Mit den Pop-ups gehts ab
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Mit den Pop-ups gehts ab:Corona treibt neuen Laden-Trend voran

Pop-up-Boom wegen Corona
«Leute müssen ihre eigene Haut retten»

Temporäre Pop-ups sind in immer mehr Branchen in der Corona-Krise die Rettung in der Not. Nach Pop-up-Läden und -Restaurants poppten neu Pop-up-Flüge sowie Pop-up-Campings und Pop-up-Parks auf. Der Boom entfacht Streitereien über die Nutzung des öffentlichen Raums.
Publiziert: 06.08.2020 um 08:24 Uhr
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Aktualisiert: 06.08.2020 um 15:03 Uhr
Pop-up-Camping: An idyllischer Lage direkt am Waldrand im Gebiet Arvenbüel oberhalb von Amden SG ist ein temporärer Campingplatz eröffnet worden. Die Gemeinde und ein privater Unternehmer reagieren damit auf die stark gestiegene Nachfrage nach Ferien in der Schweiz.
Foto: zVg
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Simon Bühler

Pop-ups sind für immer mehr Branchen und Organisationen die Rettung in der Not. Mit dem Label Pop-up lässt sich scheinbar alles als hip und angesagt verkaufen. Die Idee der temporären Standorte stammt ursprünglich aus Kalifornien, wo Ende der 90er-Jahre erste Kleider-Pop-ups entstanden sind.

Längst ist der Pop-up-Store-Trend nach Europa geschwappt. Auch in die Schweiz, derzeit noch meist genutzt für die Zwischennutzung von leer stehenden Verkaufsflächen. Grossfirmen wie Ikea setzen auf das Pop-up-Konzept. Kleine ebenfalls, zum Beispiel mit Pop-up-Repair-Cafés in den Quartieren.

Mit dem Boom sind auch Pop-up-Agenturen und Onlineplattformen entstanden, die sich auf die Vermittlung von leer stehenden Geschäftsflächen und den Betrieb von Pop-up-Konzepten spezialisieren. Eine solche Agentur ist die Berner Mosaik Event GmbH von Camil Schmid (30). Er hat sich als Pop-up-Pionier von Bern auch mit mehreren Projekten im öffentlichen Raum einen Namen gemacht, die gerade viele Nachahmer finden. Gleichzeitig wächst in Bern der politische Widerstand gegen die Übernutzung des öffentlichen Raums.

Konflikt im öffentlichen Raum

«Dass der öffentliche Raum immer mehr von allerlei Pop-up-Projekten in Beschlag genommen wird, ist nicht nur ein Berner Phänomen», sagt Tom Steiner, Leiter des Zentrums Öffentlicher Raum des Schweizer Städteverbands. Er beobachtet in Schweizer Städten verstärkt einen Konflikt zwischen dem Wunsch nach Belebung der Allmenden und dem Bedürfnis nach Ruhe und Ordnung.

In Basel habe die Installation von Buvetten zur Entspannung von Brennpunkten beigetragen, obwohl diese anfangs auf Widerstand stiessen. «Inzwischen sind sie kein Pop-up-Phänomen mehr, sondern Mainstream.» Mit dem kommerziellen Erfolg solcher Projekte steige oft auch die politische Akzeptanz.

Corona verstärkt Pop-up-Boom

Mit Corona erlebt der Pop-up-Boom gerade im öffentlichen Raum einen weiteren Schub. Sowohl mit gastronomischen Pop-ups in den Städten als auch mit touristischen Konzepten auf dem Land.

Kürzlich hat in Amden SG ein Pop-up-Camping eröffnet. Der Bergführer und Unternehmer Richard Bolt (50) reagiert damit auf die stark gestiegene Nachfrage nach Camping-Ferien in der Heimat. Die Pop-up-Camping-Idee stösst bei den Tourismusverantwortlichen auf grossen Zuspruch. Nicht nur, weil sie für die Region einen willkommenen Zusatzumsatz generiert. Sie leistet auch einen Beitrag gegen das wilde Campieren.

In Arosa GR wird derweil nur für diese Sommersaison das Hotel Asora temporär als Pop-up-Hotel mit einem Asterix-Themenkonzept für Familien genutzt. Selbst die Flugbranche bietet inzwischen Pop-up-Flüge an: In Kooperation mit einem Reisespezialisten offeriert Helvetic Airways für Pauschalreisen nach Südosteuropa «Pop-up»-Flights, um die Flotte etwas besser auslasten können.

Der Luzerner Coiffeur Stephan Furrer hat sich wegen den Corona-Abstandsvorschriften ein Pop-up-Konzept einfallen lassen, um sein Personal so gut wie möglich zu beschäftigen. Er hat in seinem privaten Malatelier in Adligenswil LU einen Pop-up-Salon eröffnet. Dank ihm kommen er und sein Team wieder möglichst nahe an den Normalumsatz.

Pop-up-Parks statt Parkplätze

Inzwischen wird auch der öffentliche Raum immer mehr von Pop-up-Konzepten in Beschlag genommen. In der Stadt Luzern etwa werden seit Ende Juli Parkplätze zur Aufwertung der Quartiere jeweils für vier Wochen zu grünen Verweiloasen umgestaltet. Die Situation rund um das Coronavirus hat gezeigt, wie wichtig der öffentliche Raum gerade in einer solchen Krisenzeit für die Bevölkerung ist. Dies habe die Luzerner Behörden ermutigt, das Pop-up-Park-Projekt zu pushen, meint Experte Tom Steiner.

Der städtischen SVP stösst die temporäre Umnutzung der Parkplätze jedoch sauer auf. Die Partei hat per Postulat gefordert, auf die Pop-up-Parks zu verzichten. Doch die Stadtregierung hält an der Idee fest.


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