«Die Schweizer hängen noch am Bargeld»
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Blick-Wirtschaftsredaktor:«Die Schweizer hängen noch am Bargeld»

Cards only in den Vicafés – Chef Ramon Schalch (37) über die Umstellung
«Es ging so weit, dass Angestellte angespuckt wurden»

In den Espressobars von Vicafé in Basel und Zürich kann man schon seit drei Jahren nicht mehr bar bezahlen. Die meisten stört das nicht – einige kritische Stimmen sind jedoch nicht zu überhören, sagt Geschäftsführer Ramon Schalch im Interview.
Publiziert: 05.06.2023 um 10:20 Uhr
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Aktualisiert: 05.06.2023 um 15:13 Uhr
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Milena KälinRedaktorin Wirtschaft

Bei gutem Wetter bilden sich regelmässig lange Schlangen auf dem Trottoir vor den Vicafés, die über die Gasse Espresso, Latte macchiato und andere Kaffeespezialitäten verkaufen. Ob in der Zürcher Nobel-Einkaufsmeile Bahnhofstrasse oder auf dem Basler Centralbahnplatz – die Kundinnen und Kunden zahlen alle nur digital. Bargeldlos sind die 15 Espressobars von Geschäftsführer Ramon Schalch (37) schon seit Beginn der Corona-Pandemie. Was als Hygienemassnahme begann, sei zum neuen Firmenkonzept geworden. Die meisten Kundinnen und Kunden stört das nicht – einige kritische Stimmen sind jedoch nicht zu überhören.

Blick: Herr Schalch, welche Vorteile haben sich aus dem Umstieg ergeben?
Ramon Schalch:
Ganz viele. Covid hin oder her, Bargeld ist nicht das hygienischste – wir arbeiten halt mit Lebensmitteln. Der zweite Vorteil ist die Einfachheit, eine Zahlungsmethode ist schnell und unkompliziert.

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Wieso bedeutet Bargeld mehr Aufwand?
Es muss immer genügend Bargeld im Laden haben. Nach Schichtschluss muss das ganze Geld von Hand gezählt werden – eine mühsame Aufgabe. Dann muss das Geld den Weg vom Tresor zur Bank finden. Zudem können bei Transaktionen Fehler passieren, auch das Risiko eines Diebstahls besteht. Das ganze reisst einen ganzen Rattenschwanz an Aufgaben, Ressourcen und Risiken mit sich. All das war auf einen Schlag weg.

Das Handling mit Bargeld bedeutet für Restaurants Mehraufwand und Kosten.
Foto: PD
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Was halten die Mitarbeitenden davon?
Es gibt zwei Sichten. Mit Blick auf den Arbeitsprozess schätzen sie es sehr. Sie müssen kein Bargeld mehr in die Hand nehmen, das mühsame Zählen und der Weg zur Bank fallen weg. Das ist eine grosse Entlastung. Eine negative Auswirkung gibt es aber: Es gibt weniger Trinkgeld, wenn kein Bargeld im Spiel ist. Angestellte dürfen Trinkgeld in bar aber annehmen.

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Wie hat die Kundschaft reagiert?
Die Reaktionen waren grösstenteils gut. Vor dem Entscheid haben etwa 40 Prozent mit Bargeld bezahlt. Die meisten hat die Umstellung nicht tangiert, für die übrigen war es meistens kein Problem. Die wenigen, die nicht einverstanden waren, haben sich sehr bemerkbar gemacht. Wir haben viele Beschwerden erhalten, das Personal wurde beschimpft. Aber das ist ein kleiner Teil der Gesamtkundschaft. Während der Pandemie haben viele Personen ein Ventil gebraucht. Es ging so weit, dass Bargeld durch das Fenster geschossen oder die Angestellten angespuckt wurden. Seither hat sich das etwas beruhigt.

Sparen Sie damit Geld?
Wir sind seit dem Verzicht auf Bargeld effizienter geworden. Bei den grössten Läden hatten wir am Schluss ein Sicherheitskonzept mit hochsicheren Tresoren und Geldtransportern. Das ist teuer. Auch wenn ein Mitarbeiter das Geld täglich zur Bank bringt, braucht das mindestens eine halbe Stunde. Wir sparen auch Personalaufwand.

Aber was passiert, wenn das Kartenlesegerät schlappmacht?
Stromausfall ist in der Schweiz zum Glück nicht gang und gäbe. Wenn ein Lesegerät mal ausfällt, haben wir Backup-Systeme wie Sumup und Twint parat. Aber das passiert selten. Im allergrössten Notfall sind die Kafis gratis.

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