Discounter machen sich Top-Platz streitig, Lidl legt nun Teilzeit-Pensen offen
Wettstreit um den höchsten Mindestlohn

Höchste Mindestlöhne im Detailhandel, aber keiner bekommt sie. Dafür werden Aldi und Lidl kritisiert. Zu Recht? Im Gegensatz zu Aldi hat Lidl die Sozialpartner auf seiner Seite. Der Wettlauf um den höchsten Mindestlohn dürfte noch nicht zu Ende sein.
Publiziert: 18.02.2023 um 00:54 Uhr
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Aktualisiert: 18.02.2023 um 14:16 Uhr
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Ulrich RotzingerWirtschaftschef

Mindestens 4500 Franken Lohn für alle Angestellten in der Schweiz. Mal 13 und im Vollzeitpensum. Das verspricht Lidl mit Sitz in Weinfelden TG. Und rührt damit kräftig die Werbetrommel. In einer Mitteilung von dieser Woche zeichnet sich der Discounter selbst mit dem «höchsten Mindestlohn in der Branche» aus. Pikant: Auch Aldi Suisse schreibt sich den höchsten Mindestlohn im Schweizer Detailhandel auf die Fahnen.

Das kommt der Blick-Community schräg rein. Sie spricht bei den beiden Discountern von Augenwischerei, einer «werbetechnischen Mogelpackung». Zudem stünden bei Lidl und Aldi praktisch nur Teilzeitangestellte auf den Lohnlisten. «Voller Lohn, eine Farce», wettert ein Kommentarschreiber stellvertretend.

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Die Wahrheit liegt dazwischen, wie Recherchen zeigen. Fakt ist: Die Mehrheit der Discount-Angestellten arbeitet tatsächlich in Teilzeit. Aldi macht ein Geheimnis darum, wie viele Angestellten in welchen Pensen arbeiten. Lidl gibt sich dagegen auf Blick-Anfrage erstmalig transparent: Rund die Hälfte aller Angestellten arbeitet in einem Pensum von 80 bis 100 Prozent. Gut 40 Prozent in einem «eigentlichen» Teilzeitpensum von 40 bis 70 Prozent gemäss Lidl-Sprecher Mathias Kaufmann. Vor allem Studenten und Aushilfen würden in einem Pensum von und bis zu 30 Prozent arbeiten. Das betrifft rund 10 Prozent des Personalbestands.

Lidl Schweiz hat kürzlich den Mindestlohn erhöht.
Foto: Keystone
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Aldi und Lidl verzichten auf Stundenlöhner

Interessant auch: Beide Discounter geben an, niemanden auf Stundenbasis anzustellen. «Jeder hat folglich ein fixes Einkommen, was vor allem Teilzeitbeschäftigten mehr Sicherheit bringt», sagt Lidl-Sprecher Kaufmann. Beide heben hervor, dass Teilzeitarbeit ein Bedürfnis sei. Vor allem beim Verkaufspersonal sowie bei Mitarbeitenden mit Familien. Davon spricht auch die Gewerkschaft Syna, Sozialpartnerin von Lidl.

Doch warum wirbt Lidl mit dem höchsten Mindestlohn, während der von Aldi höher ausfällt? Nachfrage bei Lidl. «Alles, was wir hier ausloben, ist vertraglich festgehalten und wird durch die Gewerkschaften kontrolliert», betont Sprecher Kaufmann gegenüber Blick. «Wir haben definitiv den höchsten GAV-abgesicherten Mindestlohn der Branche, unabhängig vom Pensum ist dieser komplett BVG-versichert.» Auf den sonst üblichen Koordinationsabzug werde verzichtet. Das sei bei Aldi nicht der Fall, so Kaufmann.

«Der hohe Mindestlohn täuscht nicht»

Der Kaufmännische Verband Schweiz und Sozialpartner Syna bestätigen dies. Lidl versichere seine Mitarbeitenden ab dem ersten verdienten Franken in der zweiten Säule (BVG). «Der hohe Mindestlohn täuscht nicht», sagt Syna-Zentralsekretär Fabian Lusser (37), der die Lohnverhandlungen mit Lidl mit führte. Eine Teilzeitstelle von 40, 60 oder auch 80 Prozent sei «entscheidend besser entlohnt als bei den übrigen Detailhändlern in der Schweiz».

Die Mitbewerber Denner, Migros und Coop lässt der Wettlauf um den höchsten Mindestlohn unbeeindruckt. Dabei hinken sie bezüglich Mindestlohn hinter den beiden, ursprünglich deutschen Discountern, her. Die beiden Grossverteiler entgegnen, nicht nur der Mindestlohn zähle, sondern auch Sozialleistungen, Erfolgsbeteiligungen, Sonderkonditionen und weitere Mitarbeitervorteile.

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