Chaos in der Verwaltung und immer mehr unzufriedene Mieter
Crowdhouse steckt bis zum Hals im Nebenkosten-Sumpf

Der Mieter-Aufstand gegen Crowdhouse-Abrechnungen nimmt immer grössere Dimensionen an. Quer durch die Schweiz haben Mieterinnen und Mieter von der Verwaltung horrende Nachzahlungsforderungen für Nebenkosten erhalten.
Publiziert: 07.12.2023 um 00:23 Uhr
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Aktualisiert: 07.12.2023 um 10:04 Uhr
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Martin SchmidtRedaktor Wirtschaft

Der Immobilienverwalter Crowdhouse gerät in den perfekten Sturm: Mieterinnen und Mieter quer durchs Land melden sich auf der Redaktion, nachdem Blick über den Nebenkosten-Horror in zwei Mehrfamilienhäuser in Huttwil BE berichtet hatte. Sowohl ehemalige als auch aktuelle Crowdhouse-Mieter von Liegenschaften in Menziken AG, Herisau AR, Staffelbach AG oder in Sennwald SG gehen auf die Barrikaden. Sie wollen die horrenden Nachforderungen für ihre Nebenkosten nicht zahlen. In den meisten Fällen geht es um viele Tausend Franken.

«Die Schlichtungsbehörde war schockiert»
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Tausende Franken Nebenkosten:«Die Schlichtungsbehörde war schockiert»

Beat Schmidlin (42) ist zwar bereits im April aus der Wohnung in Menziken ausgezogen. Im Oktober folgte dann der Schock: «Ich muss für drei Jahre etwa 5000 Franken Nebenkosten nachzahlen.» Und das, obwohl die monatlichen Akontozahlungen 250 Franken betragen haben. «Ich wüsste nicht, wie ich das bezahlen soll», sagt er. Schmidlin ist geschieden und muss für den Unterhalt von vier Kindern aufkommen. Er hat deshalb bereits Stiftungen angeschrieben und hofft, auf diesem Weg finanzielle Unterstützung zu erhalten. 

Ehemaliger Mieter schaltet Anwalt ein

Marc Voppichler (26) wurde von Crowdhouse betrieben. Ein Fehler, wie sich später herausstellte. Nachdem er im März aus der Überbauung im Kanton St. Gallen ausgezogen ist, erhielt auch er jüngst dicke Post. «Ich soll für drei Jahre knapp 5000 Franken nachzahlen. Darunter auch Mietzinsen, die ich angeblich nie bezahlt habe», so Voppichler. Ein erneuter Fehler, wie er sagt. Auch den abgerechneten Nebenkosten traut er nicht. So soll der Wasserverbrauch nach dem Auszug seines Mitbewohners gestiegen sein.

Das Nebenkosten-Chaos bei Crowdhouse nimmt immer grössere Dimensionen an.
Foto: Linda Käsbohrer
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Bei Crowdhouse habe sich bei mehreren Anrufen niemand zuständig gezeigt. Dasselbe Bild wie in den Jahren zuvor, als er mehrfach eine Nebenkostenabrechnung gefordert habe. «Mittlerweile habe ich einen Mieterrechtsanwalt eingeschaltet und die Auszüge und den Verteilschlüssel angefordert», sagt er. 

«Ich werde das nicht zahlen»

Andrea Stöckli (41) muss für ihre Mietwohnung in Staffelbach AG rund 2000 Franken nachzahlen. Und das schon seit einem Jahr. «Ohne Einsicht in die detaillierten Belege zahle ich das nicht», sagt sie. Auf ihre E-Mails erhalte sie von Crowdhouse jedoch keine Antwort. 

Bei Tanja S.* (37) belaufen sich die Nachforderungen auf über 7000 Franken. Sie wohnt in Herisau AR und möchte anonym bleiben. «Ich habe per eingeschriebenen Brief die Unterlagen der letzten fünf Jahre verlangt. Ich werde das nicht bezahlen», sagt sie. Auch in dieser Überbauung sollen Mieter schon unrechtmässig betrieben worden sein, wie sie erzählt. «Ruft man bei Crowdhouse an, ist fast nie jemand erreichbar oder neues Personal am Apparat.»

Auch Matthias B. * (46) geht mit Crowdhouse hart ins Gericht: «Ich habe noch nie so eine unprofessionelle Verwaltung erlebt», sagt er. Er zog bereits 2021 aus der Wohnung in Sennwald SG ausgezogen, erhielt jedoch zuletzt Rechnungen für die Zeit von 2019 bis 2021. Wie die über 3200 Franken zustande gekommen sind, ist im schleierhaft. «Ich habe versucht, bei Crowdhouse einen Rabatt herauszuhandeln, war aber chancenlos», sagt er. 

Riesiger Personalabbau? Crowdhouse dementiert

Das Chaos in der Crowdhouse-Buchhaltung ist offenbar selbst gemacht. Die Firma soll unter einer massiven Fluktuation leiden, schildern zahlreiche Mieter. Der Finanzblog «Inside Paradeplatz» schreibt von einem riesigen Personalabbau. So sollen seit Jahresbeginn zwischen 40 und 50 Mitarbeiter entlassen worden sein, beruft sich der Blog auf einen Insider. Den Personalabbau bestreite die Firma allerdings. Crowdhouse habe im Zuge der im Frühling 2022 definierten Strategie angefangen, sich neu zu organisieren. Wesentlicher Bestandteil: die Auslagerung der Software-Entwicklung in die von den gleichen Aktionären gehaltene Propportunity AG, so Mediensprecher Michael Meier. «Im Zuge dessen gab es auch geplante personelle Veränderungen bei der Crowdhouse AG, die bei weitem nicht dem von Inside Paradeplatz behaupteten Ausmass entsprechen.»

Auf die Misstände in der Verwaltung hat Crowdhouse bereits reagiert, wie die Firma betont. Crowdhouse spricht von entscheidenden Prozessoptimierungen. Zudem habe man auch personelle Konsequenzen gezogen. 

*Name der Redaktion bekannt

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