere Menschen zu gelangen», so Brenner.

Nicht alle fallen darauf rein. J. schildert, wie mehrere Besucher genau wie sie kopfschüttelnd abzogen. Sie hinterlässt den Männern dennoch ihre Telefonnummer, falls diese Interesse an Pelz- und Lederwaren hätten. Ein Anruf kommt nie.

Dolder geht auf Distanz

J. ist schockiert, dass ein Nobelhotel «solchen Leuten» einen Raum vermiete. Diese hätten ihr sogar gesagt, dass die Ware «im Ausland vertickt» werde.

Von Blick auf den Anlass angesprochen, zeigt sich das Dolder reumütig: «Wir bedauern, dass wir über unsere Nachbarschaft sowie durch Gäste erfahren mussten, dass die Veranstalter dieses Events vorgängig getroffene Abmachungen und die AGBs missachtet haben», sagt Sprecher Joachim Schweier. Der Anlass selber sowie dessen Bekanntmachung entsprächen in keiner Art den Vorstellungen des Dolder Grand.

«Wir distanzieren uns von dieser Form von Veranstaltung und werden eine erneute Umsetzung mit diesem Veranstalter – oder von inhaltlich ähnlichen Veranstaltungen – unterbinden», so der Sprecher.

Neuer Versuch an neuem Ort

Die fragwürdigen Ankäufer machen derweil munter weiter. J. hat einen fast identischen Flyer im Briefkasten gefunden. Dieses Mal steigt der Anlass im Restaurant Sommerau-Ticino in Dietikon ZH.

Auf dem Flyer ist nur eine Handynummer angegeben – kein Geschäftsname, keine Adresse. «Meiden Sie fahrende Händler: Diese nutzen die Unwissenheit der Verkäufer aus und zahlen deutlich unter dem Marktwert», warnt Brenner.

Als Blick die angegebene Handynummer anruft, nimmt ein Herr auf Hochdeutsch ab, ohne sich vorzustellen. Im Gespräch betont er sofort, dass er Ware nur in Verbindung mit Gold ankauft. Das stehe so im Flyer. In der Tat: Zuunterst in einem grauen Balken, kleingedruckt. Man könne Bilder des Goldschmucks per Whatsapp schicken, «für eine erste Einschätzung» und damit die Anreise nicht umsonst sei, rät der Herr noch, bevor er grusslos aufhängt. Nähere Angaben macht er nicht. Vertrauenswürdig ist anders.

Wer eigenes Gold hat, solle für den Verkauf am besten zu einem beim Zentralamt für Edelmetallkontrolle registrierten Händler gehen, rät Goldhändler Christian Brenner, «idealerweise mit einem stationären Ladengeschäft». Der Ankäufer sollte über präzise Analysegeräte verfügen. Und es sollten alle Edelmetallbestandteile vergütet werden, also Gold, Silber, Platin und Palladium.

* Name geändert 

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