Bank wird zurechtgestutzt
Bei der CS beginnt nun die «Zeit der Schmerzen»

Die Integration der CS in die UBS beginnt. Harte Schnitte sind nötig, die Bank verliert Milliarden. Eine schwere Aufgabe hat Iqbal Khan.
Publiziert: 15.06.2023 um 10:44 Uhr
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Aktualisiert: 15.01.2024 um 16:02 Uhr
Holger Alich
Handelszeitung

Bei der Credit Suisse beginnt mit dem Start der Integration nun die Zeit der Schmerzen. Denn die UBS ist gezwungen, bei der Credit Suisse hart durchzugreifen. «Laut meinen Schätzungen verliert die Credit Suisse gegenwärtig über eine Milliarde Franken pro Quartal», sagt Andreas Venditti, Bank-Analyst bei Vontobel.

Um die Stimmung zu heben, üben sich die UBS-Oberen in hoffnungsfrohen Tönen: «Der heutige Tag markiert den Start eines aufregenden neuen Kapitels», schrieb zum Beispiel Wealth-Management-Chef Iqbal Khan an seine Truppen in einem Memo am Montag.

Investmentbanking kommt zuerst dran

Doch die Zeit drängt: Die anstehende Integration wird aber je nach Geschäftsbereich unterschiedlich schnell voranschreiten können. Khan hat hierbei eine besonders schwere Aufgabe, denn schnelle Kostensenkungen sind in seinem Reich kaum möglich. Insgesamt wird die Integration nicht nur schmerzhaft, sondern auch teuer: Auf einen Betrag zwischen acht bis zehn Milliarden Franken schätzt Venditti die Restrukturierungskosten, etwa für den anstehenden Personalabbau.

Iqbal Khan muss die Vermögensverwaltung der Credit Suisse sanieren. Dazu setzt er auf alte Verbündete.
Foto: Guenter Bolzern, www.bolzern.tv
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Das CS-Investmentbanking wird als Erstes zurechtgestutzt. Die Bankführung hat durchblicken lassen, dass sie davon kaum etwas behalten will. Einzige Ausnahme dürfte das Beratungsgeschäft mit Fusionen und Übernahmen sein. Dem kapitallastigen Anleihegeschäft der CS steht dagegen ein harter Einschnitt bevor.

Im Schweiz-Geschäft dürfte es mit den Umbauarbeiten noch eine Weile dauern. Denn erst Ende Sommer will Ermotti enthüllen, was er denn nun mit der CS Schweiz vorhat: Vollintegration? Oder doch eine wie auch immer geartete eigenständige Rumpf-CS? Dieser Teil der Integration ist auch politisch der heikelste.

Khan ist für die Hälfte der Einnahmen verantwortlich

Angesichts der Aufregung um die CS Schweiz steht die Integration des Kerngeschäfts, der Vermögensverwaltung, weniger im Fokus. Dabei dürfte diese für den Erfolg der Übernahme entscheidend werden.

Dank der Übernahme kann die UBS ihre Position in Asien-Pazifik, Lateinamerika und dem Nahen Osten verstärken. Pro forma kommt die Sparte auf 3400 Milliarden Dollar verwaltete Vermögen und erwirtschaftet knapp 25 Milliarden Dollar Einnahmen. Khans Reich stellt damit knapp die Hälfte der Einnahmen der neuen UBS.

Artikel aus der «Handelszeitung»

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Doch die Vermögensverwaltung der Credit Suisse ist defizitär. Sie verlor allein im ersten Quartal 1,5 Milliarden Franken, davon entfielen 1,3 Milliarden auf einen Goodwill-Abschreiber. Doch selbst ohne diesen Faktor verdient die Sparte derzeit kein Geld. «Das Grundübel in der CS-Vermögensverwaltung liegt darin, dass die Erträge bereits kollabiert sind, die Kosten dagegen stabil sind», meint Experte Venditti.

Migration der Plattformen dauert Jahre

Khans Problem: Anders als im Investmentbanking, bei dem einfach ganze Abteilungen dicht gemacht und Leute gefeuert werden können, gibt es in seiner Sparte keine schnellen Lösungen, um die Kosten zu senken. Zunächst muss der Abgang guter Berater gestoppt werden, dem weitere Abflüsse von Kundengeldern zu folgen drohen.

Banken haben primär zwei Kostenblöcke: Personal und IT. Doch die IT-Plattformen der CS-Vermögensverwaltung können nur länderweise auf jene der UBS überführt werden. «Doch deren Migration wird wie die Verschmelzung der Rechtseinheiten Jahre dauern», warnt Venditti. Das zeigt das Beispiel Julius Bär: Die Privatbank hatte 2012 den Kauf des internationalen Vermögensverwaltungsgeschäfts von Merrill Lynch ausserhalb der USA angekündigt. Die Migration der Plattformen und Ländergesellschaften dauerte dann drei Jahre. Die Integration des CS Wealth Management ist ungleich grösser und komplexer.

Dieser Mann soll die Wende bringen

Yves-Alain Sommerhalder leitet neu die Vermögensverwaltung der CS.
Foto: Quelle: LinkedIn

Um die Sparte wiederzubeleben, hat Khan einen seiner Getreuen zurückgeholt und befördert: Yves-Alain Sommerhalder. Beide kennen sich aus der Zeit, als Khan das CS-Wealth-Management leitete. Sommerhalder stellte damals die Schnittstelle zur Investmentbank dar und sorgte dafür, dass die superreichen CS-Kunden jene Produkte bekamen, die sie wollten. Noch vor dem CS-Crash war Sommerhalder im Oktober 2022 von Bord gegangen. Im April holte ihn Khan zur UBS, nun entsendet er ihn als neuen Leiter des Wealth-Managements zurück zur Credit Suisse.

Sommerhalder, der über zwanzig Jahre bei der CS war, bildet das Integrationsteam für die Sparte gemeinsam mit einem UBS-Urgestein: Wiwi Gutmannsbauer, ebenfalls über zwanzig Jahre Bankzugehörigkeit, seit Januar Chief Operating Officer des UBS-Wealth-Management. Die Arbeitsteilung ist klar: Sommerhalder ist der Mann für das Geschäft, die Produkte und Kunden. Gutmannsbauer kümmert sich um den Maschinenraum. Wie es heisst, können beide Manager gut miteinander.

Operation Kundenrückgewinnung läuft

Statt auf schnelle Kostensenkungen setzt Sommerhalder laut Insidern auf eine Wiederbelebung des CS-Kerngeschäfts. Kunden halten, Assets zurückgewinnen und so die Sparte wieder in die schwarzen Zahlen führen, lautet die Devise. Dabei hilft ihm die neue Mutter UBS: Denn dank ihr hat die CS-Sparte nun viel niedrigere Finanzierungskosten. Damit ist die Bank im Rennen im Kreditgeschäft mit den superreichen Kunden wieder wettbewerbsfähig. Die Gewinnschwelle ist dank der Übernahme tiefer geworden.

Allerdings herrschte bis dato auch im Wealth-Management der CS eine risikofreudigere Kultur als bei der UBS: So vergab die CS superreichen Kunden Kredite und akzeptierte dafür als Sicherheiten zum Beispiel deren teure Jachten. Gleich Anfang der Woche griff hier die UBS durch. Die «Financial Times» enthüllte, dass die CS-Banker sich von ihren UBS-Vorgesetzten das Ok abholen müssen, wenn sie solche bestehende Kredite auf über 60 Millionen Dollar ausdehnen wollen. Zudem sind ihnen Risikogeschäfte wie die Aufnahme von Neukunden aus Ländern wie Russland, Sudan oder Venezuela untersagt.

Khans unrühmliche Hinterlassenschaft

Insider winken ab: Faktoren wie die stark gesunkenen Fundingkosten seien allemal wichtiger als Einschränkungen in solchen Randgebieten wie Kredite für Jachten, die überdies ja möglich bleiben sollen. Viele CS-Mitarbeitende seien gerade zu beseelt von der Idee, mit guten Zahlen in die Integration zu gehen und so die Ehre ihrer Bank zumindest im Schlusskapitel zu retten, ist zu hören.

Andere Stimmen aus der Bank verweisen darauf, dass es ein gewisser Iqbal Khan war, der zum Beispiel mit der Ausdehnung des Kreditgeschäfts mit Superreichen Wachstum bei der CS bolzte. «Sommerhalder kann jetzt gewissermassen das aufräumen, was Khan damals bei der CS hinterlassen hat», meint ein CS-Topmanager.

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