Bergbau machte ihn zum Milliardär
Die Schweiz-Connection des russischen McDonald's-Besitzers

McDonald's hat seine 850 Filialen in Russland in russische Hände übergeben. Der Oligarch Alexander Govor kam zum Handkuss. Sein Vermögen machte er mit Rohstoffen. Mehr als ein Jahrzehnt lang geschäftete er dabei über die Schweiz.
Publiziert: 18.06.2022 um 01:03 Uhr
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Aktualisiert: 18.06.2022 um 09:39 Uhr
Sarah Frattaroli

Alexander Govor (62) ist innert Tagen zum grössten Gastronomen Russlands aufgestiegen. Er hat jüngst die 850 McDonald's Filialen im Land übernommen. Der US-Fastfood-Riese hatte seine Geschäfte in Russland nach Ausbruch des Ukraine-Kriegs zuerst vorübergehend geschlossen – und sich mittlerweile komplett von dort zurückgezogen.

Wie viel Govor für die 850 Burgerläden bezahlte, ist nicht bekannt. Er selbst gab zu Protokoll, die Restaurants für einen symbolischen Batzen «deutlich unter dem Marktpreis» erhalten zu haben. So oder so: Govor kann es sich leisten. Der russische Unternehmer gehört zum exklusiven Kreis der superreichen Oligarchen.

Wie gross sein Vermögen genau ist, weiss keiner. Es kursiert die Zahl von zehn Milliarden US-Dollar – überprüfbar ist diese Schätzung nicht. Bekannt ist: Govor hat seinen Reichtum im Bergbau verdient.

Alexander Govor hat die McDonald's-Filialen in Russland übernommen.
Foto: AFP
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Vom Bergmann zum Minenbesitzer

Geboren wurde der Neo-Gastronom in der sibirischen Grossstadt Nowokusnezk, bekannt für ihre Kohlevorkommen und die Metallindustrie. In den Hochöfen der Stadt werden Eisenbahnschienen für ganz Russland gefertigt.

So ist es denn auch wenig überraschend, dass Govor in jungen Jahren in den Bergbau einstieg. Zuerst als einfacher Bergmann, arbeitete er sich später an die Spitze der Kohlemine Yuzhkuzbassugol hoch. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs kaufte Govor den Minenkomplex auf – und brachte es dadurch zu einem stattlichen Vermögen.

Geschäfte mit Abramowitsch – und Zug

Mit an Bord bei der Firmenübernahme war die multinationale Bergbaufirma Evraz. Deren grösster Aktionär: der sanktionierte russische Oligarch und einstige Chelsea-Besitzer Roman Abramowitsch (55). Evraz produziert in Russland, hat seinen Firmenhauptsitz in England – und seine Handelsgesellschaft in der Schweiz. Die East Metals AG mit Sitz in Zug verkauft die von Evraz in Russland geförderten Rohstoffe in die ganze Welt.

Von den 90er-Jahren bis 2007 führte Govor die Kohlemine gemeinsam mit Evraz. Die Schweiz-Connection bestand mehr als zehn Jahre lang.

2007 dann der tragische Zwischenfall: In den Kohleminen von Govors Konzern kam es innert weniger Monate gleich zu mehreren verheerenden Explosionen. Über 100 Bergbauarbeiter kamen ums Leben.

Die Minen wurden vorübergehend behördlich geschlossen. Govor wurde aus dem Geschäft gedrängt: Die Behörden sahen die Sicherheit durch einen internationalen Grosskonzern eher gewährleistet als durch einen einzelnen sibirischen Unternehmer. Govor verkaufte seine Anteile an Evraz – laut Medienberichten für 250 Millionen.

Neuer Name, neues Logo

Mit dem Geld aus dem Verkauf seiner Kohlefirma sattelte der umtriebige Oligarch in neue Geschäftsfelder um: Unter anderem investierte er in eine Erdölraffinerie in Sibirien, an der er bis heute beteiligt ist. Auch ins Nahrungsmittelbusiness stieg er ein, gründete eine Firma, die Viehwirtschaft betreibt, Milch und Würste produziert.

2015 dann der Schritt in die Gastronomie: Als Franchise-Nehmer baute Govor 25 McDonald's-Filialen in ganz Sibirien auf. Nun hat er also auch die übrigen mehr als 800 Restaurants der Burgerkette in seinen Besitz gebracht.

Nach dem Kauf durch Govor werden die Filialen jetzt nach und nach wiedereröffnet. Bis Ende des Sommers sollen sämtliche Restaurants wieder Gäste empfangen. Sie heissen neu «Tasty and that's it» (deutsch: Fein und das war's). Das ikonische McDonald's-M wurde durch ein neues Logo ersetzt. Es symbolisiert einen Hamburger und zwei Pommes frites.

Neben Logo und Namen ändert auch das Angebot: Die Ex-McDonald's-Filialen dürfen etwa keinen Big Mac mehr verkaufen. Burger soll es aber weiterhin geben. Auch der McFlurry fliegt aus dem Angebot. Auch Coca Cola gibt es in den russischen Fastfood-Läden nicht. Der Getränkehersteller hat sein Russland-Geschäft – wie Hunderte andere westliche Firmen – eingestellt.

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Lange Schlange bei Wiedereröffnung

Mit der Übernahme ist Alexander Govor nun nicht nur Herr über mehr als 800 Restaurants, sondern auch über 60'000 Angestellte. Er hat sich verpflichtet, die Mitarbeitenden für mindestens zwei Jahre zu übernehmen.

McDonald's hat während 15 Jahren das Recht, seine Burgerläden von Govor zurückzukaufen. Solange der Krieg in der Ukraine andauert, ist das allerdings sehr unwahrscheinlich. «Sie haben mir gegenüber klar geäussert, dass sie nicht zurückkaufen wollen», so der neue Besitzer.

Vor Kriegsausbruch warfen die russischen McDonald's-Filialen einen Jahresumsatz von umgerechnet rund 1,5 Milliarden Franken ab. Govors Vermögen – wie gross es auch immer sein mag – dürfte mit der Übernahme noch einmal deutlich angewachsen sein.

Der Start ist ihm geglückt: Die Wiedereröffnung der ersten Filiale in Moskau lockte Hunderte Fastfood-Fans an, vor dem Geschäft bildete sich eine lange Schlange. Die Russinnen und Russen konnten es ganz offensichtlich kaum erwarten, ihre Burger und Pommes frites zurückzukriegen.

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