Blick trifft den Führungsnachwuchs in St. Gallen
Auf den Spuren der Elite der Gen Z

Das St. Gallen Symposium ist das Aushängeschild karrierebewusster Nachwuchsführungskräfte. Blick wollte wissen, welche Werte die Elite der Gen Z antreiben – und was die «Alten» darüber denken.
Publiziert: 04.05.2024 um 00:06 Uhr
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Aktualisiert: 04.05.2024 um 10:26 Uhr
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Christian KolbeRedaktor Wirtschaft

Die Frauen in High Heels, die Herren in Lederschuhen. Beide meist in dunklen Anzügen und weissen Blusen oder Hemden. Wer das liest, denkt an vieles, aber sicher nicht an eine von der Gen Z organisierte Veranstaltung. 

Dabei ist das jährliche St. Gallen Symposium, das am 2. und 3. Mai stattgefunden hat, so etwas wie das Aushängeschild der Studierenden an der Universität St. Gallen – der wichtigsten Kaderschmiede im deutschsprachigen Raum. Hier trifft sich die Elite der Gen Z mit den gestandenen Eliten aus Politik und Wirtschaft. Alles organisiert von den Studierenden selbst, oft in freiwilliger Fronarbeit, dafür mit umso mehr Hingabe. Gerade die Tage vor dem Event sind lang, es gibt viel zu erledigen, damit es mit dem «generationenübergreifenden Dialog» auch wirklich klappt. 

Erfüllung als Ziel

Was wurde der Gen Z schon alles vorgeworfen: Sie sei faul, sei mehr an ihrer persönlichen Work-Life-Balance als an der Bilanz ihres Arbeitgebers interessiert. Dem widerspricht Qiyiun Woo (27) vehement. «Tagsüber arbeite ich als Nachhaltigkeitsberaterin. Danach hänge ich noch 4 bis 5 Stunden für mein eigenes Projekt dran.» Die Singapurerin betreibt die Plattform The Weird and Wild auf Instagram, die die Herausforderungen des Klimawandels visuell umsetzt. Und so gut 20'000 Menschen erreicht. «Ich möchte etwas Erfüllendes tun, von zu Hause aus und flexibel arbeiten», so Woo. «Vielleicht betrachten andere Generationen das als Luxus. Als einen Luxus, den sie selbst nicht hatten.»

Am 2. und 3. Mai traf sich die Elite der jungen und älteren Führungskräfte am St. Gallen Symposium.
Foto: keystone-sda.ch
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Blick trifft Woo und zwei ihrer Kollegen am Rande des Symposiums. Sie gehören zu den rund 200 «Leaders of Tomorrow», also zu den künftigen Führungskräften. Santiago Bulat (30), hat in Argentinien eine Finanzberatung aufgebaut und beschäftigt 30 Mitarbeitende. «Wir nehmen uns viel Zeit, um mit unseren Angestellten über ihre Karrierepläne zu sprechen», erklärt der Ökonom. «Das wird sehr geschätzt und motiviert alle.» Und er ergänzt: «Wir wollen vieles anders machen, aber das heisst nicht, dass wir nicht arbeiten wollen.»

Junge sind fordernder

Der Schweizer Yannick Blättler (31) berät mit seiner Neoviso AG Firmen, wie sie auch für die nächste Generation ein attraktiver Arbeitgeber bleiben. «Wenn Firmen- und Führungskultur stimmen, sind auch die Jungen bereit, die Extrameile zu gehen.» Klingt nach klassischem Manager-Sprech. «Die Erwartungen der älteren Generationen sind gar nicht so anders», stellt Blättler immer wieder fest. «Der grosse Unterschied: Unsere Generation fordert die Werte, nach denen sich andere nicht getraut haben zu fragen, nun mit grosser Vehemenz ein.»

Dem pflichtet Heike Bruch (57), Professorin für Leadership an der Universität St. Gallen, bei. Und ergänzt: «In der modernen Arbeitswelt gibt es viele Freiheiten und Wahlmöglichkeiten. Dafür braucht es eine starke Kultur, klare Spielregeln und Leitplanken, in denen sich die Mitarbeitenden bewegen können.» Für viele Unternehmen seien die Umbrüche auf dem Arbeitsmarkt eine Herausforderung. Es sei aber auch eine grosse Chance, dass durch die Situation auf dem Arbeitsmarkt wichtige Innovationen für eine moderne Arbeitswelt entstehen. Für alle Generationen. 

Beim Gewinn scheiden sich die Geister

Einer, der den Jungen gerne zuhört, ist Emanuel Probst (67), Patron des Kaffeemaschinenherstellers Jura: «Es ist ein grosser Vorteil, wenn mehrere Generationen zusammenarbeiten. Die Erfahrung der Alten trifft auf die Energie und die Ideen der Jungen, die dank ihrer Ausbildung auf dem neuesten Stand sind.» Seine Aufgabe sei es, die Jungen zu fördern. 

Für die Leaders of Tomorrow ist klar: Der soziale und ökologische Mehrwert einer Firma sollte über dem reinen Gewinnstreben stehen. Woo versucht auch hier, eine Brücke zwischen den Generationen zu schlagen: «Gerade in Asien haben auch frühere Generationen versucht, nachhaltig zu leben. Vielfach, weil sie sich gar nichts anderes leisten konnten. Sie nannten es einfach genügsam anstatt nachhaltig wie heute.» 

Björn Johansson (77), der seit Jahrzehnten Topmanager in den grössten Schweizer Firmen platziert, ist da etwas skeptischer: «Investoren denken sehr kurzfristig. Wenn der Aktienkurs nicht mit den Erwartungen der Aktionäre übereinstimmt, dann hat so ein Unternehmen schnell Probleme.» 

Allerdings: Auch die Aktionäre werden jünger. Und werden dereinst wohl andere Werte von den Firmen einfordern, an denen sie beteiligt sind. 

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