Propaganda im Schaufenster
Skeptiker-Beck sorgt für Aufregung in Winterthur

Zwei Filialen einer Winterthurer Traditionsbäckerei sorgen mit Corona-skeptischen Aussagen für Aufregung. Der Inhaber wettert gegen Masken und die Impfung. Für die Missachtung der Maskenpflicht hat es auch schon Bussen gehagelt.
Publiziert: 25.10.2021 um 16:29 Uhr
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Aktualisiert: 26.10.2021 um 07:27 Uhr

Sie sind in Winterthur ZH eine Institution: der «Holzofebeck» und der «Grabebeck». Zwei Bäckereien an bester Lage in der Altstadt. Seit Jahrzehnten versorgen die Filialen die Winterthurerinnen und Winterthurer mit frischem Brot.

Nun machen die Bäckereien aber nicht wegen ihrer Backkünste von sich reden. Sondern wegen ihrer Corona-Skepsis. Inhaber Urs Gerber hat in den Schaufenstern seiner beiden Filialen Bildschirme aufgehängt, die coronakritische und nachweislich falsche Aussagen verbreiten. «Geimpfte weisen eine 251-mal höhere Viruslast auf als Ungeimpfte», heisst es dort unter anderem, wie der «Landbote» berichtet. Oder: «Die Covid-19-Impfung ist die grösste Bedrohung, der die Menschheit je ausgesetzt war.»

Kunden kritisieren «Schwurblerpropaganda»

Im «Landboten» redet Gerber die Pandemie klein, spricht von «Zehntausenden Impftoten». Bei den Kunden löst das gemischte Gefühle aus. Das zeigt ein Blick in die Google-Rezensionen der Bäckereien. «Schwurblerpropaganda im Schaufenster wirkt abschreckend», schreibt dort ein irritierter Kunde. Ein anderer bezeichnet die Aktion als «einfach lächerlich».

Eigentlich sind Holzofe- und Grabebeck in Winterthur ZH für ihre Leckereien bekannt.
Foto: Screenshot Tele Top
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Inhaber Urs Gerber antwortet persönlich auf die negativen Google-Kommentare. Er schreibt etwa, dass die Bildschirme «zum selber Denken anregen» sollen. Einzelnen droht er gar offen heraus für ihre schlechten Bewertungen: «Sollten Sie den Post nicht innert 3 Tagen gelöscht haben, werden wir Schritte gegen Sie unternehmen.»

Angestellte ohne Maske gebüsst

Gerber war aufgrund seiner Einstellung auch schon im Konflikt mit den Behörden. Bei einer Kontrolle im September wurden mehrere Bäckerei-Mitarbeitende gebüsst, weil sie keine Maske trugen. In weiteren Google-Antworten bezeichnet er Masken als «wirkungslos, aber sehr ungesund».

Das Gebaren der Winterthurer Traditionsbäckerei erinnert an einen anderen Fall aus der Eulachstadt. Der vegane Laden Tofulino, nur einen Katzensprung vom Grabebeck entfernt, stellte sich ebenfalls gegen die Maskenpflicht. Weder Kunden noch Verkäufer trugen Masken. Die Behörden liessen den Laden letzten Herbst zwangsschliessen.

Verband hält sich bedeckt

So weit will es Urs Gerber in seinen Bäckerei-Filialen nicht kommen lassen. «Das kann ich mir nicht leisten, ich habe 30 Angestellte.» Er verbiete seinen Mitarbeitenden das Maskentragen denn auch nicht. Die Google-Rezensionen lassen allerdings keinen Zweifel daran: Masken sind hinter den Bäckereitheken in der Winterthurer Altstadt eher die Ausnahme als die Regel.

Holzofe- und Grabebeck sind Mitglied des Schweizer Bäcker- und Confiseur-Verbandes. Dass der Winterthurer Bäcker mit seiner coronaskeptischen Meinung für die Mehrheit der Bäckereien steht, glaubt Verbandsdirektor Urs Wellauer (57) nicht. «In unserem Verband gibt es 1400 individuelle Unternehmer. Wir sind ein Spiegel der Gesellschaft.» Will heissen: Von Gegnern bis Befürwortern der Corona-Massnahmen sind alle Meinungen vertreten. Weiter dazu äussern will sich Verbands-Chef Wellauer nicht. (sfa)

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