Die SMI-Quartalsbilanz
Fast die Hälfte der Unternehmen verfehlte die Erwartungen

SMI-Unternehmen fielen im dritten Quartal punkto Markterwartungen durch. Weshalb die Lage auf den zweiten Blick besser aussieht und die Aussichten mittelfristig positiv bleiben.
Publiziert: 17.11.2023 um 10:57 Uhr
Gleich neun Schweizer SMI-Unternehmen verfehlten die Quartalserwartungen.
Foto: Keystone
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Thomas Marti
Cash

Die Berichtssaison des dritten Quartals neigt sich dem Ende zu. 18 von 20 Unternehmen aus dem Swiss Market Index haben ihre Geschäftsergebnisse mitgeteilt, wobei die Partners Group keine Quartalszahlen publiziert. Sonova wird am 21. November über das operative Geschäft berichten.

Eine Analyse von cash.ch zeigt, dass mit Alcon, ABB, Lonza, Nestlé, Richemont, Roche, Swisscom, Sika und Swiss Life gleich 9 Unternehmen die Erwartungen der Investoren und Analysten nicht erfüllen konnten. Dagegen wussten 5 Unternehmen – Geberit, Kühne + Nagel, Logitech, Novartis und UBS – zu überzeugen, während bei den 4 Unternehmen Givaudan, Holcim, Swiss Re und Zurich Insurance das Ergebnis im Rahmen der Erwartungen ausfiel. 

Ein Blick auf die Kursentwicklung seit dem Start der Zahlenflut am 18. Oktober zeigt, wie sich die Spreu vom Weizen trennt. Ganz oben sticht auf jeden Fall der Technologie-Konzern Logitech hervor, der auf der ganzen Linie zu überzeugen wusste und entsprechend die Gewinnertabelle anführt.

Nicht alle Titel der Unternehmen, welche hinter den Erwartungen blieben, stehen bei den Kursen aber tiefer. Im Mittelfeld fallen Lonza trotz enttäuschendem Abschluss auf. Dass es mit den Valoren nicht weiter bergab ging, hängt damit zusammen, dass der Pharmazulieferer einen Tag vor Start der Berichtssaison schon am Investorentag einen unerfreulichen Ausblick präsentierte.

Die Kursentwicklung über die letzten drei Monate zeigt bei Lonza denn auch ein klares Minus von 24 Prozent. Die positive Kursentwicklung in den letzten Tagen ist deshalb eher eine technische Korrektur.

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Am unteren Ende kam bei Swisscom völlig überraschend, dass das Unternehmen immer noch mit einem Euro-Kurs zum Franken von eins zu eins gerechnet hat. Richemont, der Börsenüberflieger aus dem ersten Halbjahr, liess ebenfalls Federn, obwohl die Zahlen eigentlich gar nicht so schlecht ausfielen. Umsatz und Gewinn konnten deutlich gesteigert werden. Aber die Gewinnerwartungen waren beim Luxusuhrenhersteller dermassen hoch, dass die Fallhöhe entsprechend angestiegen war.

Das liess sich hernach auch an den revidierten Analysteneinschätzungen ablesen: Ein Grossteil der Analysten hält nach wie vor am Kauf-Rating fest, während eine Kurszielreduktion nach der anderen folgte. Entsprechend steht der Titel wieder nahezu unverändert gegenüber dem Tag vor der Veröffentlichung der Quartalszahlen. 

Qualitativ besser, wenn auch etwas durchzogen

Quantitativ fällt die Auswertung wegen der mehrheitlichen Enttäuschungen durchzogen aus. Allerdings ist das nur eine Seite der Medaille, denn qualitativ können Schweizer Aktienstrategen den Unternehmensergebnissen mehrheitlich Positives abgewinnen. 

Stefan Meyer, Schweizer Aktienstratege bei der UBS, stellt beim Swiss Leaders Index (SLI) mit den Top-30 Schweizer Firmen fest, dass die Ergebnisse insgesamt leicht besser als erwartet waren: 43 Prozent besser, dagegen 29 Prozent schlechter als erwartet. 

Die Updates nach neun Monaten waren nicht einheitlich, stellt Omar Brem, Leiter Research bei der Zürcher Kantonalbank, fest und meint: «Einige Unternehmen konnten dem herausfordernden Umfeld trotzen und den Markt positiv überraschen. Dazu zählten Novartis, Logitech oder Schindler. Dagegen haben auch einige Unternehmen die bisherige Guidance für das laufende Jahr im Zusammenhang mit den Drittquartalsresultaten reduziert, wie zum Beispiel Swisscom aufgrund des Währungseffekts, oder Gurit

Unter dem Strich war die Gewinnsaison zum dritten Quartal 2023 in der Schweiz durchzogen, konstatiert Matthias Geissbühler, Anlagechef der Raiffeisen Schweiz: «Insgesamt gab es mehr Schatten als Licht. Neben einem anhaltenden Margendruck, enttäuschte bei vielen zyklischeren Unternehmen die Entwicklung bei den Auftragseingängen.» Dies verdeutlicht, dass der konjunkturelle Gegenwind zunehmend Bremsspuren hinterlässt.

Warten auf ein besseres Umfeld im 2024

Über die Gründe für den aktuellen Gegenwind sind sich die drei Strategen einig. Einerseits führte der starke Schweizer Franken dazu, dass im Ausland erzielte Umsätze und Gewinne in Franken tiefer ausfielen und so das Ergebnis negativ beeinflussten. Andererseits ist die Konjunkturentwicklung schwächer, was auf das Absatzvolumen drückt. Geissbühler ergänzt dazu, dass steigende Refinanzierungskosten und ein gewisser Lohndruck hinzukommen, was vielerorts die Gewinnmargen belastet.

Für Meyer von der UBS bleiben die Gewinnrisiken erhöht, weil der konjunkturelle Tiefpunkt noch bevorsteht. «Im aktuell heterogenen Umfeld empfehlen wir einen Anlagefokus auf Qualitäts- und Dienstleistungsfirmen. Bei Zyklikern und Mid Caps raten wir selektiv zu Unternehmen, bei denen die Markterwartungen und Aktienbewertungen besonders tief sind.»

«Wir erwarten auch zu Beginn des kommenden Jahres kein ‹Risk-On›-Umfeld und gehen deshalb von einer Outperformance der Large-Caps gegenüber den Small-Mid-Caps aus», betont Brem. Im Jahresverlauf gegen Ende des zweiten Quartals 2024 sollte sich das Umfeld verbessern – dies unter anderem aufgrund der Erwartung einer abnehmenden Inflation sowie ersten Zinssenkungen der Notenbanken ab März 2024. Diese Faktoren sollten wiederum zu einem Anstieg des Risikoappetits der Anleger führen und die Nachfrage nach Small-Mid-Caps erhöhen. 

Vorsichtig bleibt auch Geissbühler und betont, dass die Gewinnerwartungen für 2024 aus seiner Sicht noch immer zu optimistisch sind. Die globale Wirtschaft dürfte sich im ersten Halbjahr 2024 weiter abschwächen.

Allerdings gilt es branchenspezifisch zu unterscheiden. Bei den Pharmaunternehmen Roche und Novartis sind die Gewinnerwartungen aus der Sicht von Raiffeisen realistisch und nicht zu ambitioniert. Bei diversen Zyklikern besteht aber durchaus noch Revisionsbedarf nach unten, so Geissbühler. Damit besteht ein latentes Risiko für Gewinnenttäuschungen bei den Jahresabschlüssen sowie insbesondere bei den Zahlen für die beiden Startquartale 2024.

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