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Ältester Zirkus der Schweiz gibt auf
«Die leuchtenden Augen der Zuschauer werden uns fehlen»

Das Familienunternehmen hat mitgeteilt, den Circus Nock nicht mehr weiterzuführen. Als Grund gibt es die grosse Konkurrenz, teure Stellplätze und strenge Tierschutzbestimmungen an.
Publiziert: 10.05.2019 um 12:22 Uhr
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Aktualisiert: 25.06.2020 um 13:36 Uhr
Patrik Berger und Konrad Staehelin

Nächstes Jahr hätte der Circus Nock, der älteste und zweitgrösste Zirkus der Schweiz, sein 160-jähriges Jubiläum gefeiert. So weit kommt es nicht, wie die Familie Nock heute Freitag mitgeteilt hat. «Wir verabschieden uns in tiefer Dankbarkeit von unserem treuen Publikum, den Zirkusfans und unseren vielen Unterstützern», heisst es in einem Communiqué mit dem Titel «Wenn Nostalgie, Professionalität und Leidenschaft allein nicht mehr ausreichen.»

Und: «Die leuchtenden Augen unserer grossen und kleinen Zuschauer bei unseren unzähligen Auftritten und derjenigen unserer grossartigen Artisten werden für immer in unserer Erinnerung bleiben. Das Zirkusleben und die Zirkusluft werden uns fehlen.»

Das heisst: Der Zirkus tritt die Tournée 2019 nicht an.

Das Familienunternehmen hört nach 158 Jahren auf.
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Probleme mit den Standplätzen

Als Grund für das Aus nennt die traditionsreiche Zirkusfamilie Nock finanzielle Probleme. Die Defizite seien gewachsen, «trotz einer sehr hohen Eigenfinanzierung». Auch die Standplätze bereiteten der Zirkusleitung immer mehr Probleme.

«Die Plätze werden kleiner, sind nicht mehr immer verfügbar und die Mietpreise sowie die behördlichen Auflagen steigen von Jahr zu Jahr», heisst es. Man komme sich höchstens noch geduldet vor. Früher hätten sich Gemeinden und Städte noch gefreut, wenn man seine Zelte aufgeschlagen habe.

Tierschützer und heisse Sommer

Der klassische Zirkus, der von März bis November durch das Land reise, habe immer grössere Konkurrenz bekommen. Zudem wolle im Sommer niemand mehr in einem heissen Zirkuszelt sitzen.

BLICK erreicht Fredy Knie junior (72), den grössten Konkurrenten von Nock, am Telefon. «Ich habe gerade auch aus den Medien von der Neuigkeit erfahren. Ich finde es sehr schade», sagt er. «Ja, es ist kein einfaches Geschäft. Man muss hart kämpfen.»

Behörden bestätigen noch nicht

Die Nocks machen auch den Tierschutz für ihre Pleite verantwortlich: «Tierschützer kritisieren die Tiernummern und die Haltung von Tieren», schreibt die Familie. Die Auflagen seien ständig strenger geworden. «Ein Zirkus hat heute den schwierigen Spagat zwischen Nostalgie und Innovation zu meistern.» Diesen Spagat hat der Circus Nock offenbar nicht mehr geschafft.

Die Frage, ob schon ein Konkursverfahren laufe, konnten die zuständigen Aargauer Gerichte aber noch nicht beantworten.

Was passiert mit den Artisten?

Dieses Jahr plante der Zirkus eine «Mini-Tournée». Statt von März bis November wollte man nur von Juni bis Oktober unterwegs sein. Vor allem im Heimatkanton Aargau. Von Auftritten in der West- und Innerschweiz sowie im Tessin sah man ab. Offizielle Begründung: Man wolle Geld für eine grosse Tournée zum 160-jährigen Jubiläum nächstes Jahr sparen. «Wir hatten die Hoffnung, das Ruder in einer schwierigen Situation nochmals herumreissen und gute Stimmung um den Zirkus erzeugen zu können», sagt eine Person, die bei der Planung dabei war, zu BLICK. Sie möchte anonym bleiben.

Im Communiqué sticht ein Detail ins Auge, das einen Funken Hoffnung übrig lässt: Man habe entschieden, den Zirkus «bis auf Weiteres» nicht mehr weiterzuführen. Was bedeutet das genau? Kommt der Zirkus doch bald zurück? Gerne hätte BLICK zudem gewusst, was mit den Artisten geschieht, die sich für die Saison verpflichtet haben und wieviele Angestellte ihren Job verlieren. Mehrere Anfragen blieben bisher jedoch unbeantwortet.

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