Der Markt ist ausgetrocknet
Hier sind bezahlbare Wohnungen besonders knapp

Wer eine Wohnung sucht, der findet kaum noch etwas. Steigende Mietzinse und ein sinkendes Angebot stehen einem Wohnungswechsel im Weg. Selbst Experten sprechen von einer «historischen Situation». Blick weiss, wo die Lage besonders dramatisch ist.
Publiziert: 13.07.2024 um 17:44 Uhr
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Aktualisiert: 13.07.2024 um 18:30 Uhr
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Patrik BergerRedaktor Wirtschaft

Freie Wohnungen sind in der Schweiz ein rares Gut. Längst nicht mehr nur bezahlbare. Und längst nicht mehr nur in den Grossstädten wie Zürich, Basel oder Genf. Und dort auch nicht mehr nur an den besten Lagen. Der Markt ist ausgetrocknet. Umzugswillige suchen oft monatelang nach einer neuen Bleibe. Und haben sie einmal eine Wohnung gefunden, dann sind sie meist nur eine Nummer im mühsamen Bewerbungsprozess. Kurz: Die Lage auf dem Schweizer Wohnungsmarkt ist dramatisch.

Das zeigen auch Zahlen des Online-Wohnungsindexes von SVIT Schweiz, dem Swiss Real Estate Institute und dem Schweizerischen Hauseigentümerverband (HEV). Halbjährlich nimmt er den Markt unter die Lupe. Die Untersuchung zeigt, dass die Zahl der auf den wichtigsten Schweizer Immobilienportalen ausgeschriebenen Mietwohnungen zwischen April 2023 und März 2024 um 13 Prozent auf 340’000 Objekte gesunken ist. Das sind 50'000 Wohnungsinserate weniger als im Vorjahr.

75'000 Umzüge weniger

Die durchschnittliche Insertionszeit aller Wohnungen liegt bei 27 Tagen. Sie ist damit zwei Tage kürzer als vor Jahresfrist. Heisst: Freie Wohnungen sind über alle Kategorien hinweg noch einmal weniger lang ausgeschrieben, bis die Eigentümer einen neuen Mieter gefunden haben. Und zwar schweizweit. Die Folgen: Mieter bleiben in ihren Wohnungen, weil sie keine neue zu vergleichbaren Mietzinsen finden. In Zahlen: 2023 standen 625'000 Umzüge an. Das sind satte 75'000 weniger als im Vorjahr.

Leere Wohnungen sind in der Schweiz auf breiter Front Mangelware.
Foto: Sven Thomann
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Analysiert man die Daten nach der Zahl der Zimmer, zeigt speziell bei kleineren und preiswerten Wohnungen (2-Zimmer) eine rückläufige Nachfrage. Der Rückgang des Angebots an günstigen und kleineren bis mittelgrossen Wohnungen ist deutlich ausgeprägter. Während die Nachfrage nach grossen Wohnungen (5 und mehr Zimmer) wächst.

Prekäre Lage in Basel

Besonders prekär ist die Situation in der Stadt Basel. Mit 12'580 ausgeschriebenen Mietobjekten ist das Wohnungsangebot in Basel laut der Studie auf dem tiefsten Stand seit 2018. In allen Segmenten bis 2500 Franken Miete pro Monat gehen die Angebote zurück. Je kleiner die Wohnung, umso grösser der Rückgang des Angebots. Wohnungen mit 4 und mehr Zimmern kommen zwar vermehrt auf den Markt, auch sie sind aber schnell wieder weg. 

In Chur reden die Studienautoren gar von einer «historischen Situation». Die Online-Insertionen im Jahresvergleich sind um 16 Prozent auf historisch tiefe 592 ausgeschriebene Wohnungen zurückgegangen. Daraus schliessen die Experten: «Anbieter und Nachfrager scheinen sich in einem weitgehend ausgetrockneten Markt über andere Wege zu finden.» Heisst: Die meisten Wohnungen gehen unter der Hand weg. 

Wohnungen immer kürzer ausgeschrieben

Auch der Luzerner Wohnungsmarkt trocknet mehr und mehr aus. Mit exakt 3103 Objekten sinkt das Angebot auf den tiefsten Wert seit 2017. Dies führt dazu, dass Wohnungen nur noch 17 Tage lang ausgeschrieben sind, bis sie wieder vergeben sind. Das sind sechs Tage weniger als im Vorjahr. Nur für Chur, Winterthur ZH, Zürich und Genf werden noch kürzere Insertionszeiten verzeichnet (11 bis 15 Tage).

Quer in der Landschaft steht dagegen St. Gallen. Es gehört zu den kleineren städtischen Wohnungsmärkten. Für 6151 Objekte finden Vermieter im Mittel innert 35 Tagen einen Mieter. Das ist deutlich länger als im Schweizer Durchschnitt und für die Studienautoren ein Indiz für den entspannten Wohnungsmarkt.

Schweizer brauchen weniger Fläche

Peter Ilg, einer der Autoren, stellt aber fest, dass hohen Mieten nicht nur negativ sind: «Die steigenden Angebots- und Bestandesmieten führen dazu, dass der Wohnflächenkonsum pro Kopf eher stagniert oder gar zurückgeht», sagt er. «Dies führt zu weniger Wohnungsknappheit in den Städten, zudem wird mit weniger Wohnflächenkonsum pro Kopf die allseits angestrebte Innenverdichtung erreicht. Weiter profitieren die Land- und Energieressourcen vom geringeren Flächenkonsum.» Verzweifelt nach einer günstigen Wohnung Suchende dürfte das nicht trösten.

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