Die Detektive, die den Star-Banker beschatteten
Spezialgebiet: Ausspionieren von Sozialhilfebetrügern

Die Investigo-Schnüffler beschatteten Starbanker Iqbal Khan im Auftrag der Credit Suisse. Das kleine Unternehmen aus dem Kanton Zürich kümmert sich sonst um Sozialfälle.
Publiziert: 24.09.2019 um 23:06 Uhr
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Aktualisiert: 17.03.2022 um 17:44 Uhr
Christian Kolbe, Michael Sahli, Marc Iseli

Die Türen des Detektivbüros Investigo bleiben am Dienstag geschlossen. Niemand antwortet auf ein Klingeln. Ein Blick durchs Fenster verrät: Das Sitzungszimmer ist verwaist. Die Verantwortlichen der Firma sind auf Tauchstation, sie schieben einen Anwalt vor. Dieser will keine Fragen beantworten. Er warte noch auf Unterlagen der Strafverfolgungsbehörden, sagt er zu BLICK.

Das Schweigen hat einen Grund. Die Grossbank Credit Suisse hat das Detektivbüro beauftragt, ihren ehemaligen Angestellten Iqbal Khan (43) zu beschatten. Die Schnüffelaktion flog letzte Woche auf. Sie droht zum Bumerang für die CS zu werden. Die Zürcher Staatsanwaltschaft ermittelt gegen die Schnüffler wegen Nötigung.

Im Sold des Kantons

BLICK stöbert die Kleinfirma Investigo im Industriequartier von Otelfingen ZH auf. Die Firma selbst ist noch keine zehn Jahre alt. Zwei Brüder haben die Gesellschaft 2010 aus der Taufe gehoben, der eine amtet als Direktor, der andere als Geschäftsführer. Davor waren sie für die Sicherheit im Zürcher Universitätsspital zuständig. Seit 2010 hängen sich die Brüder im Normalfall an die Fersen von angeblichen Sozialhilfebetrügern.

Die Tür des Detektivbüros Investigo in Otelfingen: Nach dem CS-Skandal geschlossen.
Foto: Blick
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Zum Kundenstamm gehören laut eigenen Angaben diverse Gemeinden aus den Kantonen Zürich und Aargau. Je nach Auftragslage beschäftigen sie bis zu einem halben Dutzend Angestellte. Als Sozialdetektive brüsten sie sich damit, «effektiver als die Polizei zu sein».

Krimi im Zürcher Bankenquartier

«Wir haben eine Erfolgsquote von rund 80 Prozent», sagte der Investigo-Direktor unlängst im «Landboten». Maximal zehn Fälle von angeblichem Sozialhilfemissbrauch betreue sein Büro gleichzeitig. Gegenüber der «Weltwoche» legten er weitere Details offen und schilderte ein Dutzend Fälle. Es geht um Schwarzarbeit, die ergaunerten Beträge sind relativ gering. So bezog etwa eine Buchhalterin zwei Jahre lang Sozialhilfe in der Schweiz und in Deutschland. Und eine Verkäuferin aus dem Aargau arbeitete schwarz als Taxifahrerin.

Die Beschattung eines Spitzenbankers wie Khan gehörte bislang nicht zum Repertoire der Sozialdetektive. Die schillernde Welt der Hochfinanz ist ein anderes Kaliber. Mit der Observation wollte die CS herausfinden, mit wem sich Khan trifft. Ob er Kunden oder gar Mitarbeiter mitnimmt zum neuen Arbeitgeber und Erzrivalen UBS. Die Investigo-Aktion sollte im Verborgenen stattfinden.

Streit um den Tathergang

Khan bemerkte aber, dass er beschattet wurde. Es kam zum Eklat auf der offenen Strasse mitten in Zürich. Der genaue Hergang ist umstritten. Es soll zu einem Handgemenge gekommen sein. Zum Streit um Khans Handy. Drei Verfolger sollen den ehemaligen CS-Star observiert haben. Einer sei ein tätowierter Schlägertyp gewesen.

Ein Rapport der Firma Investigo an die CS widerspricht aber dieser Version. Das Dokument liegt BLICK vor. Es stammt aus dem Umfeld der CS. Darin spielen die Verfasser den Fall herunter: Nur ein Mitarbeiter – und nicht deren drei – sei Khan gefolgt. Khan sei «laut rufend und mit den Händen gestikulierend» auf den Detektiv zugegangen. «Unser Mitarbeiter», schreibt Investigo im Bericht, «hat sich defensiv verhalten. (...) Die Überwachung wurde umgehend abgebrochen.»

Haus im Bunkermodus

Der Auftrag sei mündlich erfolgt, heisst es weiter. Wer bei der Credit Suisse die Order gab, geht aus dem Rapport nicht hervor. Die Grossbank lässt entsprechende Fragen unbeantwortet. Eine Konfrontation wollte die CS offenbar vermeiden. Die Anweisung an die Brüder war klar: «Immer grossen Abstand (...) halten.»

Das ging offensichtlich in die Hose. Und hat auf dem ganzen Finanzplatz nun für Aufruhr gesorgt. Der Investigo-Direktor bleibt derweil unerreichbar. Nicht nur im Büro, sondern auch an seinem Wohnort. Seine Frau sagt BLICK am Telefon, sie wisse nicht, wie man ihren Mann erreichen könne. Die Vorhänge sind zu, die Läden geschlossen.

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