Erste Bilanz des TCS-Benzinpreisradars
Was choscht de Moscht?

Vor zwei Wochen hat der Touring-Club Suisse (TCS) seinen Benzinpreisradar eingeführt. Damit dieser Aussagekraft hat, braucht es die Teilnahme der Öffentlichkeit. Zeit für eine erste Bilanz. Diese fällt durchzogen aus.
Publiziert: 10.12.2022 um 15:25 Uhr
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Aktualisiert: 10.12.2022 um 16:05 Uhr
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Jean-Claude RaemyRedaktor Wirtschaft

Seit zwei Wochen kann man vergleichen, was der Liter Benzin wo kostet. Der TCS hat eine Vergleichsplattform lanciert. Der Mobilitätsclub ist «sehr zufrieden» mit dem Benzinpreisradar: Demnach wurde die TCS-Website in den ersten 14 Tagen schon über eine Million Mal aufgerufen. Über 12'000 Personen haben sich registriert, um den Benzinpreisradar aktiv mitzugestalten. Rund 2500 Benzinpreise werden täglich aktualisiert.

Noch ist aber nicht alles perfekt. Noch fehlen viele unabhängige Tankstellen im Benzinpreisradar. Rund 1500 Gesuche hierfür seien eingegangen. Ebenso ist die Plattform immer noch nicht in der TCS-App verfügbar. Das soll laut TCS-Sprecher Laurent Pignot in den nächsten Wochen erfolgen.

Mineralölkonzerne zeigen sich skeptisch

Noch fraglich ist, ob alle Tankstellen bei der Preiserfassung überhaupt mitmachen. Die Mineralölgesellschaften erklären, dass Tankstellenbetreiber selber wählen dürfen, ob sie mitmachen wollen oder nicht.

Der Benzinpreisradar des TCS erhält täglich rund 2500 Aktualisierungen und Neueintragungen. Reicht das?
Foto: Blick
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Für die TCS-Initiative scheint die Branche wenig übrigzuhaben. So sagt etwa Shell-Sprecherin Jane Nüssli gegenüber Blick: «Die Transparenz der Benzinpreise ist jederzeit gegeben. Viele Tankstellen verfügen über eine Anzeigetafel, wo die Preise der Produkte gut ersichtlich sind.» Zudem zweifelt sie an den Daten: «Preisveränderungen an den Tankstellen kommen aktuell häufiger vor, als dies in der Vergangenheit der Fall war.» Viele Daten im Benzinpreisradar sind zum Teil mehrere Tage alt.

Patrick Staubli, Geschäftsführer der genossenschaftlich organisierten Avia, setzt noch einen drauf: «Die hohe Tankstellendichte sowie die transparente Kommunikation der Säulenpreise an den Anzeigetafeln gewährleisten in der Schweiz den Wettbewerb sowie die vollständige Preistransparenz.» Einen Online-Tankstellenvergleich erachte Avia als nicht notwendig und sehe darin keinen Gewinn für den Konsumenten. «Wir gehen gestützt auf die uns vorliegenden Informationen zudem davon aus, dass vorwiegend auf dem Weg zwischen Wohnort und Arbeitsort getankt wird, wofür kaum Umwege in Kauf genommen werden.» Avia verschliesse sich aber einer Zusammenarbeit mit dem TCS nicht.

Den Verdacht, dass der TCS und die Treibstoffkonzerne unter einer Decke steckten, weist TCS-Chef Pignot zurück: «Die Plattform wurde ausschliesslich vom TCS entwickelt.» TCS-Generaldirektor Jürg Wittwer (52) sei zudem der Ansicht, dass die Plattform einem echten Bedürfnis entspreche und die Gemeinschaft bereit sei, im Interesse der Allgemeinheit an der Plattform beizutragen.

Das Warten auf die Staatslösung

In wenigen Tagen wird das Parlament über die Schaffung eines nationalen Online-Preisrechners befinden. Der Bundesrat sah dafür keine Veranlassung, der Ständerat hat eine entsprechende Motion allerdings gutgeheissen. Es steht lediglich ein Beschluss des Nationalrats aus.

Shell und Avia verweisen darauf, dass eine solche Plattform branchenweit umgesetzt werden müsste und dass es spezielle technische Voraussetzungen bräuchte, um die Benzinpreise an den Tankstellen in Echtzeit an die Plattform melden zu können. Auch Preisüberwacher Stefan Meierhans (54) rechnet mit einer Verzögerungstaktik der Mineralkonzerne. Gegen der Datenlieferung zuhanden eines Benzinpreisrechners dürften diese den langwierigen Rechtsweg beschreiten.

Der TCS gibt sich salomonisch: «Das Parlament ist frei zu entscheiden, dass eine vom Staat und auf Kosten der Steuerzahler entwickelte Plattform den Erwartungen der Bevölkerung am besten entspricht», sagt Laurent Pignot. Der TCS habe sich darauf konzentriert, schnell eine Gratislösung für alle Autofahrer bereitzustellen. Sollte der Bund eine Datenbank mit aktuellen Benzinpreisen einrichten, würde der TCS diese Daten einfach in seine Plattform einspeisen.

Das klingt bei Romain Boichat (49) von der ähnlich gestalteten Benzinpreis-Vergleichsplattform ton-plein.ch etwas anders: «Sollte dereinst eine staatliche Lösung kommen, hören wir auf.» Aktuell gebe es aber Platz für zwei Plattformen – wobei jene des TCS eine deutlich grössere Reichweite habe. Dafür könne Boichat auf mehrere Tankstellenketten zählen, die aktiv bei der Preiseingabe mitmachten.

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